Bochum. Heiko Butscher muss den VfL Bochum auf die Partie gegen den 1. FC Köln vorbereiten. Zu viele Änderungen könnten kontraproduktiv sein.

Auf Regen folgt Sonnenschein. Beim VfL Bochum muss man das alte Sprichwort zurzeit umdrehen. Auf Sonnenschein (Aufstieg, Klassenerhalt) folgt Regen (null Punkte aus sechs Spielen).

Der VfL trennte sich von Trainer Thomas Reis. Heiko Butscher übernahm am Dienstag das Kommando, nach Plan nur für das Spiel am Sonntag gegen den 1. FC Köln (17.30 Uhr/Sky). Er trainierte dann die Profis am Dienstag bei Sonnenschein. Am Mittwoch bei strömendem Regen – und er könnte am Sonntag das ursprüngliche Sprichwort aufleben lassen. Auf Regen folgt Sonnenschein. Ein Sieg. Vielleicht.

Sein Eindruck von den trockenen und nassen Einheiten war wetterfest: Die Mannschaft ist willig, „fokussiert auf den Fußball“, sagt Butscher. Kleine Spielformen standen an, auch am Mittwoch überwiegend. Die Spieler schonten sich nicht, so wirkte es. Jordi Osei-Tutu musste nach einem Schlag aufs Schienbein abbrechen, kann aber wohl am Donnerstag wieder mitmachen.

Wittert Silvere Ganvoula eine neue Chance?

Butscher, Ex-Profi, Fußball-Lehrer, seit acht Jahren in verschiedenen Trainerfunktionen beim VfL unterwegs und zurzeit und künftig wieder U19-Trainer, weiß: Der Einsatzwille ist ein Stück weit normal, wenn ein neuer (Interims-)Trainer anfängt. „Da will sich jeder besonders zeigen“, sagt Butscher.

Jeder Trainer hat nach einer gewissen Zeit Spieler, die einen Bonus haben und Spieler, die kaum noch eine Chance haben. Auch das ist normal. Stürmer Silvere Ganvoula etwa darf unter Butscher und dessen Nachfolger eine neue Chance wittern.

Butscher jedenfalls hält den Konkurrenzkampf bewusst hoch. „Jedes Training ist für mich wie ein Spiel“, sagt er den Profis das, was er seiner U19 auch stets sagt. Und: „Ich erwarte von jedem das Bewusstsein, dass Fußball ein geiler Sport ist, wo jeder bereit ist, alles weg zu verteidigen.“

Butscher siegt sich nicht als Revolutionär

Dabei neigt Butscher überhaupt nicht dazu, dem Team bisher fehlende Leidenschaft vorzuwerfen, im Gegenteil: „Die Mannschaft hat sich für viel Aufwand noch nicht belohnt. Grundtugenden wie Laufbereitschaft, Haltung und Geschwindigkeit sind vorhanden“, sagt Butscher. Viele individuelle Fehler brachten dem VfL oft um einen Punkt. Kann man die minimieren durch Training? Ja, sagt Butscher. Man könne an „allen Dingen“ arbeiten, sie abstellen, verbessern.

Butscher kennt das Team, die meisten Spieler; vor allem die, die schon länger da sind. In dieser Woche lernt er jeden Einzelnen noch besser kennen. Dann stellt er die Mannschaft auf.

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Als Revolutionär, der taktisch und personell jetzt alles auf den Kopf stellt, sieht sich Butscher nicht. Das wäre bei nur einer Partie, für die er verantwortlich zeichnen soll, unter anderem gar nicht zielführend, meint er selbst. Butscher will an Stellschrauben drehen, nicht am großen Ganzen. Für Letzteres bedürfte es Zeit, neue Spielarten einzustudieren, sich einzuspielen. Zeit, die er ja gar nicht bekommt.

Zum ersten Maßnahmen-Paket soll gehören, flexibler aufzutreten. In der Vorsaison und bisher auch drehte sich offensiv viel um schnelles Umschaltspiel, lange Bälle, zweite Bälle, Flanken von außen. Das darf so bleiben – zum Teil.

Gegner haben sich auf den VfL Bochum eingestellt

Die Gegner hätten sich nach der Vorsaison auch auf die VfL-Art eingestellt, meint der Interimstrainer. Mainz zum Beispiel agierte in Bochum sehr defensiv. „Wir brauchen für jede Spielphase Lösungen“, sagt er. Butscher will schlaue Spieler auf dem Rasen haben, die erkennen, wann man hoch presst und wann man sich lieber mal zurückzieht, nur zum Beispiel.

Butscher will in erster Linie die Motivation hoch- und Nebengeräusche herunterfahren, er will Freude und Selbstvertrauen vermitteln. Butscher kann schnell reden und hochkomplexe Themen differenziert darlegen. Er versteht aber auch die einfache, knackige Sprache, die jetzt wohl eher ankommt bei den Profis. Er sagt auch Sätze wie „Es muss jetzt sofort flutschen“ oder „Der kann kicken“.

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Butscher will vor allem auch die Stärken stärken in dieser Situation. Etwa: Es gab viele Flanken in den Strafraum der Gegner bisher, das hat Thomas Reis ja vor dem Schalke-Spiel auch betont. Sie verpufften aber weitgehend. Hier gilt es für Butscher, die Spieler aufzustellen und einzustellen, die diese besser nutzen. Das gilt auch für die zuletzt wirkungslosen Ecken und Freistöße.

Butscher will das Ruder am Sonntag herumreißen für den VfL Bochum. Idealerweise mit den bisher fantastisch unterstützenden Fans im Rücken. Butscher sagt: „Ich werde versuchen, innerhalb der Mannschaft eine gute Atmosphäre zu schaffen und hoffe, dass das auch bei den Fans ankommt.“