Bochum. Beim VfL Bochum herrschte Feierstimmung nach dem 1:0-Erfolg über RB Leipzig. Im Abstiegskampf wächst Manuel Riemann wieder über sich hinaus.
Als der Schlusspfiff ertönte, ging die Party noch lange weiter im Ruhrstadion. „Erhan Masovic“ sangen die Fans, „Manuel Riemann“ feierten sie, und die ganze Mannschaft drehte mit mehreren Wellen freudvoll ihre Ehrenrunde. „Nie mehr 2. Liga“ dröhnte es durchs Stadion des VfL Bochum nach dem 1:0-Überraschungs-Coup gegen RB Leipzig.
Der VfL „ist wieder da“, sangen die Fans nur zwei Wochen nach Pfiffen und dem 0:2-Schock gegen Schalke 04. Bochum hat danach in Köln 2:0 gewonnen und nun gegen Leipzig 1:0. Es waren Zu-Null-Siege der Defensivarbeit mit einem starken Torwart Manuel Riemann, Siege der Leidenschaft, Siege der mannschaftlichen Geschlossenheit.
Mit 25 Punkten liegt der VfL neun Spiele vor Schluss auf Rang 14: Fünf Punkte Vorsprung hat er auf das neue Schlusslicht VfB Stuttgart (0:1 gegen Wolfsburg), vier auf Schalke (1:1 in Augsburg) und Hertha BSC, das Hoffenheim zum Befreiungsschlag verhalf. Die TSG bleibt nach dem 3:1-Sieg drei Punkte hinter dem VfL.
Losilla bleibt bodenständig
„Wir wollen weiter so hart arbeiten. Unser großes Ziel ist der Klassenerhalt, wir haben zwei große Schritte geschafft, aber es bleibt nicht einfach“, meinte Kapitän Anthony Losilla nach seinem 300. Pflichtspiel für den VfL ganz bodenständig und sprach seinem Coach aus der Seele. „Es wäre verheerend, in Euphorie zu verfallen. Wir haben einen großen Schritt gemacht, müssen aber scharf bleiben, um unsere Ziele zu erreichen“, sagte Thomas Letsch.
Arbeitet Bochum so intensiv weiter, ist auch bei der Eintracht in Frankfurt am 31. März etwas drin. Denn Bochum verdiente sich erneut Bestnoten in der Arbeit gegen den Ball. „Für uns ist es das Wichtigste, dass wir gut verteidigen“, meinte Letsch. Von der ersten Minute bis zur wilden, von RB drückend gestalteten Schlussphase hielt Bochum den auf dem Papier übermächtigen Gast meist weg vom Strafraum, vom Abschluss. Spät rettete Riemann den Punkt mit drei Glanzparaden, „das nötige Glück kam hinzu“, so Letsch zum Innenpfosten-Treffer von Dominik Szoboszlai weit in der Nachspielzeit. „Die Mannschaft hat den Sieg erkämpft, am Ende hatte Manuel Riemann entscheidenden Anteil daran“, sagte er.
Der Torwart hatte nach dem 0:2 gegen Schalke, seinem Eigentor und einigen Patzern auch in den Spielen davor, viel Kritik einstecken müssen. „Auch zu Recht“, sagte Letsch. „Das hat auch an Manu genagt. Er ist ein reflektierter Mensch. Wie Manu darauf reagiert hat, verdient größten Respekt.“
VfL-Trainer Letsch lobt Manuel Riemann
Riemann konzentrierte sich erneut auf sein Spiel und weniger aufs Zurechtweisen seiner Mitspieler. Er war zur Stelle, war beim Spielaufbau „hervorragend“, so Letsch, sucht nun häufiger „einfache Lösungen“. Daran habe man als Mannschaft gearbeitet, erklärte Letsch. Im Klartext: Weniger Dominanz von Riemann im Aufbau, mehr Verantwortung für seine Vorderleute.
Wie für Erhan Masovic, der nicht nur als „Torjäger“, so Letsch, glänzt. Masovic erzielte nach dem 2:0 in Köln nun das entscheidende 1:0. Es war sein viertes Saisontor kurz nach der Pause nach einstudiertem weiten Einwurf von Christopher Antwi-Adjei, Kopfball-Verlängerung von Philipp Hofmann und einem von Torwart Jannis Blaswich parierten Kopfball von Takuma Asano, ehe Masovic den Ball ins lange Eck köpfte kurz nach der Pause (48.). Der Serbe verteidigte erneut sehr souverän, spielte sowohl „mit Ruhe“ als auch „mit der nötigen Aggressivität“, lobte Letsch. Gemeinsam mit Ivan Ordets bildet er das lange in dieser Saison gesuchte Stamm-Duo in der Innenverteidigung. „Die Kombination mit Erhan und Ivan macht sich bezahlt. Das ist etwas hart für die anderen Innenverteidiger, da haben wir schon viel Qualität. Aber die zwei machen es gut.“
Ein taktischer Kniff von Letsch ging ebenfalls auf. Er setzte mit Ball auf ein 4-4-2 mit Raute und gegen den Ball auf ein 4-2-2-2. Takuma Asano und Kevin Stöger knöpften sich Leipzigs Sechser Laimer und Kampl vor, es ging um enge Bewachung, moderne Manndeckung sozusagen. „Taku“, schmunzelte Letsch, „hat es vielleicht etwa zu wörtlich genommen und Konrad Laimer verfolgt“ – wahlweise auch Kevin Kampl, je nach Spielsituation. Bochums Anthony Losilla und Patrick Osterhage kümmerten sich um Timo Werner und Szoboszlai: Leipzig konnte sich lange kaum entscheidend durchsetzen, durchspielen.
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„Bochum hatte viel Energie, Wucht und die Euphorie des Publikums im Rücken“, meinte Leipzigs Trainer Marco Rose. Seinem Team attestierte er vier Tage nach dem 0:7 bei Manchester City eine gute Einstellung, aber fehlende „Konsequenz“ im letzten Drittel. Und ärgerte sich über das Gegentor „nach einem einfachen Standard“.
Es blieb beim 1:0 und damit dem ersten VfL-Sieg gegen Leipzig in der Vereinsgeschichte nach zuvor acht Niederlagen. Verdient nach einem intensiven Fight, weil sich auch die früh eingewechselten Dominique Heintz, der den Gelb-Rot-gefährdeten Danilo Soares ersetzte (Letsch: „Wir mussten reagieren“), Pierre Kunde, Gerrit Holtmann und Philipp Förster in die Bälle schmissen. Letsch sah sich daher einmal mehr bestätigt und blickt auch deshalb optimistisch auf den letzten Bundesliga-Block nach der Länderspielpause: „Ich habe immer gesagt: Wir brauchen alle.“