Bochum. Der VfL Bochum ist in der Krise, Sportchef Fabian hat klare Forderungen ans Team. Doch gegen Hoffenheim droht ein Topstürmer auszufallen.

Am Ende der Nachspielzeit musste der VfL Bochum sogar noch einmal zittern, obwohl das „Big-Point-Spiel“ beim VfL Wolfsburg bereits verloren war. Spielmacher Kevin Stöger trat an der eigenen Eckfahne gegen den Knöchel von Kevin Paredes, der den Ball abschirmte. Es schien, als entlade sich der geballte Frust des Österreichers. Rote Karte? Schiedsrichter Tobias Reichel sah sich die Szene auf dem Bildschirm an – und zeigte nur Gelb. Glück für Stöger, Glück im Unglück für den VfL Bochum.

Stöger, der zwar keine gute Leistung zeigte, aber als Taktgeber und Kreativer für den VfL im Zentrum unverzichtbar bleibt, kann damit spielen am kommenden Freitag gegen die TSG Hoffenheim im Ruhrstadion (20.30 Uhr), wenn einmal mehr der rasante Absturz gestoppt werden soll.

Die Fakten sprechen zurzeit alle gegen den VfL.

Trainereffekt verpufft, noch zwei Auswärtsspiele - und Leverkusen daheim

Seit dem 3:2 gegen den FC Bayern hat Bochum acht Spiele nicht gewonnen. Er hat sechs Mal verloren und zwei Mal remis gespielt. Der VfL hat viele Chancen liegen gelassen, viele „Eiertore“ kassiert, wie Stürmer Philipp Hofmann das 0:1 vom Wolfsburger Jonas Wind nannte.

Der VfL ist das auswärtsschwächste Team der Liga, neben den Heimspielen gegen Hoffenheim und Bayer Leverkusen geht es noch zu Abstiegs-Konkurrent Union Berlin und zum SV Werder Bremen.

Von den Neuzugängen hat nur Bernardo in dieser Saison weitgehend konstant überzeugt. In Wolfsburg erwischte auch der Brasilianer, hier gegen Tim Kaminski, keinen guten Tag.
Von den Neuzugängen hat nur Bernardo in dieser Saison weitgehend konstant überzeugt. In Wolfsburg erwischte auch der Brasilianer, hier gegen Tim Kaminski, keinen guten Tag. © Getty Images | Stuart Franklin

Der VfL hat den Trainer gewechselt, der Effekt ist verpufft. Thomas Letsch wurde nach dem 1:2 in Köln freigestellt. Heiko Butscher, bis dahin U19-Trainer und Talentwerkchef, übernahm. Er setzt auf die gleichen Spieler, die gleiche Art des Fußballs mit langen Bällen, zweiten Bällen, aggressivem Pressing, intensiven Zweikämpfen. Standards sind die größte Hoffnung auf ein Tor.

Verunsicherung des VfL Bochum ist auf dem Platz spürbar

Unter Butscher holte der VfL ein 1:1 gegen Heidenheim, wähnte sich als moralischer Sieger – und verlor nun mit 0:1 beim krisengeschüttelten VfL Wolfsburg, den die eigenen Fans vorher auf Bannern als „seelenlosen“ Klub geißelten. Der nächste Nackenschlag nach einem Abstiegskampf und -Krampf. Der Wille ist da – aber die Klasse fehlt und der Kopf „rattert“, wie es Coach Butscher ausdrückte. Die Verunsicherung ist auf dem Platz unübersehbar.

Wie gegen Darmstadt (2:2), Köln (1:2) und Heidenheim war Bochum auch in Wolfsburg nicht die schwächere Mannschaft. „Wir schlagen uns selbst. Das macht die Niederlagen oder verschenkten Siege so bitter“, sagte Sport-Geschäftsführer Patrick Fabian nach einer weiteren unruhigen Nacht am Sonntag dieser Redaktion.

VfL Bochum: vorne harmlos, hinten mit Patzern

Die Kernprobleme bleiben: Vorne ist Bochum harmlos, fehlt ein Vollstrecker. Hinten schenkt sich der VfL die Tore quasi selbst ein – gegen Heidenheim traf Keven Schlotterbeck ins eigene Netz, in Wolfsburg „hätten wir vier Mal klären können“, so Fabian. Bernardo, Patrick Osterhage, Erhan Masovic, Felix Passlack schafften den Befreiungsschlag nicht. Wind bedankte sich.

Bochum kämpfte zwar, aber fast alles blieb Stückwerk. Die diesmal offensiven Wechsel brachten keinen Impuls, im Gegenteil: Am Ende wirkte der VfL kopflos, fehlte „die Struktur“, haderte auch Trainer Butscher.

Ist der Kader zu schwach? Fabian, wie Sportdirektor Marc Lettau nach dem Trainerwechsel und dem Abwärtssog zunehmend selbst in der Kritik, wehrt sich: „Der Kader hat die Qualität, die Bundesliga zu halten.“ Das habe sich in den Erfolgswochen gezeigt, als Bochum zwischenzeitlich 21 Punkte holte aus 14 Partien.

Bochums Sport-Geschäftsführer Fabian: „Aufgeben ist keine Option“

Doch seit zwei Monaten torkelt der VfL nun dem Abstieg entgegen. Köln liegt als Siebzehnter zwar weiterhin fünf Punkte zurück, das 0:2 des FC gegen Darmstadt war die beste Nachricht für den VfL an diesem ernüchternden Samstag. Aber die Relegation droht, der einstige Zehn-Punkte-Vorsprung ist aufgebraucht. Derzeit hieße der Gegner Fortuna Düsseldorf. Ein Team mit einem Lauf.

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„Aufgeben ist keine Option“, sagt Fabian. Ein Patentrezept zur Lösung der Krise kann er nicht liefern, kann niemand liefern. Gute Aktionen im Training sollen für Selbstvertrauen sorgen, sagt Butscher und gibt sich kämpferisch: „Die Moral ist intakt.“

Bochums Takuma Asano könnte gegen Hoffenheim ausfallen

Aber klar ist: „Wir brauchen Siege“, sagt Fabian. „Wir brauchen ein Erfolgserlebnis, das wir mit aller Macht erzwingen müssen.“ Viele Gespräche werde er führen, ebenso wie Sportdirektor Lettau, ebenso wie Trainer Butscher. Wer mitzieht, erhält Zuspruch: „Wir müssen die Jungs bestärken. Sie haben schon gezeigt, dass sie es können“, gibt Fabian die Richtung vor.

Gefordert sind dabei mehr denn je auch Spieler, die bisher wenig zum Einsatz kamen. Denn gegen Hoffenheim fehlen Mittelfeldmann Patrick Osterhage und Flügelstürmer Christopher Antwi-Adjei gesperrt, sie holten sich ihre fünfte Gelbe Karte ab. Zudem ist der Einsatz von Angreifer Takuma Asano fraglich. Der Japaner, mit sechs Treffern bester VfL-Torschütze der Saison, musste mit Oberschenkelproblemen ausgewechselt werden. Fabian: „Wir müssen die Spieler finden, die dem Druck standhalten, die für den Klub, für die Mannschaft alles geben und ihr eigenes Ego hinten anstellen.“

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