Bochum. Ausgerechnet der Pokal-Pechvogel trifft beim 2:1-Sieg gegen Greuther Fürth. Es war das erste Saisontor des 23-Jährigen - und ein enorm wichtiges.
Thomas Reis ballte seine Fäuste nach dem Schlusspfiff. Er sprang einmal kurz hoch, lachte. Der Trainer, ja kein Leichtgewicht, umarmte Spieler wie Danny Blum und Cristian Gamboa, klopfte ihnen kräftig auf den Rücken. Er umarmte Sebastian Schindzielorz, den Sport-Geschäftsführer, und seinen Freund Andi Pahl, den Zeugwart. „Nie mehr 2. Liga“ dröhnte es aus der Ostkurve, als die Spieler des VfL Bochum zur Welle schritten gegen 17.30 Uhr an diesem sonnigen Samstag. Ganz vorne stieß die Welle der von den Anhängern immer wieder gefeierte und geforderte Maxim Leitsch an. Auch Thomas Reis kam zu den Fans.
Ohne spielerischen Glanz, aber mit viel Willen
Bochum außer Rand und Band, 19.800 Fans zelebrierten mit ihrem VfL einen ganz großen Schritt zum Klassenerhalt, von Reis in dieser Bundesliga-Saison immer wieder als „Wunder“ bezeichnet. Bochum behauptete sich mit viel Einsatz zum Abschluss der Körner fressenden Englischen Woche nach zwei bitteren Niederlagen gegen Leipzig (0:1) und Freiburg im Pokal (1:2 nach Verlängerung) gegen Schlusslicht Greuther Fürth. Bochum setzte sich verdient mit 2:1 durch. Ohne spielerischen Glanz, aber mit viel Willen, vielen Emotionen.
Zum Beispiel bei Maxim Leitsch, der mit seinem Fehler in Minute 120 das Pokal-Aus eingeleitet hatte. Ein bitterer Moment, „der unglücklichste in meiner Karriere bisher“, sagte Leitsch hinterher erleichtert. „Ich wurde sehr gut aufgebaut von den Fans, den Mannschaftskollegen. Ich habe fast nur Positives gelesen, dadurch war es viel einfacher für mich, das zu verarbeiten.“
Leitsch trifft in bester Abstaubermanier
Und wie: Gegen Fürth zeigte der Innenverteidiger defensiv wieder eine stabile Leistung. Gegen Fürth erzielte er nach Klasse-Freistoß von Eduard Löwen in bester Goalgetter-Abstauber-Manier das 1:0. Sein erstes Saisontor, das Bochum nach zähem Beginn auf die Siegerstraße brachte gegen letztlich zu harmlose, zu passive Fürther. Was für Tage für Leitsch: „In einem so wichtigen Heimspiel das Führungstor zu machen und drei Punkte zu holen, das freut mich extrem“, sagte der 23-Jährige strahlend. „Ich wollte volle Kanne mal reinlaufen. Ich hatte eigentlich damit gar nicht gerechnet, weil der Torwart den Ball ja fast schon hatte. Dann war der Ball plötzlich vor mir, und ich habe ihn reingestochert. Das tut natürlich gut.“
Reis lobte seinen aufstrebenden Verteidiger für seine mentale Stärke: „Es war das Wichtigste, dass er wieder Stabilität zeigt, nicht überdreht, um vielleicht etwas wiedergutzumachen, denn er muss nichts wieder gutmachen. Ich bin froh, dass er sogar ein Tor erzielt hat, das tut ihm sicher gut. Jetzt darf er nur nicht abheben, aber dafür sorgt schon die Mannschaft.“
Ein Mann für die wichtigen Tore
Auch Anthony Losilla, der ihm schon am Mittwoch zuerst Trost gespendet hatte, freute sich „riesig“ für Leitsch: „Er ist so ein guter Mensch, ein wichtiger Spieler für uns. Er hat heute wieder gezeigt, was für ein toller Fußballer er ist.“
Voller Emotionen, das war ja auch Losilla selbst, der Siegtorschütze, der seinen 2:1-Treffer ausgiebig mit einem Liebesgruß an seine Familie auf der Tribüne feierte. Der bald 36-Jährige beeindruckte erneut mit einer starken Leistung im Zentrum, mit viel Kraft und Ausstrahlung. „Von mir aus“, sagte Reis hinterher auf die entsprechende Frage schmunzelnd, „kann er auch mit 40 noch so spielen.“ Er habe ja im reifen Alter dazugelernt, ist der Garant für die defensive Stabilität, „er ist ein absoluter Teamplayer und Führungsspieler“, lobte der Coach.
Und er ist der Mann der ganz wichtigen Tore. Beim Aufstiegs-Finale gegen Sandhausen erzielte er das erlösende 2:1, beim Hinspiel in Fürth das bedeutende 1:0. Jetzt legte er seinen zweiten Saisontreffer nach. Das 2:1 erzielte er nach einer Ecke mit links in Minute 71, nachdem Fürth wie aus dem Nichts ausgeglichen hatte, als Armel Bella Kotchap eine Direktabnahme von Branimir Hrgota unhaltbar ins eigene Tor lenkte. „Das Wichtigste an dem Tor war, dass es uns zum Sieg gebracht hat“, sagte Losilla. Und war mächtig stolz aufs Team: „Dass wir die Woche nach den zwei frustrierenden Erlebnissen mit einem positiven Ergebnis beenden, ist einfach überragend. Es war bestimmt nicht unser bestes Spiel spielerisch, aber wir haben immer wieder alles investiert und wurden belohnt.“
Schon neun Punkte Vorsprung auf den Relegationsrang
So sah es auch der Trainer. „Fußballerisch war es sicher nicht unser bestes Spiel. Spiele gegen Fürth sind aber immer eng, zwei Tore nach Standards waren entscheidend“, meinte Thomas Reis. „Kompliment an die Mannschaft, wie sie gekämpft hat. Mit der Art und Weise bin ich absolut einverstanden“, so der Coach, der noch ein Sonderlob parat hatte: „Mein Riesenkompliment geht an die Zuschauer, sie haben uns nach vorne gepeitscht, hatten ein tolles Gespür dafür, dass die letzten Spiele Kraft gekostet haben. Das war absolut wichtig heute, dass wir gemeinsam an unserem Ziel arbeiten. Das war sehr beeindruckend.“
Während Fürth so gut wie abgestiegen ist, hat Bochum nun schon neun Punkte Vorsprung auf Relegationsrang 16 (Hertha BSC). Und: Bochum ist absolut stabil. Seit dem Rückrunden-Start mit dem 1:0 gegen Wolfsburg liegt der VfL konstant auf Tabellenplatz elf. „Wir haben einen Riesenschritt gemacht, aber 32 Punkte werden nicht reichen“, hielt Reis neun Spiele vor Schluss den Ball flach. „Es ist schwer, eine Prognose abzugeben. Aber ich denke, dass wir noch sechs bis acht Punkte brauchen werden.“
Weiter geht es am kommenden Sonntag in Frankfurt (17.30 Uhr). Zunächst aber, so Reis, „können wir den Sieg genießen. Ich habe den Jungs jetzt mal zwei Tage freigegeben.“