Bochum. Vor elf Jahren bestritt der VfL Bochum sein letztes Pflichtspiel im Ruhrstadion gegen Mönchengladbach. Reus traf zum 1:1. Federico erinnert sich.
Es lief die 72. Minute an diesem Mittwochabend des 25. Mai 2011 im pickepackevollen Ruhrstadion vor 28.700 Fans, als der junge Marco Reus den Traum des VfL Bochum vom direkten Wiederaufstieg zerstörte. Der Nationalspieler von Borussia Mönchengladbach traf zum 1:1.
„Danach“, erinnert sich der damalige Bochumer Giovanni Federico, „gab es noch einmal einen Ruck, die Kulisse war einmalig, die Fans haben uns nach vorne gepeitscht ähnlich wie sie es in dieser Saison tun. Aber noch zwei Tore zu schießen gegen diesen starken Gegner war letztlich nicht mehr machbar. Es war ein einmaliges Erlebnis, leider hat es nicht gereicht.“
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Es blieb beim 1:1 im Rückspiel der Aufstiegs-Relegation. In der Kabine überwog der Frust gegenüber dem Stolz auf zwei gute Leistungen gegen den klaren Favoriten. In der Kabine war es ruhig. „Wir waren alle sehr enttäuscht“, so Federico. Das Hinspiel hatte Mönchengladbach mit 1:0 gewonnen und damit den Klassenerhalt noch geschafft. Bochum ahnte vielleicht schon, dass ihm nun schwere Jahre bevorstehen würden.
Nach verpasstem Aufstieg: viele Turbulenzen und wirtschaftliche Probleme
Es gab in den folgenden Jahren viele personelle Turbulenzen und große wirtschaftliche Probleme, viel Abstiegskampf, viel Theater, deutlich mehr Schatten als Licht. Erst in der Vorsaison setzte Bochum unter Trainer Thomas Reis erfolgreich zum Ritt Richtung Bundesliga an, elf Jahre 2. Liga nonstop waren Geschichte im vergangenen Sommer.
An diesem Freitag (20.30 Uhr) begegnen sich Bochum und Mönchengladbach erstmals wieder im Ruhrstadion zu einem Pflichtspiel, es ist ein Duell auf tabellarischer Augenhöhe: Der VfL hat 32 Punkte, Mönchengladbach 30.
Erfolgreiche Serien von Mönchengladbach und Bochum vor der Relegation
Aber zurück zum historischen Nackenschlag, der das folgende Jahrzehnt des VfL maßgeblich beeinflusste. Nach schwachem Saisonstart und einer Aufholjagd mit zwischenzeitlich acht Siegen in Serie hatte der VfL unter „Aufstiegs-Trainer“ Friedhelm Funkel, der nach dem Abstieg das Kommando übernommen hatte, noch Rang drei mit 65 Punkten erreicht. Mit einem Zittersieg am vorletzten Spieltag in Osnabrück (3:1) und einem 3:1 gegen den MSV Duisburg hielt man Verfolger Fürth auf Distanz. Die direkten Aufstiegsplätze aber gingen an Hertha BSC und den punktgleichen FC Augsburg.
Frankfurt verspielt großen Vorsprung
Pech für Bochum: Mönchengladbach hatte trotz des enttäuschenden Rang 16 in Liga eins auch einen positiven Lauf. Der Abstieg schien trotz hochkarätiger Besetzung fast besiegelt am 30. Spieltag. Gladbach, seit Februar und noch etliche erfolgreiche Jahre nach der Rettung trainiert von Lucien Favre, war mit 26 Punkten Schlusslicht. Drei Siege und ein abschließendes 1:1 beim Hamburger SV reichten noch zu Rang 16, weil Eintracht Frankfurt in den letzten vier Partien einen Sieben-Punkte-Vorsprung verspielte und ebenso abstieg wie der FC St. Pauli. Die Borussia um Torwart Marc-Andre ter Stegen, um Dante, Reus und Arango war klarer Favorit, „aber wir haben alle an den Aufstieg geglaubt“, weiß Federico heute noch genau.
Federico: Auch im Hinspiel liefert Bochum einen „Riesenfight“
Mönchengladbach war vor allem im Hinspiel der Glücklichere. Igor de Camargo erzielte in der Nachspielzeit das 1:0, ein 2:1 im Rückspiel hätte Bochum also nicht gereicht. „Wir haben Gladbach im Borussia-Park einen Riesenfight geboten, hätten auch selbst in Führung gehen können. Dieses 0:1 war sehr, sehr bitter“, weiß Federico, der in beiden Partien nach jeweils rund 60 Minuten eingewechselt worden war.
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Aber die Hoffnung kehrte mit Macht zurück. Im Rückspiel egalisierte Bochum früh: Christoph Dabrowskis Zuspiel lenkte Gladbachs Havard Nordtveit ins eigene Tor (24.). Erst in der zweiten Halbzeit drückte die Borussia, glich aus, feierte den Klassenerhalt - wegweisend für beide Klubs.
Dem Fast-Aufstieg folgt ein schwaches Folge-Jahr
Für Bochum begannen schwere Jahre, die Trennung von Funkel nach schwachem Start in die neue Spielzeit kam für viele zu früh. „Wir hatten nach der Relegation nur eine kurze Vorbereitungszeit, andere Vereine waren weiter“, sagt Federico rückblickend. Unter Andreas Bergmann erreichte der VfL mit nur 37 Punkten noch Rang elf, im Sommer 2012 verabschiedete sich Federico von der großen Fußballbühne. Bis 2018 spielte der gebürtige Hagener noch für Viktoria Köln, den TuS Ennepetal, SSV Hagen.
Mönchengladbach stürmte in der Saison darauf auf Rang vier, in die Champions-League-Qualifikationsrunde. Federico: „Das zeigt, was für eine Riesenqualität Gladbach hatte.“
Federico setzt auf Bochums Heimstärke gegen Mönchengladbach
Auch in dieser Saison waren die Ambitionen der Fohlen ja deutlich höhere, Rang elf für den VfL ist für Federico eine ganz starke Leistung. 24 seiner 32 Punkte holte Bochum daheim. „Die Heimstärke mit der Unterstützung der Fans ist der große Pluspunkt“, sagt der 41-Jährige. „Die Spiele des VfL sind alle sehr eng, die Tagesform ist auch entscheidend. Ein Dreier gegen Gladbach ist möglich.“
Er selbst ist oft im Stadion und noch öfter bei den Jugendspielen des VfL. Federico hat eine Agentur als Spielerberater gegründet, die FG Sports wächst kontinuierlich. Rund 30 Spieler, fast alle A- und B-Junioren, betreut, begleitet und berät der Ex-Profi von Borussia Dortmund mittlerweile – darunter sieben Bochumer Talente.
Römling, Grave und Co.: Federico betreut als Berater zahlreiche VfL-Talente
Die VfL-Jungprofis Moritz Römling (20/ausgeliehen an Türkgücü München bis zum Saisonende) und Torwart Paul Grave (20) sind schon die Ältesten. Bei der U19 betreut er Yusuf Oguz, Marlon Schmitz, Josue Santo und Leon Tasov, hinzu kommt ein B-Jugendlicher. Auch Lars Holtkamp, der mittlerweile für den Bonner SC am Ball ist, zählt zu seinen Spielern. Zudem bietet der Familienvater aus Hagen, der in Herdecke wohnt, seit Jahren ein Fußball-Feriencamp für Kinder und Jugendliche an.
So spielten sie am 25. Mai 2011: Bochum - Mönchengladbach 1:1
Tore: 1:0 Nordtveit (24., ET), 1:1 Reus (72.)
VfL Bochum: Luthe - Freier, Maltritz, Yahia, Ostrzolek - Johansson - Azaouagh (63. Federico), Dabrowski, Toski, Dedic (75. Saglik) - Aydin. Reserve: Esser (Tor), Acquistapace, Bönig, Kefkir, Korkmaz
Mönchengladbach: ter Stegen - Jantschke, Stranzl, Dante, Daems - Nordtveit, Neustädter - Reus (85. Matmour), Arango - Idrissou (68. de Camargo), Hanke (90. Brouwers)
Michael Esser ist der einzige Bochumer, der auch elf Jahre später noch beziehungsweise wieder zum festen Kader des VfL gehört. Ob der damalige wie heutige zweite Torwart am Freitag auf der Bank sitzt, ist wegen einer Corona-Infektion aber noch offen.