Bochum. Thomas Reis will mit dem VfL Bochum wieder gegen den FC Bayern überraschen. Hier erklärt er, warum ihn der Fehlstart nicht aus der Bahn wirft.
Thomas Reis erscheint pünktlich und frisch geduscht nach der Vormittagseinheit zum vereinbarten Interviewtermin. Am Sonntag (17.30 Uhr/DAZN) möchte der 48 Jahre alte Trainer des Fußball-Bundesligisten VfL Bochum wie schon beim 4:2 im Februar Bayern München ärgern – trotz zwei Niederlagen zum Saisonauftakt.
Lesen Sie hier den ersten Teil des Interviews mit VfL-Trainer Thomas Reis über seine Vertragssituation. Er sagt: "Momentan gibt es keine Gespräche mit Bochum.
Zunächst eine Rätselfrage, Herr Reis. Was könnten Sie am Sonntagabend mit Rolf Schafstall und Heinz Höher gemeinsam haben?
Thomas Reis: Zweimal gegen Bayern München zu gewinnen?
Volltreffer. Das ist in der Geschichte des VfL Bochum nur diesen beiden Trainern gelungen. Was braucht es denn, um gegen die Bayern zu bestehen?
Viel Mut. Viel Freude darüber, dass wir überhaupt noch mal gegen sie antreten dürfen. Das haben wir uns ja auch in der vergangenen Saison erarbeitet und das muss eigentlich Motivation genug sein. Du spielst gegen die Top-Mannschaft in Deutschland, die eindrucksvoll in die Saison gestartet ist. Ich bleibe aber dabei: Sie werden nicht alle Spiele in der Bundesliga gewinnen – und das wollen wir ausnutzen.
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Kommt München vielleicht zum falschen Zeitpunkt? Noch hat die Mannschaft schließlich keine Dreifachbelastung, ist ausgeruht und dem Rest der Liga noch nicht enteilt.
Dafür haben sie eine Bank, die auf dem Transfermarkt ungefähr achtmal so viel wert sein dürfte wie mein ganzer Kader. Wir können uns den Termin nicht aussuchen, mir ist es auch relativ egal, wann wir gegen sie spielen. Wir stehen noch ohne Punkte da. Niemand erwartet etwas – und das sollte Motivation genug sein, die Pessimisten vom Gegenteil zu überzeugen.
Was denken Sie, wenn Sie am Sonntag während der Partie mal nach rechts rüber auf die Bank der Münchener schauen?
Dann denke ich mir: Der eine oder andere, der dort sitzt, würde bei mir vermutlich spielen (grinst). Sie sind sensationell besetzt und in einer anderen Sphäre unterwegs, weil sie Ambitionen in der Champions League haben. Da brauchst du so einen tiefen Kader, um zu bestehen. Die Bundesliga dominieren sie seit zehn Jahren und werden das, glaube ich, auch in dieser Saison wieder tun.
Ihre Mannschaft muss dagegen viele Ausfälle verkraften.
Es wäre schöner, wenn ich aus dem Vollen schöpfen und viel härtere Entscheidungen treffen könnte. Im Moment stellt sich der Kader ja schon fast ein bisschen von selber auf. Darunter kann der Konkurrenzkampf leiden. Andererseits ist jetzt auch der Moment da, sich in der Mannschaft festzuspielen.
Ist das Motto für Sonntag: Dreier- oder Fünferkette – Hauptsache defensiv?
Ich habe mehrere Pläne im Kopf. Wir können auch wie an einer Perlenkette aufgereiht spielen. Denn wir wissen ja, welche offensive Wucht da auf uns zukommt. Wichtig ist, dass wir die direkten Duelle gewinnen. Wenn aber wie gegen Hoffenheim die Zuteilung bei Standardsituationen nicht eingehalten wird und du zwei Gegentore nach Ecken bekommst, dann ist es egal, wie wir auflaufen. Unsere Fehler werden im Moment brutal bestraft. In deinem Raum musst du alles verteidigen und gut nach vorne spielen. Da ist das System für mich manchmal zweitrangig.
Was macht Sie optimistisch, dass diese Fehler ausgerechnet gegen die Bayern nicht mehr vorkommen?
Weil wir daran arbeiten und genau wissen, dass gegen Bayern selbst ein halber Fehler bestraft wird. Das 90 Minuten durchgehend zu verteidigen, schafft keine Mannschaft. Da muss man manchmal das Quäntchen Glück auf seiner Seite haben.
Haben die Abstimmungsprobleme auch damit zu tun, dass diese Vorbereitung eine Besondere gewesen ist? Viele Spieler haben den Klub verlassen, Neuzugänge kamen erst spät hinzu, hatten teils großen Trainingsrückstand.
Ja, aber das darf keine Ausrede sein. Auch wenn ich auf diese besondere Situation des Öfteren schon hingewiesen habe. Wir werden aber nach zwei Niederlagen nicht den Kopf in den Sand stecken. Allerdings verschließen wir auch nicht die Augen vor der Realität des Spielplans, der die nächsten beiden Spiele gegen Europapokalmannschaften vorsieht. Für mich ist wichtig, dass man Ruhe bewahrt und an den Schwächen arbeitet. Das meine Aufgabe. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir das hinbekommen.
Aber können Sie nicht auch verstehen, dass die Fans langsam nervös werden?
Klar. Für meine Arbeit ist es aber wichtig, dass ich nicht nervös werde. In Bochum war es schon immer so: Wenn es gut läuft, stehen alle hinter dir. Wir wissen aber auch, dass sehr viel Kritisches kommen kann, wenn es mal nicht läuft. Damit muss man einfach klarkommen. Natürlich wächst der Druck. Gerade dann muss man sich dem entgegenstemmen. Noch mal: Wir sind der VfL Bochum, etliche Spieler haben uns verlassen, wir formen gerade eine neue Mannschaft.
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Das muss doch frustrierend sein?
Ja, aber damit das nicht passiert, müsste man schon ein Topteam trainieren. Bayern München zum Beispiel.
In Lys Mousset kam Anfang der Woche ein neuer Stürmer, der sich in den sozialen Medien ziemlich extravagant zeigt, etwa mit Privatjet und teuren Autos. Warum passt er dennoch zur VfL-DNA, die doch der Inbegriff von Bodenständigkeit ist?
Man muss auch Reibungspunkte setzen. Es ist klar, dass ein Spieler, der vielleicht einen anderen Lebensstil hat, polarisiert. Einem Team kann so jemand aber auch neue Impulse bringen. Ich finde es schwierig, jemanden aufgrund seiner Vergangenheit vorzuverurteilen. Ich kann immer nur die Vergleiche zu mir selbst ziehen. Bei mir waren auch weite Teile der VfL-Anhängerschaft sehr skeptisch, als ich hier Cheftrainer wurde. Mit guten Leistungen kann man überzeugen. Wichtig ist, dass beim VfL Bochum nun wieder etwas wächst. Wir müssen Geduld bewahren und werden versuchen, schnellstmöglich Punkte zu holen – und ich hätte nichts dagegen, wenn das schon gegen Bayern der Fall sein wird.
Kommt noch ein neuer Mittelfeldspieler?
Ich glaube, das Budget dafür wäre noch da.