Bochum. Ralf Zumdick war Teil der Bochumer „Unabsteigbaren“. Nun drückt er dem aktuellen Team des VfL Bochum vor dem Abstiegsfinale erneut die Daumen.
Wenn Ralf Zumdick über den VfL Bochum spricht, fällt regelmäßig das Wort „wir“. Beispiel: „Mit einem Sieg gegen Leverkusen können wir am Samstag einen riesigen Schritt machen.“ Oder: „Wir müssen die Fehlerquote niedrig halten, dann klappt es mit dem Klassenerhalt.“ Wir, wir, wir. Dieser Tage spricht Ralf Zumdick häufig und viel über Bochum, egal, ob er dort in einem Café sitzt oder durch die Innenstadt läuft. Kein Wunder, es sind die Tage vor dem großen Finale, am Samstag geht es für den VfL am letzten Spieltag dieser Fußball-Bundesligasaison gegen Bayer Leverkusen (15.30 Uhr/Sky) um den Klassenerhalt. Mal wieder.
Ralf Zumdick entschuldigt sich schon zu Beginn des Gesprächs. „Ich sage tatsächlich immer noch ,wir‘“, bemerkt er und muss dabei selbst schmunzeln. Denn ja, die jüngsten Monate erinnern stark an vergangene Zeiten, wie auch Zumdick sie häufig erlebt hat. Wochen zwischen Hoffen und Bangen, zwischen Anspannung und Erlösung. Zeiten, die zusammenschweißen, die für Identifikation sorgen. Von 1981 bis 1995 war der heute 65-Jährige Bochums Torhüter und damit viele Jahre Teil der „Unabsteigbaren“. Einst Spitzname, dann Mythos – und schließlich Geschichte.
VfL Bochum blieb 22 Jahre lang im Oberhaus
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22 Jahre lang hatte sich der Klub von der Castroper Straße im deutschen Oberhaus gehalten. Von 1971 bis 1993. Immer wieder in den Abgrund blinzelnd, am Ende aber die Rettung feiernd. Nie über Rang acht hinauskommend, meist tief in der Tabelle verankert. 1990 wurde gar die Relegation überstanden – es hätte nicht verwundert, wenn die in Bochum beheimatete Ruhr-Universität in ihren Chemielaboren zu jenen Zeiten einen vierten Aggregatzustand verkündet hätte: fest, flüssig, gasförmig – unabsteigbar.
Der einst von den Fans verliehene Spitzname wurde auch von der Mannschaft verinnerlicht. „Wir waren die Unabsteigbaren!“, sagt Zumdick. „Wir haben selbst daran geglaubt, wir waren stolz darauf. Das hat uns vielleicht auch immer ein Stück weit geholfen.“ Denn Bochum hielt in all diesen Jahren nicht nur die Klasse, sondern wusste auch zu überraschen. Wie 1976 beim „Jahrhundertspiel“ gegen den FC Bayern, dieser epischen Fußballschlacht, die mit einer rasanten 4:0-Führung begann und doch niederschmetternd mit 5:6 endete. Wie 1979, als Bochum am Ende als Achter noch vor Dortmund, Schalke und Duisburg als bester Ruhrgebietsklub stand. Wie 1986, als Stefan Kuntz im VfL-Trikot Torschützenkönig wurde. Oder wie 1988, als Bochum ins Pokalfinale einzog, dieses aber 0:1 gegen Frankfurt verlor.
Graue Maus in blauen Trikots
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Bochum, trotz blauer Trikots die graue Maus der Liga, schien der Tabellen-Schwerkraft zu entsagen. Finanziell im Vergleich zur Konkurrenz nie auf Rosen gebettet, häufig gezwungen, die besten Spieler zu verkaufen. Ein kleiner Klub, der doch stets bei den Großen mitspielte. Das Ruhrstadion als Trotzburg, unbändiger Zusammenhalt und unerschütterlicher Widerstand des Außenseiters als größte Tugenden.
Es gab viele Spieler, die den VfL zu jenen Zeiten prägten. Hermann „Tiger“ Gerland und Michael „Ata“ Lameck beispielsweise. Oder Walter Oswald, Frank Benatelli, Lothar Woelk, Stefan Kuntz, Michael Rzehaczek und Frank „Funny“ Heinemann. Aber auch: Ralf Zumdick, den sie „Katze“ nannten. Und der seine sieben Leben im Kampf um den Klassenerhalt brauchte. „Das war auch damals so: Wenn man beim VfL Bochum spielt, musste man damit rechnen, dass es um den Klassenerhalt geht. Vom Start der Vorbereitung bis zum letzten Spieltag“, sagt Zumdick. Seine Aufgabe zwischen den Pfosten: „Die Fehlerquote so gering wie möglich zu halten, damit man als Torwart nicht Grund für den Abstieg wird. Jedes Spiel war ein Überlebenskampf.“
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1993 erwischte es aber auch die „Unabsteigbaren“, der VfL trat in die 2. Liga ab. Nun, 30 Jahre später, soll sich dieses Szenario nicht wiederholen. „Das aktuelle Team hat sich auch nach Schwächephasen immer wieder zurückgekämpft. Den Klassenerhalt hätten wir verdient“, sagt Zumdick. Da ist es wieder, das „wir“, diese noch immer bestehende Bindung zum einstigen Verein, zwischen Ralf Zumdick und dem VfL. Das „wir“, das ohnehin alle benutzen, die am Samstag mit dem Bochum bangen.