Bochum. Bochum-Torwart Riemann geriet mit einem VfL-Fan aneinander. Eine extreme Reaktion? Oder menschlich? Die Szene macht nachdenklich. Ein Kommentar.

Der VfL Bochum befindet sich derzeit in einer unglücklichen Lage. Obwohl es dem Fußball-Bundesligisten zuletzt gelang, überraschende Punkte gegen RB Leipzig (1:0) und bei Eintracht Frankfurt (1:1) zu sammeln, enttäuschte er in Duellen mit direkten Konkurrenten im Kampf um den Klassenerhalt. So auch am Ostersonntag im Heimspiel gegen den VfB Stuttgart. Mit 2:3 unterlag das Team von Thomas Letsch.

Manuel Riemann muss sich im Bochum-Tor viel anhören

Natürlich gefiel den Fans der Bochumer nicht, was ihre Mannschaft phasenweise gezeigt hatte. Dass der Unmut auf der Tribüne sich bei hochkochenden Emotionen auch mal in harschen Worten ausdrückt – es gehört zum Fußball dazu, ja. Dass vor allem Manuel Riemann, der als Torwart das gesamte Spiel über unmittelbar vor den Zuschauern steht, bei Auftritten wie diesem viel zu hören bekommt – natürlich, das kennt er.

Kopf an Kopf: Manuel Riemann geht auf einen Fan des VfL Bochum los. Diese soll ihn übel beleidigt haben.
Kopf an Kopf: Manuel Riemann geht auf einen Fan des VfL Bochum los. Diese soll ihn übel beleidigt haben. © firo

Dennoch ist auch ein erfahrener – und auch frusterprobter – Profi wie Manuel Riemann nur ein Mensch – und als solcher emotional nur bedingt belastbar. Seine Reaktion, nach üblen persönlichen Beleidigungen auf einen Fan loszugehen, ist gewiss nicht die eines besonnenen Mannes. Dennoch ist sie auch ein stückweit nachvollziehbar und lässt die Frage aufkommen: Wie viel muss ein Fußballprofi im Stadion ertragen?

VfL Bochum: Kaenzig prangert Beleidigungen gegen Riemann an

Als Torwart ist Manuel Riemann es gewöhnt, Provokationen von den Rängen zu hören. Er kann damit umgehen, er hat ein dickes Fell. Doch nun war es zu viel. „Widerlich“ nannte Ilja Kaenzig, Sprecher der Geschäftsführung des VfL, das, was Riemann von ein paar wenigen Anhängern entgegenschlug. Der 34-Jährige persönlich und wohl auch dessen Sohn sollen mit Worten unter der Gürtelline massiv beleidigt worden sein. Irgendwann platzte Riemann der Kragen, irgendwann konnte und wollte er das einfach nicht mehr ertragen. Er wollte sich wehren.

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Natürlich ist Gewalt nicht die Lösung, um gegen Gewalt (auch wenn sie verbal ausgedrückt wird) vorzugehen. Riemann weiß längst, dass er so nicht hätte reagieren dürfen. Doch auch er befand sich in einer emotionalen Ausnahmesituation. Zudem wird er seit Jahren von VfL-Fans dafür verehrt und gefeiert, dass er seine Gefühle auch mal lautstark rauslässt, kritisiert, sich ärgert und flucht. Ein authentischer Malocher, der kein Blatt vor den Mund nimmt und daher so gut zum Wesen des Ruhrgebietsvereins passt. So zumindest die Folklore.

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Ihm nun vorzuwerfen, emotional auf etwas zu reagieren, was nicht zu akzeptieren ist, wäre heuchlerisch. Daher ist es gut, dass der VfL Bochum sich nach Analyse der Lage schnell vor seinen Spieler gestellt hat. Ja, Manuel Riemann hat sich nicht optimal verhalten, manchmal polarisiert auch er. Doch auch er muss nicht alles ertragen, was von den Rängen auf ihn einstürmt. Die Enthemmung einzelner Stadionbesucher ist besorgniserregend.