Bochum. Bochum wird gegen Dortmund weniger Ballbesitz haben. Eine Chance, meint VfL-Kolumnist Michael Eckardt. Er nimmt Führungsspieler in die Pflicht.
Diese Gefahr dürfte am kommenden Freitag äußerst gering sein: Wenn der VfL Bochum den Meisterträumen der Dortmunder Borussen einen gehörigen Dämpfer verpassen und seine Chancen auf den Klassenerhalt verbessern will, braucht er sicher nicht zu befürchten, das Spiel machen zu müssen. Und das kann eine Menge wert sein.
Gegen Schalke 04, den VfB Stuttgart und zuletzt den VfL Wolfsburg wies die Statistik nämlich stets mehr Ballbesitz für die Bochumer aus. Die entscheidenden Zahlen aber lauteten: Jeweils drei Punkte für die drei Gästeteams und 10:3 Tore für sie. Heißt, auf eine griffige Formel gebracht: Die für den Erfolg im Abstiegskampf nötige Kompaktheit zu erzeugen gelingt der Mannschaft von Trainer Thomas Letsch offenbar deutlich besser, wenn der Gegner etwas häufiger den Ball hat.
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Abstände und Positionsspiel stimmten gegen Wolfsburg nicht
Völlig zu Recht war nach dem 1:5-Debakel gegen Wolfsburg von den zahlreichen individuellen Fehlern der Bochumer Spieler die Rede, aber das grundsätzliche Defizit war die schwache Struktur. Das Spiel gegen den Ball stimmte nicht, die Abstände und damit das Positionsspiel erst recht nicht. Die teils bizarren persönlichen Fehler hätten nicht zwangsläufig zu Gegentoren führen müssen, wenn es stets einen engagierten und kompromisslosen Nebenmann gegeben hätte und den Wolfsburgern nicht immer wieder unendlich viel Platz und Zeit offeriert worden wäre.
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Ein langer Diagonalball nach links wie nach rechts oder ein am Rand des eigenen Strafraumes gestartetes Dribbling genügten – und schon eröffnete sich den Wolfsburgern eine exzellente Torchance. So etwas kommt zwar immer wieder mal vor im Profifußball, in dieser Häufung sieht man das auf dem höchsten nationalen Liga-Niveau aber extrem selten.
Die Helden der vergangenen Jahre wanken enorm
Leider haben wir es in Bochum zur Unzeit mit einer Art Götterdämmerung zu tun. Die Helden der vergangenen Jahre, allesamt unbestrittene Garanten des Erfolges, wanken enorm. Sie geben der Mannschaft momentan nicht den Halt, den sie dringend braucht. Manuel Riemann spielt, verglichen mit den zwei vorangegangenen Jahren, eine verheerende Saison und ist offenbar, was man verstehen kann, von den Vorgängen nach dem Stuttgart-Spiel nervlich und emotional richtig angefasst.
Danilo Soares, jahrelang stoischer und kaum wegzudenkender Fixpunkt in diesem Team, wirkt gedanklich wie physisch abwesend, da fehlt mitunter die Handlungsschnelligkeit. Und selbst „Toto“ Losilla, der unkaputtbare Kapitän, lief zumindest am letzten Samstag fast nur hinterher.
Trainer Letsch wird die Hierarchien jetzt nicht auf den Kopf stellen
Thomas Letsch weiß das alles, wird aber der Versuchung, einfache Lösungen zu suchen, widerstehen. In dieser Situation die komplette Hierarchie auf den Kopf zu stellen, wäre ein deutliches Zeichen von Panik und Kopflosigkeit – nach innen und außen. Und mangelnden Ehrgeiz oder gar halbherzigen Einsatz kann man dem routinierten Trio sicher nicht vorwerfen.
Aber auf ihre mentale Stärke kommt es jetzt an, sie müssen vorangehen und gemeinsam mit Ivan Ordets die Reihen schließen. Jeder gewonnene Zweikampf, jeder beherzte Sprint, jedes Zustellen der gegnerischen Laufwege und jede Hilfestellung für den Nebenmann zählt.
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Denn noch stimmt die Ansage des Trainers: „Trotzdem haben wir alles in der eigenen Hand.“ Und dann gibt es da ja noch die fantastischen Fans – sie haben sich längst den nächsten Dreier und sehr viel mehr verdient.