Bochum. Kevin Stöger hat drei von drei Elfmetern verwandelt. Der Mittelfeldmann erklärt, wie er mit dem VfL Bochum bei Union Berlin punkten will.

Anthony Losilla ist der Leader des VfL Bochum, der auf dem Platz ordnet, dirigiert, das Team zusammenhält, auch verbal. Der 37-jährige Kapitän fehlt beim Spiel bei Union Berlin am Sonntag (17.30 Uhr/DAZN), er ist gesperrt. Umso mehr sind seine Kollegen gefragt, noch mehr selbst voranzugehen. Wie Kevin Stöger, der gesetzte zentrale Mittelfeldmann.

Der 29-Jährige ist bereit dazu. Nur ein Spiel, den 3:0-Heimsieg gegen Frankfurt, hat er wegen einer Corona-Infektion verpasst. Zweimal wurde er eingewechselt, 24 Mal stand er in der Startelf. Weil er einer der Spieler ist, „die immer den Ball haben wollen“, so Trainer Thomas Letsch. Stöger versteckt sich nicht, auch an schwächeren Tagen probiert er es nach Fehlern einfach immer weiter. Er ist laufend unterwegs. Mitunter scheint es so, als wolle er zu viel auf einmal.

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Und: Stöger übernimmt die Verantwortung vom Punkt. Einmal im DFB-Pokal und zweimal in der Bundesliga bekam Bochum einen Elfmeter in wichtigen Phasen. Dreimal versenkte Stöger. Dabei war das ursprünglich gar nicht so geplant.

Stöger erklärt, warum er die Elfmeter schießt

Im Pokal-Achtelfinale gegen Borussia Dortmund stand es 0:1, als Stöger zum Elfmeter antrat. „Wir haben mit dem Trainer besprochen: Hoffi (Philipp Hofmann, die Redaktion) ist die Nummer eins, ich bin die zwei“, erklärte Stöger die ursprüngliche Rangfolge gegenüber dieser Redaktion. „Hoffi hat mir den Elfmeter gegen Dortmund gegeben, da hab ich mich sicher gefühlt und ihn auch souverän reingemacht.“ Und deshalb ist Stöger nun die Nummer eins. Mit Erfolg.

In Köln erzielte er mit einem „Zitterschuss“, so Stöger, das wichtige 1:0 beim 2:0-Sieg. Auch gegen Stuttgart traf Stöger zum 1:1. „Ich habe eine gute Quote dieses Jahr und hoffe, dass das bis zum Schluss so bleibt“, sagte er. „Solange ich mich gut fühle, will ich natürlich schießen.“

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Wie gegen den BVB leitete er gegen den VfB mit seinem souverän verwandelten Strafstoß die mögliche Wende ein, die dann ebenso wie gegen den BVB (1:2) ausblieb. Stuttgart traf viel zu leicht und viel zu schnell zum 1:2 und 1:3.

Standard-Tore sind eine Waffe - Aber aus dem Spiel heraus passiert viel zu wenig

Vielleicht geht es am Sonntag in Berlin wieder in die andere, in die Köln-Richtung. Tore durch Standards jedenfalls – nach Ecken, Einwürfen und per Elfmeter – haben den VfL in den letzten Wochen auf Kurs Klassenerhalt gehalten. Bochum ist Fünfzehnter sieben Spiele vor Schluss. Das 2:3 durch Philipp Hofmann nach Pass von Philipp Förster gegen den VfB war der erste Treffer aus dem Spiel heraus seit dem 5:2-Sieg gegen Hoffenheim Anfang Februar.

Standards sind also einerseits eine wichtige Waffe – andererseits kommt aus dem Spiel heraus zu wenig. Die Konkurrenz hat sich längst auf Hofmann als Zielstürmer ebenso gut eingestellt wie auf die Außen Christopher Antwi-Adjei und Takuma Asano. Lange Bälle verpuffen meist weit vor der Gefahrenzone.

„Wir müssen bei eigenem Ballbesitz wieder besser spielen als gegen Stuttgart“, sagte Stöger. „Wenn wir mal spielen, wird es gefährlich, das hat die Partie gegen Stuttgart auch gezeigt. Das wird auch am Sonntag mit entscheidend sein.“

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Auch ohne Losilla soll das funktionieren, davon ist Stöger überzeugt. „Toto ist ein wichtiger Spieler, einen Spielertypen wie ihn gibt es kein zweites Mal im Kader“, weiß der Linksfuß. „Aber ich glaube trotzdem, dass wir das definitiv intern lösen können. Wir haben im Mittelfeld sehr unterschiedliche Spieler, der Trainer wird die richtige Wahl finden.“

Neben Stöger setzt Thomas Letsch wohl wie zuletzt auf Patrick Osterhage, die dritte zentrale Position ist umkämpft. Vieles spricht für ein Startelf-Comeback von Philipp Förster, sofern er gesund ist, am Donnerstag konnte er nicht trainieren, soll aber am Freitag wieder dabei sein. Stöger: „Am Ende ist es egal, wer auf dem Platz steht. Wir müssen als Einheit agieren und alles investieren.“

Stöger: Nicht auf die Tabelle oder nur den Gegner fokussieren

Mehr als zuletzt gegen Stuttgart. „Wir haben in den letzten Wochen eigentlich jede Flanke wegverteidigt, haben uns in jeden Ball reingeworfen, egal ob es ein Offensivspieler war oder ein Defensivspieler oder dass Manu (Torwart Manuel Riemann, die Redaktion) den Ball gehalten hat“, sagte Stöger mit Blick auf die Spiele in Köln (2:0), gegen Leipzig (1:0) und in Frankfurt (1:1). „Beim Spiel gegen Stuttgart kam irgendwie alles zusammen. Dreimal kommt eine Flanke, dreimal schlafen wir ein bisschen, haben uns vielleicht zu sehr auf den anderen verlassen. Aber daraus lernen wir definitiv.“

Womöglich gab es auch in gewisser Weise ein mentales Problem gegen den VfB, das deutet der Spielmacher des VfL an. „Wir müssen mehr auf uns selbst gucken, das ist uns am Sonntag nicht so gelungen. Wir haben uns vielleicht zu sehr auf die Tabelle fokussiert und auf den Gegner. Was uns stark macht ist, dass wir unser Spiel durchziehen, dass wir an uns glauben. So wollen wir es bei Union wieder angehen.“

Und nicht so wie gegen Stuttgart, da redet Stöger nicht drumherum: „Es war kein gutes Spiel von uns. Wir haben nicht ganz so gepresst wie sonst, waren nicht so gut in den Zweikämpfen, nicht so agil. Wir haben uns trotzdem zurückgekämpft mit dem 1:1. Die nächsten fünf Minuten haben uns dann das Genick gebrochen, so schnell darfst du kein Gegentor kriegen.“

Stöger optimistisch: Nach Nackenschlägen „stehen wir wieder auf“

Wie zuletzt nach dem 0:2 gegen Schalke 04 heißt es nun, gegen die Abstiegs-Stimmung im Umfeld anzukämpfen. Wacher zu sein, leidenschaftlicher zu arbeiten, kompakter zu agieren. Stöger ist optimistisch: „Wir haben in dieser Saison schon ab und zu so einen Nackenschlag bekommen. Wir sind danach wieder aufgestanden, und diesmal wird es genauso sein. Wir haben alles selbst in der Hand, das ist das Wichtigste. Es gibt jetzt keinen Grund, warum wir den Kopf in den Sand stecken sollten.“

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Deshalb kann Stöger auch die gefühlte Untergangsstimmung nach der verpassten großen Chance gegen Stuttgart, die sich in der Kurve, auf den Sitzplätzen, in den VIP-Bereichen breitmachte, nicht nachvollziehen. „Ich verstehe nicht, dass man nach einem nicht so guten Spiel alles hinterfragt. Wir haben in dieser Saison gezeigt, was gemeinsam alles möglich ist. Die Stimmung in der Mannschaft ist gut. Der VfL Bochum braucht jeden Fan, jeden Mitarbeiter, jeden Spieler. Wir als Team müssen an jedes Spiel in der Bundesliga, egal ob gegen den Ersten, Zehnten oder das Schlusslicht, mit 100 Prozent herangehen. Dann werden wir auch wieder gewinnen.“

Umschaltspiel ist eine Stärke beider Teams

Wie im Hinspiel, als das damalige Schlusslicht VfL den damaligen Spitzenreiter Union mit 2:1 bezwang. „Wir wissen, was Union will. Berlin hat vorne schnelle Spieler. Wir dürfen im Ballbesitz nicht leichtfertige Fehler machen, dann geht es schnell“, sagt Stöger. „Andersherum ist es genauso: Wenn die Berliner einen Fehler machen, können wir schnell kontern und umschalten. Ich glaube, es wird ein enges Spiel und hoffe, dass wir diesmal keine leichtsinnigen Fehler machen. Dann können wir dort punkten.“