Bochum. Patrick Fabian erklärt die Bedeutung des 3:2, den Stand bei Vertragsgesprächen, ob es Anfragen für Bernardo gibt, wie er die Fanproteste sieht.

Fast exakt zwei Jahre nach dem 4:2-Triumph gegen den FC Bayern hat es der VfL Bochum wieder vollbracht, den Rekordmeister in die Knie zu zwingen. Wieder nach einem 0:1-Rückstand, diesmal mit 3:2. Das Ruhrstadion bebte am Sonntagabend, die Emotionen nahmen ihren Lauf.

Mittendrin: Patrick Fabian, der Sport-Geschäftsführer des VfL. Eine Nacht nach dem neuerlichen Sieg fürs VfL-Geschichtsbuch erklärt er im Interview mit dieser Redaktion, was der Erfolg für Bochum bedeutet, wie er zu den Fanprotesten steht - und ob der Bayern-Sieg die Kaderplanungen für die kommende Saison beeinflusst.

Herr Fabian, läuft Ihr Handy voll mit lauter Glückwünschen?

Patrick Fabian (lacht). Ich habe mehr Nachrichten erhalten als sonst. Wenn man gegen die Bayern gewinnt, kriegen das einfach noch mehr Leute mit, auch international.

Riesenjubel nach dem 3:1: Kevin Stöger verwandelte einen Foulelfmeter. Der Österreicher zeigte eine ganz starke Leistung. Sein Vertrag läuft im Sommer aus.
Riesenjubel nach dem 3:1: Kevin Stöger verwandelte einen Foulelfmeter. Der Österreicher zeigte eine ganz starke Leistung. Sein Vertrag läuft im Sommer aus. © Ralf Ibing /firo Sportphoto | Ralf Ibing

Sind Sie denn überhaupt zur Ruhe gekommen in der Nacht?

Ja, das ging eigentlich relativ schnell. Natürlich bin ich hochemotional dabei, aber das ist in jedem Spiel der Fall. Nach dem späten Ausgleich von Bremen etwa war ich mindestens genauso aufgewühlt. Mit dem Unterschied, dass ich diesmal natürlich viel bessere Laune hatte. Letztlich aber ging es nicht darum, dass wir gegen die Bayern gewonnen haben, sondern dass wir drei wichtige Punkte im Kampf um den Klassenerhalt geholt haben.

Anne Castroper – der Stadtwerke-Bochum-VfL-Talk: Nach Bayern-Triumph: Was den VfL Bochum so stark macht

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    Was war der Schlüssel zum Erfolg?

    Mir hat hinterher jemand gesagt: Wahnsinn, wie ihr die Bayern auf den Platz gejagt habt. Das trifft es ganz gut. Wir haben ihnen das ganze Spiel über das Leben schwer gemacht, ob vorne beim Attackieren oder in der letzten Reihe. Die Mannschaft hat unsere Philosophie, dass es nur mit 100 Prozent Intensität geht vor allem im Spiel gegen den Ball, komplett umgesetzt, hat den Gegner zermürbt. Wir sind 125 Kilometer gelaufen, das sagt schon etwas aus. Hinzu kam das nötige Quäntchen Glück, das wir als VfL Bochum gegen die Bayern auch benötigen. Wenn Harry Kane das frühe 0:2 macht, wäre die Partie vielleicht schon gelaufen gewesen. Die erste Pause tat uns dann gut, weil wir eine Umstellung vornehmen konnten.

    Der VfL ist jetzt Elfter, hat neun Punkte Vorsprung auf den Relegationsrang (Köln) und zehn auf den ersten Abstiegsplatz (Mainz). War der Sieg ein Meilenstein zum Klassenerhalt?

    Es war ein weiterer Schritt. Wir wissen aber ganz genau, dass wir noch Punkte benötigen. Und wir wissen, dass wir mit der gleichen Intensität gegen jeden Gegner spielen müssen, um diese zu holen. So gehen wir auch das Spiel am Samstag in Mönchengladbach an.

    Droht ein Spannungsabfall nach dem Bayern-Sieg?

    Das sehe ich bei unserer Mannschaft nicht. Wir mussten sie in dieser Saison nicht sonderlich aufbauen nach Rückschlägen, wir müssen sie jetzt nicht zwingend herunterholen. Da schwebt keiner über den Wolken, wir haben starke Charaktere in unserem Team. Der Sieg gegen Bayern steigert das Vertrauen in die eigene Stärke. Aber wir dürfen keinen Zentimeter nachlassen, egal, wie der Gegner heißt. Wir haben in Mönchengladbach wieder ein sehr schweres Spiel vor uns, im Hinspiel haben wir nicht gut ausgesehen (1:3, die Redaktion). Wir haben uns seitdem weiterentwickelt, enorm stabilisiert und könnten mit einem Erfolg eventuell den Abstand nach unten ausbauen, das ist unser Ziel. Die Mannschaft hat in jedem Spiel das Selbstvertrauen, das Spiel gewinnen zu wollen, das zeigt sie auf dem Platz.

    Erleichtert der Vorsprung auf die Abstiegsränge denn auch aktuell die Kaderplanungen für die nächste Bundesliga-Saison?

    Wir sind noch nicht am Ziel und haben daher weiterhin beide Szenarien im Blick. Momentan sieht es gut aus. Es wäre schön, wenn wir früher Gewissheit hätten als erst am letzten Spieltag. Klarheit hilft natürlich in der Planung und in den Gesprächen.

    News und Hintergründe zum VfL Bochum

    Gespräche laufen ja auch mit VfL-Spielern, deren Verträge auslaufen. Takuma Asano hat gegen Bayern ein Tor erzielt, Kevin Stöger eine ganz starke Leistung gezeigt. Hilft so ein Sieg, sie weiter vom VfL zu überzeugen?

    Beide wussten auch vorher schon, welche Atmosphäre hier herrscht, welche Emotionen hier freigesetzt werden, was der VfL ihnen bieten kann.

    Manuel Riemann hielt in der Schlussphase den Sieg gegen die Bayern fest.
    Manuel Riemann hielt in der Schlussphase den Sieg gegen die Bayern fest. © imago/osnapix | IMAGO/osnapix / Hirnschal

    Gibt es eine Tendenz?

    Nein. Wir sind weiterhin mit Takuma Asano und Kevin Stöger in Gesprächen. Der Stand ist unverändert.

    Starke Leistungen samt Sieg gegen die Bayern machen umgekehrt betrachtet noch ein Stück berühmter. Auch Linksverteidiger Bernardo, dessen Vertrag sich im Fall des Klassenerhalts in der kommenden Saison ab einer bestimmten Zahl von Spielern bis 2026 verlängern würde, trumpfte erneut auf. Gibt es schon Anfragen für ihn?

    Nein, aber auch ein Spieler wie Bernardo hat sich natürlich weiter in den Fokus gespielt. Und das ist gut so. Uns ist es doch viel lieber, dass wir viele Spieler haben, für die es einen Markt und entsprechende Angebote gibt. Das zeigt, dass wir eine gute Saison gespielt, dass wir gut gearbeitet haben. Alles andere wird man sehen.

    Sie haben die erste von zwei Unterbrechungen angesprochen, weil Fans beider Lager mit Tennisball-Würfen gegen die Investoren-Pläne der DFL protestierten. In diesem Fall konnte Bochum die Pause taktisch gut nutzen, doch die kritischen Stimmen von Trainern, Spielern, auch Klubs häufen sich. Wie stehen Sie zu den Protesten?

    Proteste an sich sind legitim. Die aktive Fanszene hat das Recht, ihre Meinung zu äußern. Die Form des Protests tut dem Sport inhaltlich natürlich nicht gut. Die Spieler fahren körperlich runter, die Spannung fällt ab. Kurzfristig müssen sie dann wieder hochfahren, das funktioniert alles nicht auf Knopfdruck. Für viele andere Zuschauer, die diese Unterbrechungen nicht gut finden, aber auch für die Schiedsrichter oder die Verantwortlichen ist das ein Zustand, der so nicht mehr tragbar ist. Ich bin ein großer Freund von Kommunikation, es geht nur über den Dialog. Es macht keinen Sinn, wenn die Fronten verhärtet sind und jeder nur stur auf seinem Standpunkt beharrt.