Bochum. Der VfL Bochum muss gegen Hertha BSC eine empfindliche 1:3-Heimniederlage hinnehmen. Samstag geht es zu den Bayern. Trainer Reis bleibt gelassen.

Pal Dardai geriet nach dem Sieg in einen Redefluss. Beruhigt und zugleich euphorisiert beschrieb der Hertha-Trainer im DAZN-Interview die Taktik seiner Mannschaft und ließ seine Gedanken schweifen: „Wenn einer denkt, sie werden Wunder-Fußball in einem Stadion spielen, wo zehn Jahre keine Bundesliga gespielt wurde, dann kennt er Fußball nicht.“ Deshalb sei er stolz auf seine Mannschaft. Was folgte, war eine verwirrende Aufzählung taktischer Optionen und zum Schluss ein breites Lächeln.

Hertha BSC setzt auf Investor Lars Windhorst

Die Stimmung dürfte auf der Rückreise nach Berlin ein Hoch erleben. Schließlich erwarten sie Wunder von diesem einst großen Klub: Mit den Millionen von Investor Lars Windhorst soll der Bundesliga-Klub in einigen Jahren Champions League spielen, wie der Unternehmer im SZ-Interview unterstrich. Dass diese Wunder aber im Fußball selten vorkommen, müssen die Macher gerade erfahren. Der Saisonstart verlief erfolglos, das 3:1 beim Aufsteiger VfL Bochum war der erste Saisonsieg.

Von Wundern träumen sie beim VfL Bochum nicht mehr. Sie haben bereits eins vollbracht. Der Aufstieg nach elf Jahren zweite Liga küsste die Stadt wach. Trotz der Corona-Beklemmung herrscht in Bochum Aufbruchstimmung. Zur Begegnung der Gegensätze kamen am Sonntagabend 13.800 Zuschauer. Und die sahen, warum ein „Middle City Club“ immer noch einen „Big City Club“ schlagen kann.

Anders als sein Trainerkollege war Trainer Thomas Reis nicht mehr als sonst zum Reden zumute. Aber auch nicht weniger. Die Szene vor dem 0:2, als Innenverteidiger Vasilios Lampropoulos im Strafraum gehalten wurde, ließ den VfL-Coach nicht los. „Sehr erzürnt“ sei er deswegen. Was man auch nach dem Abpfiff zu sehen bekam, als er das Gespräch mit Schiedsrichter Robert Schröder suchte. Doch die vermeintliche Ungerechtigkeit war nicht das, was Reis aus dem Spiel mitnimmt. „Was ich auf jeden Fall mitnehme, ist die Leidenschaft, die Intensität, die meine Mannschaft gezeigt hat.“ Nun gehe es daran, die Fehler zu beheben. „Wenn wir alles verbessern und die Intensität beibehalten, ist mir auch nicht bange, dass wir die nötigen Punkte einfahren.“

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Nach vier Spielen wäre es auch zu früh, um in angst und bange zu verfallen. Die Auswärtsspiele in Wolfsburg und Köln, sowie das Kampfspiel gegen Hertha BSC zeigten zwar, dass der VfL für sein Ziel Klassenerhalt an seiner Effektivität arbeiten muss. Der Hertha reichten 4 Torschüsse und 35 Prozent Ballbesitz für den Sieg. Die Einstellung fehlt dem Klub, vor allem vor den eigenen Fans, allerdings nicht. Vor allem in Hälfte zwei, als die Berliner die eigene Hälfte nur noch für das 3:1 durch Myziane Maolida verließen.

In Berlin wurde über die Einstellung zuletzt öffentlich diskutiert. Nach dem 0:5 gegen die Bayern, Bochums nächstem Gegner, bot Pal Dardai indirekt seinen Rücktritt an. „Wahrscheinlich sucht Hertha BSC seit langem einen großen Trainer. Pal ist ein kleiner Trainer, ein netter Trainer, er hilft aus so lange wie es sein soll“, sagte Pal Dardai über Pal Dardai. Am Sonntag wollte er darüber nicht mehr sprechen. „Ich lese keine Zeitung“, sagte er auf die Aussage und die nachfolgende Kritik seiner Vorgesetzten angesprochen. „Wenn sie eine fußballerische Frage haben, kann ich sie beantworten.“

VfL-Trainer Thomas Reis: "Geld ist nicht alles"

Die Millionen-Metropole Berlin ist außergewöhnlich, da passieren leicht außergewöhnliche Dinge. Es werden aber auch außergewöhnliche Dinge gefordert. Das Windhorst-Geld, rund 375 Millionen Euro, soll schnellstmöglich in Erfolg umgemünzt werden. Dabei soll auch Rückkehrer Kevin-Prince Boateng helfen, der gegen Bochum eingewechselt wurde. Und der Ex-Schalker Suat Serdar, der einen Doppelpack erzielte.

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Geld, das Bochum nicht hat. Und nicht unbedingt braucht, findet Reis. „Geld ist nicht alles, aber es hilft“, sagte der VfL-Trainer vor dem Spiel. Der VfL habe das beste aus seinen Möglichkeiten gemacht. Gegen die Hertha gaben zwei Leihspieler ihr Startelf-Debüt: Eduard Löwen und Konstantinos Stafylidis. Eine schon bekannte Säule, Torjäger Simon Zoller, sorgte für den Anschluss. Manchmal, Reis gesagt, „schlägt Mentalität auch Qualität“. Am Sonntag war das nicht der Fall. Kommenden Samstag beim Rekordmeister Bayern München dürften die Chancen noch geringer sein. Aber Wunder gibt es immer wieder.