Bochum. Der Bundesligist kämpft um alte und neue Leistungsträger. Fakt ist: Es gibt Handlungsbedarf. Doch Hektik kennen die Verantwortlichen nicht
Ilja Kaenzig hat den VfL Bochum durch viele Krisen geführt. Den Abstiegskampf in der 2. Liga hat der für die Finanzen zuständige Sprecher der Geschäftsführung ebenso besonnen moderiert wie die Corona-Krise. Der 48 Jahre alte Schweizer, der seinen Vertrag um zwei Jahre bis zum Sommer 2025 verlängert hat, gibt sich in diesem Juni entspannt. Krise? In den Sozialen Medien liest man viel vom Ausverkauf, und man könnte hier und da meinen, der VfL sei schon abgestiegen, bevor das Training für das zweite Jahr in der Fußball-Bundesliga in Folge aufgenommen wurde.
Fakt ist: Es gibt Handlungsbedarf. 18 Feldspieler und drei Torhüter stehen nach zahlreichen Abgängen der erfolgreichen Vorsaison, die Bochum auf Rang 13 abschloss, aktuell unter Vertrag. Trainingsauftakt ist am kommenden Montag. „Es ist doch klar, dass man wie in jedem Jahr Geduld haben muss bei einem Verein mit begrenzten Mitteln, der die niedrigsten Gehälter der Bundesliga zahlt“, sagt Kaenzig. „Die Vorbereitungen für Transfers und Vertragsverlängerungen waren so präzise, dass das Ergebnis am Ende entsprechend gut sein wird. Ich mache mir überhaupt keine Sorgen, dass wir nicht eine schlagkräftige Mannschaft auf die Beine stellen werden, die das nächste Wunder namens Klassenerhalt schaffen kann.“
Bisher stehen zwölf Abgänge beim VfL fest
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Bisher hat der VfL zwölf Abgänge zu verzeichnen; Moritz Römling, Luis Hartwig und Silvere Ganvoula spielen für die Zukunft keine Rolle mehr, sind also auf Klubsuche (Leihe/Transfer). Dem stehen zwei ablösefreie Neuzugänge und zwei verlängerte Verträge gegenüber. Mittelfeldmann Kevin Stöger (29) kommt vom FSV Mainz 05, Stürmer Philipp Hofmann (29) vom Karlsruher SC. Innenverteidiger Vasilios Lampropoulos (32) hat seinen auslaufenden Vertrag um ein Jahr verlängert. Der Grieche ist ein verlässlicher Back-up. Im Team wird er als Charaktertyp hoch geschätzt.
Im Getöse um Zu- und Abgänge fast ein wenig unter ging eine Entscheidung mit Signalwirkung: Torwart Manuel Riemann, Leistungsträger und Führungsspieler, hat seinen Kontrakt bis 2025 verlängert. Ein Grund, warum Tjark Ernst (19), bisher die Nummer vier, den Klub verlässt: In Bochum hatte er kaum Aussicht auf Spielpraxis. Der U-19-Nationalspieler konnte im Vorjahr noch für die A-Jugend spielen. Eine U23 aber gibt es beim VfL nicht. Der Torwart wechselt zu Hertha BSC. In Berlin trainiert er mit den Profis und kann für die U23 spielen. Der VfL kassiert eine Ablösesumme im sechsstelligen Bereich, die im Erfolgsfall steigen kann. Mit Ernst verliert Bochum das nächste Talent aus dem eigenen Haus. Stamm-Innenverteidiger Maxim Leitsch (24), wie Ernst seit Kleinauf für Bochum am Ball, wechselte zum FSV Mainz 05 für rund 3,5 Millionen Euro. Mindestens ein erfahrener Innenverteidiger soll noch kommen.
Bei Polter geht es noch um Ablöse-Details
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Bedarf gibt es noch auf allen Positionen, vor allem im Mittelfeldzentrum. Elvis Rexhbecaj war Stammkraft, nach seiner Leihe vom VfL Wolfsburg ist der 24-Jährige für den VfL nicht mehr bezahlbar. Milos Pantovic (25) wechselt ablösefrei nach langen Verhandlungen zu Union Berlin. Wie bei Jannik Haberer, der vom SC Freiburg zu Union kommt, konnte der VfL finanziell nicht mithalten. Neben Stöger, Kapitän Anthony Losilla und Patrick Osterhage wird der VfL für das Zentrum noch zwei bis drei Spieler verpflichten. Der polnische Nationalspieler Jacek Goraski (29) vom kasachischen Klub Kairat Almaty wird einen Zweijahres-Vertrag erhalten. Ein Kandidat ist der kamerunische Nationalspieler Pierre Kunde Malong von Olympiakos Piräus.
Für den wechselwilligen Stürmer Sebastian Polter (31) dürfte Geld in die Kasse kommen. Polter soll sich mit Frankfurt bereits einig gewesen sein, womöglich aber nimmt die Eintracht Abstand von seinen Gehaltsvorstellungen. Die Forderung des VfL liegt bei rund zwei Millionen Euro – Ende offen. Klar ist: Der Etat des VfL steigt von 24 auf 30 Millionen Euro, ein Transferbudget gibt es nicht. Wie in den Vorjahren kann Sport-Geschäftsführer Sebastian Schindzielorz keine nennenswerten Ablösesummen zahlen, sofern nicht noch eine zweistellige Millionensumme das Konto füllt. Einziger Kandidat für einen Transfer dieser Größenordnung ist Armel Bella Kotchap. Bisher liegt für den 20-jährigen Innenverteidiger aber kein Angebot vor.
Schindzielorz -Abschied sorgt für Unruhe
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Vielleicht ist Schindzielorz nicht mehr allein zuständig, wenn dieses eintreffen sollte. Der nahende Abschied des gemeinsam mit Kaenzig seit vier Jahren erfolgreichen Geschäftsführers sorgte für Unruhe im und um den Klub. Schindzielorz hat nach langen Verhandlungen seinen Vertrag zum Dezember dieses Jahres gekündigt, der VfL Wolfsburg hat Interesse an dem 43-Jährigen.
Beim VfL verweist man auf den ungebremsten Einsatz des Kaderplaners. „Sebastian Schindzielorz vertritt zu 100 Prozent die Interessen des Vereins. Er lässt auch im Arbeitsumfang kein bisschen nach“, betont Kaenzig.
Parallel läuft die Suche nach einem Nachfolger. Einen Schnellschuss wird es nicht geben, betonte der Vorstandsvorsitzende des VfL, Hans-Peter Vilis. Das Präsidium mit Villis an der Spitze ist für die Besetzung der Geschäftsführer zuständig. Von zahlreichen Interessenten, die sich selbst ins Spiel bringen, ist die Rede. Hochkaräter aber sind zu teuer. Die Lösung dürfte eine interne sein.
Die Option des VfL Bochum: Patrick Fabian
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Eine finale Entscheidung ist zwar noch nicht getroffen, aber Patrick Fabian ist nach Informationen dieser Redaktion Favorit auf den bald vakanten Managerposten. Der Ex-Profi des VfL ist seit zwei Jahren Assistent des Sport-Geschäftsführers, steckt im Thema. Wie bei Schindzielorz vor gut vier Jahren, als dieser nach der Trennung von Christian Hochstätter vom Assistenten zum Sportchef aufstieg, traut man dem studierten Wirtschaftswissenschaftler den Aufstieg zu.
Fabian ist extrem ehrgeizig und hat viel Bochumer Herzblut. Der 34-Jährige hat seine gesamte Karriere, in der er vier Kreuzbandrisse überwunden hat, beim VfL verbracht. Er könnte Schindzielorz noch mindestens bis zum Ende der Transferperiode begleiten, ehe er die Aufgabe komplett übernehmen und Schindzielorz vorzeitig den VfL verlassen kann.
Mit Schindzielorz verliert Bochum auch eine Identifikationsfigur, mit Fabian rückte eine in die erste Reihe auf – und mit Thomas Reis bleibt der wichtigste Mann. Der Trainer (48), seit 2019 beim VfL Bochum als Chefcoach verantwortlich, steht für die VfL-DNA wie kein Zweiter. Reis hat Bochum zurück in die 1. Liga und zum Klassenerhalt geführt. Sein Vertrag gilt noch ein Jahr, erste Gespräche zur Verlängerung um mindestens zwei weitere Jahre hat es bereits gegeben. Kaenzig sagt: „Beide Seiten haben bereits den klaren Willen geäußert, weiter zusammenzuarbeiten. So wird es auch kommen. Ich gehe davon aus, dass eine Vertragsverlängerung in diesem Sommer über die Bühne gehen wird.“