Berlin. Keven Schlotterbeck war nach seinem 1:1 bei Hertha nicht zu bremsen. Wenig später war der Torschütze des VfL Bochum ganz cool. Losilla lobte ihn.

Horst Hrubesch hat seine spezielle Zusammenarbeit auf dem Platz mit Manfred Kaltz mal in einen schönen Satz gepackt. „Manni Bananenflanke, ich Tor.“ So oder so ähnlich könnte Keven Schlotterbeck in Zukunft erzählen, wie er am 20. Mai 2023 um 17.23 Uhr das so wichtige 1:1 für den VfL Bochum gegen Hertha BSC erzielte: Ecke Kevin Stöger, Kopfballaufsetzer Schlotterbeck. Der VfL Bochum kann damit weiter auf den direkten Klassenerhalt hoffen.

Es war nach dem Tor in der vierten Minute der Nachspielzeit, dem kurz darauffolgenden Abpfiff und den daran anschließenden Feierlichkeiten der VfL-Spieler mit den VfL-Fans kaum zu glauben, dass da der gleiche Keven Schlotterbeck vor den Journalisten stand, der so spät im Spiel nahezu alle Dämme hatte brechen lassen. Zweimal war er direkt in die VfL-Fan-Kurve gelaufen. Das erste Mal direkt nach dem 1:1. Das zweite Mal sofort nach dem Abpfiff.

VfL-Spieler tragen Fan-Motto-Schals

Während etliche seiner Mitspieler müde zu Boden sanken, wollte er direkt wieder in die Feierzone. Wobei er auch der Spieler war, der zuletzt eingewechselt worden war. Er musste noch die meiste Kraft haben. Er nutzte sie, um in den Austausch mit den Fans zu gehen. Er feuerte sie an, sie feierten ihn, wenig später waren die Mitspieler da, bildeten Arm in Arm quasi eine hüpfende Spieler-Girlande. Da wurde die Freude mit den Fans geteilt und Schals von Fans an Spieler übergeben. Etliche VfL-Spieler trugen sie um den Hals, einige als Stirnband um den Kopf gewickelt. Beides diente als äußeres Zeichen innerer Verbundenheit.

Losilla will sich Motto-Schal vielleicht über sein Bett hängen

Was die vermutlich mehr als 12.000 VfL-Fans zusammen mit dem Team in Berlin gegen die Hertha gezeigt hatte, das war zum wiederholten Mal in dieser Saison mehr als erstligatauglich. Anthony Losilla war einer der VfL-Spieler, die sich einen der Schals mit Motto „Alles für Stadt und Verein“ um den Hals gebunden hatten. „Ich überlege, dass ich ihn vielleicht über mein Bett hänge“, sagte Losilla mit dem ihm eigenen französischen Humor und Klang in der Stimme auf die Frage, ob der Schal einen Ehrenplatz bekommen würde.

Ob der Schal jemals über Losillas Bett zu hängen kommt, hängt mit Sicherheit auch davon ab, wie sich der nächste, der dann letzte reguläre Spieltag dieser Bundesligasaison gestalten wird. Schalke spielt in Leipzig, Stuttgart daheim gegen die bereits gerettete TSG Hoffenheim, Bochum hat ein Heimspiel gegen Bayer Leverkusen.

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Losilla blickt voraus: „Wir haben es in der Hand“

Losilla blickte schon darauf, als er das Spiel gegen Berlin gedanklich Revue passieren ließ. „Es war ein sehr anstrengendes, kein schönes Spiel“, sagte er. „Man hat gesehen, dass beide Mannschaften gewinnen wollten. Wir kassieren ein Tor nach Standard und gleichen dann selbst nach Standard aus. Wir haben noch ein Spiel und werden zuhause vor unserem fantastischen Publikum alles geben, um unser großes Ziel zu erreichen. Wir haben es in der eigenen Hand, das war das Ziel.“

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Keven Schlotterbeck habe das Tor überragend gemacht. „Stark geköpft“, sagte Losilla. „Er ist ein Spieler, der alles für den Verein gibt. Genau das brauchen wir.“ Genau wie im Hinspiel traf Schlotterbeck gegen die Hertha. Beim 3:1 zum Start in die zweite Saisonhälfte nach der Winter-WM-Pause war es das vielleicht nicht ganz so wichtige 2:0 gewesen – nach einer Ecke von Philipp Förster. Das 1:0 und 3:0 hatte Philipp Hofmann gemacht. Diesmal könnte Schlotterbecks Tor und der daraus resultierende Punkt einer der entscheidenden Schritte zum Klassenerhalt gewesen sein.

Bochums Torheld Schlotterbeck: „Gefühlt Puls 200“

Dass das so sein könnte, war Schlotterbeck aber in der Interviewzone nicht mehr anzumerken. So euphorisch, so losgelöst er nach Tor und Punktgewinn gefeiert hatte, so fast schon zu nüchtern beantwortete er die Fragen der Journalisten. Zwischendurch passte Ton und Text auch irgendwie nicht übereinander. „Nach dem Tor hatte ich gefühlt Puls 200“, sagte Schlotterbeck und schien dabei schon wieder unterhalb seines Ruhepulses angekommen zu sein. „Über die Bande gesprungen, zu den Fans gelaufen, gefühlt danach nicht mehr laufen können, weil irgendwie alles rausgekommen ist, was sich angestaut hat.“

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Der Punktgewinn sei enorm wichtig, er könne am Ende ganz entscheidend sein, sagte Schlotterbeck. Er hält Bochum vor dem letzten Spieltag vor Schalke und damit mindestens auf dem Relegationsplatz. Je nachdem, wie der VfB Stuttgart am Sonntag noch gegen Mainz spielt. Genau wie Losilla glaubt Schlotterbeck an die Kraft der Fans.

Riesenlob für die Fans des VfL Bochum: „unfassbar“

„Was die Fans hier heute abgerissen haben, war wirklich unfassbar“, sagte er. „Sie haben uns nach dem Spiel direkt eingestimmt für nächste Woche, damit wir alles geben, um unser großes Ziel zu erreichen. Hertha hatte nach dem 1:0 viele Chancen. Wenn sie die besser ausspielen, hätte es anders ausgehen können. Wir hatten aber auch gute Chancen. Beim Pfostenschuss hatte ich noch Pech, gut, dass der Ball dann beim zweiten Versuch drin war.“