Bochum. Gegen Hoffenheim wechselte Bochums Trainer Reis den Sieg ein. In der Abwehr wechselt er fast nie - und selten vor Minute 70. Ein Wechsel-Blick.

Es lief die 64. Minute, als Trainer Thomas Reis im denkwürdigen Bundesliga-Spiel des VfL Bochum den Sieg einwechselte gegen die TSG Hoffenheim. Soma Novothny und Milos Pantovic kamen. Novothny köpfte vier Minuten später nach einer Flanke von Pantovic das 1:0. Pantovic gelang aus rund 60 Metern das 2:0-Kunststück in der Nachspielzeit der Nachspielzeit.

Zwei Tore von zwei Eingewechselten gab es beim VfL zuletzt 2003/04, beim 3:1-Sieg in Leverkusen, als Martin Meichelbeck und Mamadou Diabang erfolgreich waren.

Dass Qualität auf der Bank, die Spiele dann noch entscheiden können, auch für den Kampf um den Klassenerhalt wichtig ist, hat Thomas Reis schon häufiger betont und diese Sicht natürlich auch nicht exklusiv. Zuletzt, sagt der Coach, nahm diese Qualität deutlich zu.

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Nicht immer klappt das so perfekt wie gegen Hoffenheim – und manchmal glückt auch dem Gegner der doppelte Joker-Wechsel. Ein Blick auf die Wechsel-Statistik der ersten elf Saisonspiele.

44 Mal hat Trainer Reis bisher gewechselt in elf Partien

44 Mal brachte Thomas Reis frische Kräfte von der Bank. Erlaubt sind weiterhin fünf Wechsel pro Spiel, eine Regeländerung im Zuge der Corona-Pandemie, die bisher beibehalten wurde. 55 Wechsel wären also maximal möglich gewesen. Zweimal schöpfte Reis sein Kontingent voll aus: In Leipzig, als es bereits 0:2 stand, und in Mönchengladbach. Nur drei Mal wechselte Reis in Köln (1:2) und Wolfsburg (0:1). Ansonsten, also in sechs Partien, wechselte er jeweils vier Spieler ein und aus.

Nur vier Wechsel in oder nach den ersten 45 Minuten

3 Mal wechselte Reis bereits zur zweiten Halbzeit (46.): In Mönchengladbach kamen Konstantinos Stafylidis und Danny Blum für die an diesem Tag formschwachen Cristian Gamboa und Gerrit Holtmann, in Wolfsburg kam Milos Pantovic für Takuma Asano. Einmal, zuletzt gegen Hoffenheim, kam ein Spieler bereits in der ersten Halbzeit in die Partie, als Holtmann den verletzten Blum ersetzte.

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Ansonsten gab es Wechsel frühestens ab Minute 57 (allein drei beim 0:7 in Bayern) und meistens erst ab Minute 70, nämlich 32. Anders gesagt: Zwölf Wechsel nahm Reis in den ersten 70 Minuten vor. Teils auch, weil Spieler angeschlagen oder verletzt waren wie Cristian Gamboa beim Spiel gegen Mainz (60.).

Torwart, Innenverteidiger, Linksverteidiger spielen (fast) komplett durch

1 Mal wechselte der Trainer einen Innenverteidiger aus: Armel Bella-Kotchap beim Spiel gegen Hertha (78./Endstand 1:3), als dieser einen Krampf und ohnehin keinen guten Tag hatte. Ansonsten spielten die Innenverteidiger stets über die komplette Distanz durch – ebenso wie Linksverteidiger Danilo Soares und Torwart Manuel Riemann. „Wenn die defensive Zentrale funktioniert, bringe ich sie ungern durcheinander“, sagt Reis. Was - auch für die Zukunft - nicht heißen soll, dass Startelf-Verteidiger eine 90-Minuten-Garantie haben.

In der Viererkette häufig ausgewechselt wurde der rechte Außenverteidiger: mal Cristian Gamboa, mal Konstantinos Stafylidis, einmal Herbert Bockhorn. Oft, weil nach längeren Verletzungspausen die Kräfte schwanden. Mal, weil sie einen schwachen Tag hatten oder (Gamboa) verletzt ausfielen.

Spielte bisher immer über die komplette Distanz in der Bundesliga: Linksverteidiger Danilo Soares.
Spielte bisher immer über die komplette Distanz in der Bundesliga: Linksverteidiger Danilo Soares. © WAZ FotoPool | Udo Kreikenbohm

Nur Bella-Kotchap wird schonmal ausgewechselt

Auffallend: In den beiden Pokalspielen in Wuppertal und gegen Augsburg musste ebenfalls Armel Bella-Kotchap als bisher einziger Innenverteidiger vorzeitig vom Feld. In Wuppertal zur Pause, gegen Augsburg nach 99 Minuten. In zwei Fällen übernahm Vasilios Lampropoulos, derzeit mit Erhan Masovic das Stamm-Verteidiger-Duo, Bella-Kotchaps Job, einmal durfte Saulo Decarli bei seinem einzigen Saisoneinsatz ran (gegen Hertha/82.).

Fast alle Wechsel also gab es im Mittelfeld und im Angriff. Auch eine Frage der Spielweise, sagt Reis. Die Offensivkräfte sollen früh anlaufen, viele Sprints hinlegen, Bälle energisch erobern und zurückerobern, das zehrt an den Kräften. „Wenn ich dann Dynamik von der Bank bringen kann, ist der Mannschaft sehr geholfen“, so der Trainer. Zuletzt war das eine Stärke des VfL, wie auch Anthony Losilla meinte: „Die Einwechselspieler bringen uns nach vorne.“

In Leverkusen fehlen wichtige Offensivkräfte

In Leverkusen, beim nächsten Bundesliga-Spiel am Samstag (15.30 Uhr), fallen mit Gerrit Holtmann und Danny Blum allerdings zwei schnelle Flügelstürmer aus. Takuma Asano wird erst am Donnerstag zurückerwartet von seiner Länderspielreise mit Japan. Alternativen sind Christopher Antwi-Adjei und, nach langer Verletzungspause wohl „nur“ als Joker, Herbert Bockhorn. Auch Milos Pantovic könnte auf den Flügel ausweichen, auch wenn er als Achter zuletzt stärker war.

Danny Blum erzielt das erste von drei Jokertoren

3 Tore von insgesamt 10 VfL-Saisontreffern bisher erzielten eingewechselte Spieler des VfL: Neben den erwähnten Pantovic und Novothny zuletzt traf auch Danny Blum im Spiel zuvor in Mönchengladbach. Blum war in Gladbach eingewechselt worden nach der Pause, blieb lange unauffällig, ehe er einen Freistoß in den Winkel zirkelte.

Erstes Jokertor des VfL in dieser Saison: Danny Blum (links) nach dem 1:2 in Mönchengladbach mit Elvis Rexhbecaj.
Erstes Jokertor des VfL in dieser Saison: Danny Blum (links) nach dem 1:2 in Mönchengladbach mit Elvis Rexhbecaj. © Ralf Ibing / firo Sportphoto | Ralf Ibing

Eine Torvorlage glückte bisher vier eingewechselten Spielern: Christopher Antwi-Adjei in Köln (Torschütze: Simon Zoller zum 1:2), Konstantinos Stafylidis gegen Frankfurt (Sebastian Polter zum 2:0) sowie Pantovic und Holtmann beim 2:0 gegen Hoffenheim (Novothny/Pantovic).

Der spektakuläre Wechsel im DFB-Pokal

Vermutlich auf Jahre in Erinnerung bleibt den meisten freilich ein anderer Volltreffer nach einem Wechsel, der statistisch so nicht auftaucht: Torwart Manuel Riemann ersetzte im Pokalfight gegen Augsburg beim Stand von 2:2 in Minute 118 Michael Esser. Ein Wagnis, das gut ging. Riemann verwandelte im Elfmeterschießen den fünften und entscheidenden Elfmeter zum 7:6.

Zuletzt brachten die Eingewechselten häufiger frischen Schwung als zu Saisonbeginn

Frischen Schwung in die Partie brachten, auch ohne zählbaren Tor- oder Torvorlagen-Erfolg, auch einige andere Joker, vor allem in der erfolgreichen Phase ab Mitte Oktober. Mit Christopher Antwi-Adjei und Milos Pantovic hatten zwei weitere Spieler, die von der Bank kamen, einen Treffer in Mönchengladbach auf dem Fuß. Holtmann entlastete mit seinem Tempo gegen Frankfurt (für den entkräfteten 1:0-Torschützen Blum). Blum und vor allem Asano prägten in Fürth die Partie mit: Die letzte halbe Stunde gehörte beim wichtigen 1:0-Sieg beim Aufsteiger auch deshalb dem VfL.

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In anderen Partien wie in Köln (1:2), Leipzig (0:3), gegen Stuttgart (0:0) oder, nun ja, beim aussichtslosen 0:7 in München verpufften die Wechsel ohne große Wirkung in die eine oder andere Richtung.

Auch Leipzigs und Kölns Joker stechen prompt

2 Mal durfte sich der gegnerische Trainer als Wechselmeister feiern lassen. In Köln erzielten die Joker Louis Schaub und Tim Lemperle die späten Treffer zum 2:0, ehe Simon Zoller noch verkürzte. In Leipzig benötigten Dominik Szoboszlai und Andre Silva nicht lange für den VfL-Knock-Out. Silva köpfte eine Minute nach dem Doppelwechsel nach Ecke Szoboszlais das 1:0 und bereitete kurz darauf das 2:0 von Christopher Nkunku vor. Endstand: 3:0

Stafylidis und Antwi-Adjei sind die Einwechselkönige

5 Mal eingewechselt wurden bisher Allrounder Konstantinos Stafylidis (Startelf: dreimal) und Flügelstürmer Christopher Antwi-Adjei (Startelf: dreimal). Gefolgt von Milos Pantovic (4/4). Drei Spieler, die in Leverkusen auch zur Startelf zählen könnten.