Bochum. Es scheint eine Frage der Zeit, bis ein Spiel erstmals nach Fan-Protesten abgebrochen wird. Acht Abbrüche gab es bisher.

Wenn am Sonntag der VfL Bochum den FC Bayern München empfängt, geht es zunächst einmal für beide Teams um wichtige Punkte. Die Bochumer benötigen sie auf dem Weg zum Klassenerhalt, die Bayern, um den Abstand zu Tabellenführer Bayer Leverkusen nicht noch größer werden zu lassen. Es ist aber mehr als nur denkbar, dass ein anderes Thema in den Vordergrund rückt. Die Fanproteste gegen den Einstieg eines Investors in die Deutsche Fußball-Liga (DFL) könnten beim Spiel in Bochum fortgesetzt werden. Bis ein Spiel abgebrochen wird, scheint nur noch eine Frage der Zeit zu sein.

In fast allen Stadion der Bundesliga gab es am vergangenen Wochenende Transparente gegen das Vorgehen der DFL in Sachen Investor. In Berlin wurde das Spiel zwischen dem 1. FC Union und dem VfL Wolfsburg vor der Halbzeitpause gleich zweimal unterbrochen, nachdem zunächst die Berliner Fans und dann die Wolfsburger Fans Tennisbälle auf das Feld geworfen hatten. Mit fast einer Stunde Unterbrechung ging es dann weiter, nachdem Unions Pressesprecher per Durchsage klargestellt hatte, dass eine erneute Störung den sofortigen Abbruch nach sich ziehen wurde.

Zwischenfälle auch beim VfL Bochum

Auch bei Spielen des VfL Bochum warfen zuletzt Fans beider Lager Gegenstände auf das Spielfeld, sorgten damit für Spielunterbrechungen. Beim Spiel des VfL gegen den VfB Stuttgart fehlte aus einem anderen Grund nicht mehr viel, und das Spiel wäre abgebrochen worden. Stuttgarter Fans hatte eine zu große Zaunfahne aufgehängt und damit verbotenerweise Fluchttore zugehängt. Fast eine Stunde wurde zwischen Verantwortlichen beider Clubs und den Stuttgarter Fans diskutiert, schließlich fand sich eine Lösung für den Moment und das Spiel wurde fortgesetzt. Der VfL Bochum schärfte im Nachgang noch einmal die Vorgaben an die Gäste-Fans nach.

Was den Investoren-Deal der DFL anbelangt, haben sich in den Bundesligen die Proteste seitdem verschärft. Da es bei diesem Thema zwischen organisierten Fans und DFL keine offensichtliche Annäherung gibt, ist davon auszugehen, dass es auch beim Spiel des VfL Bochum gegen die Bayern zu Protesten und Unterbrechungen kommen wird.

VfL Bochum steht im Austausch mit den Fans

Auf Anfrage dieser Redaktion, wie der VfL Bochum mit zu erwartenden Fan-Protesten umgehen werde, teilte der Klub mit: „Der VfL Bochum 1848 unternimmt alles in seiner Macht stehende, um die Bundesligaspiele im Vonovia Ruhrstadion unter Aspekten wie Sicherheit und Pünktlichkeit durchzuführen. Jedes Spiel stellt dabei unter Berücksichtigung des Standortes eine besondere Herausforderung dar. Dennoch versucht der VfL weit im Vorfeld, unter Einbeziehung sämtlicher Kommunikationskanäle zu den eigenen Fans wie auch zum Gastverein und dessen Fangruppierungen, etwaige Störpotenziale zu identifizieren und im Dialog mit allen Beteiligten zu verhindern. Es ist immer von der Bereitschaft der Fans abhängig, ob diese Bemühungen erfolgreich sind. Und nicht immer dringt man im Dialog durch.“

Übersetzt heißt das: Ja, der VfL Bochum erwartet Proteste. Dass der Verein es aber schafft zu verhindern, dass die Fans Tennisbälle in großer Zahl ins Ruhrstadion bekommen, scheint fast ausgeschlossen. Die Fans, nicht nur in Bochum, haben bisher schon Wege gefunden, Wurfmaterialien ins Stadion zu bekommen. Auch schärfere Kontrollen beim Einlass würden da kaum etwas bringen.

Bei Unterbrechungen greift die Drei-Stufen-Taktik

Wenn es denn dann wieder zu einer Unterbrechung kommt, greift das dafür vorgesehene Protokoll, nach dem sich der Schiedsrichter zu richten hat: die Drei-Stufen-Taktik. Nach der führt eine dritte durch äußere Einflüsse verursachte Zwangspause zum Abbruch. So weit sind die Fans bislang noch bei keiner ihrer Aktionen gegangen.

Ob sich an der Strategie der Fans etwas ändert, könnten die Zweit- und Erstligapartien am Freitagabend zeigen. Der 1. FC Köln spielt in der Bundesliga gegen Werder Bremen, in der 2. Bundesliga spielt Hertha BSC gegen den 1. FC Magdeburg und Hannover 96 gegen die SpVgg Greuther Fürth.

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Das bisher einzige Profispiel des VfL Bochum, das abgebrochen werden musste, fand am 19. März 2022 statt. Bochum spielte im Ruhrstadion gegen Borussia Mönchengladbach. Nachdem Schiedsrichterassistent Christian Gittelmann von einem Becher am Kopf getroffen worden war, wurde das Spiel beim Stand von 2:0 für Gladbach abgebrochen und später auch so gewertet.

Das Sportgericht des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) verurteilte den Klub später zu einer Geldstrafe in Höhe von 100.000 Euro. Zudem drohte dem VfL eine Zuschauer-Teilausschluss, sollten seine Fans erneut auffällig werden. Die Strafe war bis zum 30. Juni 2023 auf Bewährung ausgesetzt. Betroffen wäre davon die gesamte Südtribüne gewesen. Zudem musste der Verein ein hochauflösendes Videoüberwachungssystem im Vonovia Ruhrstadion installieren sowie auf ein Pfandbecher-Mehrwegsystem umstellen.

Einen Präzedenzfall, was bei einem Abbruch wegen andauernder Störaktionen passieren würde, gibt es nicht. Entsprechend bleibt zum Beispiel die Frage, ob bei einer möglichen Neuansetzung die Eintrittskarten ihre Gültigkeit behalten würden, vorerst unbeantwortet.

Über eine Neuansetzung entscheidet der DFB

Ob es überhaupt zu einer Neuansetzung kommt, entscheidet der DFB. Der entscheidet dann auch, unter welchen Bedingungen ein neu angesetztes Spiel stattfinden würde. Möglich wäre, dass es ohne Zuschauer stattfindet. Der VfL Bochum könnte seinen Fans die Bedingungen also erst mitteilen, wenn das Urteil feststünde.

Acht Spielabbrüche gab es bisher in der Bundesliga. Beim bisher letzten war der VfL Bochum beteiligt:

7. Dezember 1963:Hamburger SV - Borussia Dortmund. Beim Stand von 1:2 musste die Partie wegen Nebel nach 61 Minuten abgesagt werden. Das Wiederholungsspiel endete 2:1.

2. Dezember 1967: VfB Stuttgart - Borussia Neunkirchen. Der Abbruch wegen Nebels kam nach 54 Minuten (0:0). Das Wiederholungsspiel endete 2:1.

3. April 1971: Borussia Mönchengladbach - Werder Bremen. Beim Stand von 1:1 nach 88 Minuten brach plötzlich der Torpfosten. Das Spiel wurde mit 2:0 für Bremen gewertet.

31. Oktober 1972: Eintracht Braunschweig - Eintracht Frankfurt. Abgebrochen wurde das Spiel zur Halbzeit beim Stand von 3:0 wegen Nebel, das Wiederholungsspiel endete 2:1.

27. November 1976: 1. FC Kaiserslautern - Fortuna Düsseldorf. Ein Zuschauer warf nach 76 Minuten beim Stand von 0:1 eine Flasche. Wertung 0:2.

11. April 2008: 1. FC Nürnberg - VfL Wolfsburg. Beim Stand von 1:0 zur Halbzeit musste das Spiel nach Dauerregen abgebrochen werden. Das Wiederholungsspiel endete 1:0.

1. April 2011: FC St. Pauli - Schalke 04. Schiedsrichterassistent Thorsten Schiffner wurde beim Stand von 0:2 in der 88. Minute von einem Bierbecher am Kopf getroffen. Schalke wurde am Grünen Tisch zum 2:0-Sieger erklärt.

18. März 2022: VfL Bochum - Borussia Mönchengladbach. Beim Stand von 2:0 für Gladbach wird Schiedsrichterassistent Christian Gittelmann von einem Becher am Kopf getroffen. Gladbach wird zum 2:0-Sieger erklärt.

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