Bochum. Hans-Peter Villis spricht im Interview über die Investoren-Suche beim VfL Bochum, die Stadion-Frage und die DNA des Vereins.
Kurz vor Weihnachten sitzt Hans-Peter Villis entspannt in einer Loge des Bochumer Ruhrstadions. Die sportliche Situation in der Bundesliga ist für den VfL Bochum durchaus respektabel. Und wirtschaftlich ist der Verein auf einem guten Weg. Im ersten Teil unseres Interviews spricht der Vorstandsvorsitzende über Zugfahrten mit Fans, die Investoren-Suche Jahre nach der Ausgliederung und die Stadion-Frage beim VfL Bochum.
Herr Villis, Sie fahren gern mit dem Zug zu den Auswärtsspielen des VfL Bochum. Welche Fragen hören Sie am häufigsten?
Hans-Peter Villis: „Wie spielt der VfL?“ (lacht) Die Fans sind uns, dem VfL und auch mir gegenüber sehr positiv gestimmt und ich unterhalte mich gern mit ihnen. Wir sprechen oft über die Rahmenbedingungen und derzeit höre ich fast nur positives Feedback. Das war für mich auch mal anders. Ich bin gern nah an den Fans und spreche mit ihnen über unseren VfL.
+++ Teil 2 des Interviews: Vills über Winter-Transfers beim VfL Bochum +++
Wie gut tut Ihnen der Zuspruch?
Es ist eine Anerkennung, dass wir die DNA des VfL, nah zu sein, auch leben. Wir kokettieren nicht damit. Im Präsidium machen wir unsere Arbeit ehrenamtlich, tragen unsere Kosten bei Auswärtsfahrten beispielsweise selbst. Wir sind alle begeistert vom VfL Bochum und es ist schön, dass die Fans derzeit auch dafür dankbar sind. Wir halten alle zusammen, das Umfeld ist gut.
Diese Bodenständigkeit des VfL Bochum – ist Ihnen diese als Alleinstellungsmerkmal wichtig?
Ja. Wir stehen zu unseren Wurzeln. Wir stehen dazu, dass wir nah und bodenständig sind. Eine Familie. Wir sind uns sicher, dass wir dadurch genauso erfolgreich sein können, wie Vereine, die synthetischer sind.
Das reicht auf Dauer?
Zusammenhalt hilft, davon bin ich überzeugt. Wir wollen die 100-Millionen-Marke beim Umsatz knacken. Da hatten wir ganz andere Zeiten in Bochum. Wir haben uns Schritt für Schritt weiterentwickelt und wollen das auch weiterhin tun. Wir wissen, dass wir noch ein Delta zu den etablierteren Klubs in unserer Tabellenregion haben. Aber diesen Anschluss wollen wir schaffen. Wie? Über Sponsoren und Partner. Über die Erstligazugehörigkeit. Wir merken, dass wir im dritten Jahr mehr Möglichkeiten bekommen – etwa durch die Vertragsverlängerung von Vonovia.
Hans-Peter Villis: So läuft die Investoren-Suche beim VfL Bochum
Diese Marke bedeutet aber nicht zwingend, dass der VfL den Anschluss an die anderen Vereine schafft.
Nein, aber wir sind stabiler geworden. Und es gibt permanent Veränderungen durch Klubs, die nachrücken. Es gibt außergewöhnliche Aufsteiger wie Heidenheim, die ein ganz anderes Umfeld haben, auch finanziell, als der VfL im Ballungsraum Ruhrgebiet bzw. in Nordrhein-Westfalen, wo viele Klubs mitmischen. Wenn wir uns aber sportlich in der Bundesliga etablieren, dann zahlt sich das für uns aus.
Hat der VfL sich aus Ihrer Sicht inzwischen in der Liga etabliert?
Davon bin ich überzeugt. Ich bin auch viel international unterwegs und werde häufig auf den VfL Bochum angesprochen. Der Verein wird als wichtiger Teil der Bundesliga wahrgenommen. Wir sind einfach froh, dass wir Teil dieser Liga sind und als Traditionsverein mit unseren Mitteln dort mitspielen können. Ohne übrigens bislang einen Investor gefunden zu haben.
Dabei wurde die Profiabteilung damals extra ausgegliedert.
Uns wurde oft vorgeworfen, wir hätten ausgegliedert und es gäbe noch kein Ergebnis. Wir wissen aber um die Komplexität der Entscheidung und führen weitere Gesprächsrunden, bis wir den richtigen Investor gefunden haben. Und dennoch haben wir es geschafft, erstklassig zu spielen.
Was muss der Investor für den VfL Bochum mitbringen?
Der muss die DNA des VfL verstehen, im Idealfall selbst mitbringen. Der muss begeistert sein vom Bochumer Fußball, er muss unsere Philosophie kennen. Wir wollen einen Investor, der den VfL Bochum lebt, uns strategisch und finanziell unterstützt. Wir brauchen niemanden, der das Sagen haben will. Wir haben einen strukturierten Prozess angeschoben und es gibt auch Interessenten. Aber wir machen uns keinen Druck. Es muss zu 100 Prozent passen.
Wie mühsam ist es, ohne einen Investor zu arbeiten bzw. was wäre mit einem Investor möglich?
Es wäre sicher möglich, zum Beispiel das Kader-Budget zu erhöhen. Das war für uns damals ein Hauptgrund für die Ausgliederung. Wir könnten vielleicht in ein anderes Regal greifen – wenngleich wir das Kader-Budget schon zu dieser Saison signifikant erhöht haben. Wir kommen von zwölf Millionen Euro im Aufstiegsjahr und sind jetzt bei rund 40 Millionen Euro. Ohne Investor. Darauf sind wir stolz.
Kann der VfL Bochum einen Abstieg verkraften, Herr Villis?
Wie viel ist finanziell da noch möglich?
Die Spielräume sind immer noch begrenzt, das haben Sie an den Zahlen bei der Mitgliederversammlung erkennen können. Wir müssen solide arbeiten. Aber wir sind voll davon überzeugt, dass wir die Liga halten.
Könnte der VfL Bochum einen möglichen Abstieg verkraften?
Wir planen immer damit, was passiert, wenn wir absteigen. Es ist unsere Pflicht als Vereinsführung, als Präsidium und als Geschäftsführung, dieses Worst-Case-Szenario zu betrachten. Dementsprechend sehen die Verträge mit den Spielern aus, dementsprechend sieht die Kaderplanung aus. Der VfL Bochum wird als Verein nicht untergehen, wenn er in die zweite Liga absteigen würde.
Neben dem Kader hat der VfL Bochum auch in die Infrastruktur investiert. Wir viel ist aus Ihrer Sicht in Zukunft nötig?
Als Verein selbst wollen wir signifikant in die Infrastruktur – unter anderem am Nachwuchsleistungszentrum – investieren. Wir sind im Austausch mit der Stadt, uns dabei zu unterstützen. Auch für das Stadion gibt es Investitionspläne. Es ist sehr positiv, dass die Stadt bereit ist, in die Instandhaltung des Vonovia Ruhrstadions zu investieren, und das darüber hinaus auch auf breiter Basis der politische Wille vorhanden ist, dies zu unterstützen.
Also kein Neubau auf der grünen Wiese?
Innerhalb der Bochumer Bevölkerung ist der Konsens, dass der VfL an die Castroper Straße gehört. Diese Ansicht teilen wir. Wir führen deshalb intensive Gespräche mit der Stadt.
Bliebe der VfL Bochum an der Castroper Straße mit 28.000 Zuschauern, kommt der VfL dennoch aus dieser kleineren Rolle heraus?
Wir wollen wettbewerbsfähig sein. Dafür müssen wir eine Lücke von zehn bis 20 Millionen Euro schließen. Das bekommen wir aber hin, indem wir nachhaltig Bundesliga spielen. Indem wir nachhaltig unsere Sponsoren überzeugen. Wir werden im Vonovia Ruhrstadion das eine oder andere optimieren können. Was genau werden wir, wie angekündigt, in Abstimmung mit der Stadt im ersten Quartal 2024 der Öffentlichkeit präsentieren. Ich glaube, dass wir aufgrund des sportlichen Erfolges an Vereine wie Mainz oder Augsburg heranreichen können. Und das unabhängig von der Stadiongröße. Im Umkehrschluss heißt das, dass wir kein neues Stadion auf der grünen Wiese benötigen, um wettbewerbsfähig zu sein. Wir beschäftigen uns von daher mit einem „renaturierten“ Stadion an der Castroper Straße.
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Wie sieht es da bei der Sicherheit aus?
Jede Saison, wenn es um die Lizenzierung geht, werden auch sämtliche Aspekte des Spielbetriebs geprüft und anschließend wird die Freigabe für Großveranstaltungen wie Bundesligaspiele erteilt. Insofern unterliegen Themen wie Sicherheit automatisch einer Überprüfung und einem Freigabeprozess. Hinzu kommt: Wir haben für diesen Standort Bestandsschutz. Immer dann, wenn Sie etwas an diesem Stadion neu machen würden, hieße das, dass der Bestandschutz gefährdet wäre. Das heißt nicht, dass wir hier unseren Zuschauern etwas zumuten. Das Schmuckkästchen Vonovia Ruhrstadion ist mehr als 50 Jahre alt. In puncto Sicherheit gibt es heute andere Standards, als es sie vor 50 Jahren gab. Dennoch finden immer noch an der Castroper Straße Großveranstaltungen statt, Bundesligaspiele oder Konzerte.
Was konkret muss im Vonovia Ruhrstadion passieren?
Das werden wir wie gesagt zum entsprechenden Zeitpunkt gemeinsam mit der Stadt kommunizieren.