Bochum. Das Derby zwischen dem VfL Bochum und Borussia Dortmund am Freitag ist auch ein Duell der Gegensätze. Chancenlos sieht sich der VfL aber nicht.
Anthony Losilla hat die Karriere nach der Karriere bereits fest im Blick. Der Kapitän des VfL Bochum wird im Talentwerk des VfL als (Co-)Trainer weiterarbeiten. Derzeit aber ruht sein Herantasten an neue Aufgaben. „Für die U19 habe ich dieser Tage wenig Zeit“, sagte Losilla am Dienstag nach dem Training.
Der 37-Jährige hat seinen Vertrag bereits um ein Jahr verlängert, frühestens nach der kommenden Saison will das Herzstück des VfL im defensiven Mittelfeldzentrum deutlich mehr Zeit mit dem Nachwuchs der Bochumer verbringen – nach einer weiteren Saison in der Bundesliga. Und nach mindestens einem weiteren Triumph gegen Borussia Dortmund: Spitzenreiter BVB eröffnet am Freitagabend den fünftletzten Spieltag mit dem Duell beim Tabellenfünfzehnten VfL Bochum (20.30 Uhr/DAZN). Meisterträume treffen auf Abstiegssorgen, gefeierte Sieger auf gebeutelte Verlierer. Oder, wie es VfL-Trainer Thomas Letsch zusammenfasst: „Dortmund will unbedingt Meister werden, wir wollen mit aller Macht die Liga halten. Was gibt es Schöneres? Es ist angerichtet.“
Die Rollen zwischen dem VfL Bochum und Borussia Dortmund sind klar verteilt
Der BVB geht mit einem 4:0-Sieg gegen Frankfurt gestärkt, der VfL nach einem 1:5 gegen Wolfsburg angeschlagen ins Derby. Die Rollen sind glasklar verteilt. Aber zwischen Himmel und Hölle liegen im Profifußball ja oft nur 90 Minuten. Beide Teams haben in dieser Saison schon eindrucksvoll den Stoff geliefert für den schnellen Wandel vom Deppen zum Helden.
Über Dortmund, sagte VfL-Trainer Letsch, „wurde nach dem 3:3 in Stuttgart in Überzahl gelacht“. Eine Woche später, nach dem 4:0 gegen Frankfurt, herrschte gefühlt grenzenlose Euphorie. „Das zeigt, wie schnelllebig Fußball ist“, sagte Letsch. Er blickt lieber auf das große Ganze – mit Respekt vor dem Gast.
Im Vorjahr schrieb der VfL Bochum Vereinsgeschichte
„Die Dortmunder sind in diesem Kalenderjahr insgesamt extrem stabil. Sie haben eine gute Mischung gefunden, einen fantastischen Kader, einen guten Trainer. Man hat den Eindruck, dass sie daran glauben, Deutscher Meister werden zu können. Das gibt ihnen Selbstvertrauen. Wenn wir gegen Dortmund punkten möchten, muss alles zusammenkommen.“ Wie im Hinspiel der Vorsaison, dem 1:1 im Ruhrstadion. Wie im Rückspiel der Vorsaison, einem Stück Vereinsgeschichte, das Losilla und seine Kollegen am 32. Spieltag schrieben. Den Tanz in den Mai vor fast genau einem Jahr wird kein Spieler, kein Fan vergessen. Mit 4:3 gewann Bochum in Dortmund am 30. April, machte den Klassenerhalt perfekt und feierte im Bermuda-Dreieck, der Bochumer Partymeile.
Losilla schöpft daraus Mut, ebenso wie aus den bereits zwei Duellen in dieser Spielzeit. 0:3 verlor Bochum in Dortmund, „aber es fühlte sich nicht so an wie ein 0:3“, meinte der Kapitän. Im DFB-Pokal-Achtelfinale im Februar war Bochum deutlich näher dran, verlor vor den eigenen Fans 1:2. „Dortmund ist spielerisch sehr stark“, sagte Losilla. „Aber wenn wir sie aggressiv anlaufen, mit Intensität, mit Leidenschaft, dann können wir sie vor Probleme stellen.“
VfL-Trainer Letsch: "Wir brauchen Punkte"
Trainer Letsch ist das nicht genug. „Wir haben es ordentlich gemacht in den beiden Spielen. Aber ordentlich reicht nicht. Wir brauchen Punkte“, stellte er klar. Zwei Punkte liegt der VfB Stuttgart nur zurück, drei der FC Schalke 04. Mit Heimsiegen gegen Mönchengladbach und Bremen könnten die Konkurrenten Bochum auf Abstiegs-Rang 17 stürzen – wenn der BVB-Meistertraum keinen Dämpfer erhält.
Das ist das klare Ziel des VfL. Die Wolfsburg-Pleite scheint das Selbstvertrauen nicht zerstört zu haben. „Die Mannschaft macht einen guten Eindruck“, sagte Letsch gestern. Losilla: „Wir haben kein gutes Spiel gemacht, aber wir müssen jetzt nicht alles vergessen, was wir vorher gut gemacht haben.“
Bochum kennt dieses Auf und Ab der Emotionen eher noch besser als Dortmund in dieser Spielzeit. Der VfL war für viele mehrmals schon abgeschrieben, doch er kämpfte sich zurück – dank leidenschaftlicher Abwehrarbeit, dank etwas Spielglück. „Mut und Überzeugung“ fordert Letsch daher. Verzichten muss er bisher nur auf Mittelfeldmann Philipp Förster (Achillessehnen-Probleme) und er verlangt „100 Prozent Einsatz“. So, wie es die Fans vorgemacht hätten. Nach dem 1:5 gegen Wolfsburg feierten sie die Spieler und schickten sie aufmunternd in die Derby-Woche. Jetzt liegt es an der Mannschaft.
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