Bochum. Der VfL Bochum steuert auf die 2. Liga zu. Die Talfahrt geht unter Butscher weiter, die Sportchefs stehen zunehmend in der Kritik. Ein Kommentar.
Ganz ehrlich: Gefühlt ist der VfL Bochum am Samstag abgestiegen nach dem 0:1 in Wolfsburg. Der Trainerwechsel-Effekt ist verpufft. Ratlosigkeit statt Aufbruchstimmung macht sich breit vier Spieltage vor Schluss. Die alten Probleme in der Offensive und Defensive bleiben. Das Team kämpft, aber es hat spürbar kein Selbstvertrauen und aktuell keine Spieler, die den Unterschied machen.
Wie konnte es zu dem Absturz kommen nach dem umjubelten Sieg gegen den FC Bayern vor gut zwei Monaten, nach stabilen Wochen zuvor, nach einem satten Neun-Punkte-Vorsprung auf den damals Drittletzten Köln, nach einem Zehn-Punkte-Vorsprung auf den damals Vorletzten Mainz? Fragen, die sich die Verantwortlichen seit Wochen stellen.
Letsch-Aus kostet den VfL Bochum auch viel Geld
Eine Antwort war: Unter Trainer Thomas Letsch sollte es nicht weitergehen nach fünf Niederlagen und einer gefühlten Niederlage, dem 2:2 gegen Darmstadt. Und das, obwohl man ihm im November noch das Vertrauen ausgesprochen hatte für zwei weitere Jahre, notfalls sogar in der 2. Liga. Das kommt Bochum nun teuer zu stehen, Letsch und sein ebenfalls freigestellter Co-Trainer Jan Fießer müssen weiterbezahlt werden.
Letsch hatte Teile der Mannschaft nicht mehr hinter sich, Punkte durch fragwürdige Wechsel und Aufstellungen insbesondere beim so späten 1:2 in Köln verspielt. Ein neuer Impuls sollte die Wende einläuten.
Kaum Änderungen sichtbar unter dem neuen Trainer Butscher
Doch der VfL sah in der Nachfolge-Suche nicht gut aus, handelte sich Absagen ein, die auch noch öffentlich diskutiert wurden. Heiko Butscher, der U19-Trainer und Talentwerk-Chef, erhielt letztlich das Vertrauen für den Rest der Saison. Geändert hat sich in den beiden Spielen unter Butscher wenig, weder personell noch taktisch noch im Ergebnis. 1:1. 0:1.
Kritik an den Kaderplanern Fabian und Lettau wird lauter
Hat Bochum also kein Trainer-, sondern ein Qualitätsproblem im Team? Die Kritik an Sport-Geschäftsführer Patrick Fabian und Sportdirektor Marc Lettau wird lauter. Auch, weil der Kader deutlich teurer ist als in der Vorsaison, aber nicht besser. Im Gegenteil. Es gibt zu viele Spieler auf ähnlichem Niveau, aber kaum Matchwinner.
Von den Neuzugängen überzeugte weitgehend konstant nur Bernardo und phasenweise, im Kalenderjahr 2023, Matus Bero. Lukas Daschner kommt kaum zum Zug, Moritz Kwarteng war verletzt, dann selten im Einsatz, dann wieder verletzt. Goncalo Paciencia scheint nicht mit genug Herzblut dabei zu sein. Trainerunabhängig.
Ein Vollstrecker fehlt - Wintertransfers platzten
Vor allem fehlt ein Vollstrecker. Ein Stürmer im Winter sollte her, mehrere Transferoptionen scheiterten. Es rächt sich. Wobei die finanziellen Möglichkeiten gerade im Winter begrenzt waren und auch im kommenden Sommer bleiben werden beim VfL Bochum. Das Gehaltsgefüge soll nicht gesprengt werden, wirtschaftliche Stabilität steht über allem – das ist auch gut so. Die Talfahrt nur Fabian und Lettau anzulasten, griffe daher deutlich zu kurz. Zumal das Team ja auch schon gezeigt hat in dieser Saison, zu welchen Leistungen es fähig sein kann.
Die Verunsicherung ist ständiger Begleiter der VfL-Spieler
Was fehlt? Das Engagement konnte man den Profis auch in Wolfsburg nicht absprechen. Dass manche mit ihren Gedanken schon bei (potenziellen) neuen Klubs sind, ist ein pauschales Vorurteil, das auf Stammkräfte wie Stöger oder Osterhage oder gar Schlotterbeck nicht zutrifft.
Die Verunsicherung aber war zuletzt ein ständiger Begleiter der Bemühungen. Die mentale Blockade richtig lösen kann, so banal es klingt, letztlich keine Trainingseinheit, kein Vier-Augen-Gespräch, kein Mentalcoach, sondern nur ein Erfolgserlebnis. Ein Sieg als Brustlöser. Nächste Chance dazu: das Heimspiel gegen Hoffenheim. Noch hat der VfL vier Spiele Zeit, das Rad in die andere Richtung zu drehen.
Gefühlslagen können sich im emotionalen Fußball schnell ändern. Faktisch ist Bochum natürlich noch nicht abgestiegen, bei einem Erfolg gegen Hoffenheim kehrt die Hoffnung zurück. Der VfL kann sich noch direkt retten, aktuell sieht es nach der Relegation aus. Weil man den Kölnern – wieder so ein Gefühl – derzeit nicht zutraut, fünf Punkte auf Bochum gutzumachen.
Relegation ohne Erfolgserlebnis zuvor wäre fatal
Ginge der VfL mit einer Art Aufwind-Stimmung in die Relegation, wäre er der Favorit. Nur: Ohne ein Erfolgserlebnis zuvor, womöglich nach dann zwölf Partien ohne Sieg, fiele es schwer, an die Rettung in den beiden Duellen mit einem möglicherweise euphorisierten Zweitligisten wie Fortuna Düsseldorf zu glauben.
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