Bochum. Sebastian Schindzielorz, Sport-Geschäftsführer des VfL Bochum, spricht im Interview über Gehaltsvorstellungen, begehrte Spieler, Kaderplanung.
Die Vorbereitungen auf die erste Bundesliga-Saison des VfL Bochum nach elf Jahren in der 2. Liga laufen Hochtouren, einen Urlaub hat Sebastian Schindzielorz in diesem Sommer nicht geplant. Der Sport-Geschäftsführer äußert sich im Interview mit dieser Redaktion zur Kaderplanung, die sportliche Ausrichtung, das Profil von Zugängen, die Ziele, das begehrte Innenverteidiger-Duo und was er sich von allen Bochumern erhofft.
Vor vier Wochen ist der VfL aufgestiegen. Ist das von Ihrem Gefühl lange her oder gerade erst passiert?
Sebastian Schindzielorz: Ich hatte noch gar keine Zeit, mich mit diesem wunderbaren Erfolg richtig auseinanderzusetzen. Die Arbeit ging seitdem permanent weiter. Wir haben schon vieles angestoßen und umgesetzt, etwa beim Kader, beim Trainerteam. Aber es gibt noch viele Aufgaben, die wir bewältigen müssen. In zehn Tagen ist bereits Trainingsauftakt…
Dann wird der Kader aber sicher nicht komplett sein…
Schindzielorz: 27 Spieler stehen unter Vertrag, die das Training bei uns aufnehmen werden. Stand jetzt. Es ist eine dynamische Entwicklung, es kann immer schnell etwas passieren in der einen oder der anderen Richtung. Derzeit ist vor allem bei den Zweitligisten viel Bewegung auf dem Markt. Bei vielen Bundesligisten spielt auch die EM eine Rolle, die Saison geht zwei Wochen später los. Natürlich wollen wir den Stamm so früh wie möglich zusammen haben, aber auch noch eine gewisse Flexibilität behalten. Das Transferfenster ist bis zum 31. August geöffnet.
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Mit diesen Argumenten will der VfL Bochum starke Spieler locken
Spieler, die sofort weiterhelfen können, haben ihren Preis. Hat der VfL überhaupt eine Chance auf gestandene Bundesliga-Spieler?
Schindzielorz: Es ist kein Wunschkonzert, wir haben kein Geld für Ablösesummen. Leihen sind auch eine Option. Wir müssen immer sehen, was finanziell machbar ist, unser Etat ist mit 22 bis 23 Millionen Euro im Ligavergleich knapp bemessen. Aber das ist nichts Neues, wir hatten auch in der 2. Liga einen deutlich geringeren Etat als etwa der Hamburger SV oder Fortuna Düsseldorf. Wir müssen weiterhin kreativ denken und handeln. Es ist aber auch nicht so, dass die Spieler beim VfL Bochum nicht marktüblich bezahlt würden. Im Vergleich zu den meisten anderen Bundesligisten müssen wir die Spieler allerdings mit anderen Argumenten überzeugen als mit dem Gehalt.
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Zum Beispiel?
Schindzielorz: Die Bundesliga ist ein starkes Argument, jeder kann sich bei uns auf höchstem Niveau präsentieren. Der VfL ist ein Verein mit Tradition, wir haben tolle Fans, die eine unheimliche Sehnsucht nach der Bundesliga haben. In unserem Vonovia Ruhrstadion herrscht ein besonderes Flair des traditionellen Fußballs. Und wie wir uns als Mannschaft fußballerisch präsentiert haben in den letzten Monaten, das macht den VfL attraktiv. Jetzt wollen wir das Erreichte aber nicht nur verteidigen, sondern uns ständig weiterentwickeln und in der Bundesliga etablieren – Hand in Hand mit den Bochumern, mit der Stadt, die auch im Auf- und Umbruch steckt.
Der Stamm der Aufstiegssaison soll zusammen bleiben
Drohen denn nach Robert Zulj noch Abgänge vom Stamm der Aufstiegssaison?
Schindzielorz: Robert hat seine im Vertrag verankerte Klausel gezogen, das war sein gutes Recht, auch wenn wir seine Entscheidung bedauern. Die Mannschaft hat es in den letzten 15 Monaten richtig gut gemacht. Sie war eine verschworene Einheit, hat guten Fußball gespielt und gute Ergebnisse erzielt, gekrönt mit dem Aufstieg. Die Jungs haben sich Vertrauen erarbeitet und verdient. Aber die Bundesliga wird für den VfL Bochum eine große Herausforderung. Um zu bestehen, muss es auch Anpassungen und Veränderungen geben.
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Insbesondere im Mittelfeldzentrum ist Bedarf. Ist Eduard Löwen von Hertha BSC ein Kandidat?
Schindzielorz: Ich beteilige mich nicht an Spekulationen. Wenn es etwas zu vermelden gibt, vermelden wir es. Natürlich haben wir intern eine Prioritätenliste erstellt, und es ist kein Geheimnis, dass wir im zentralen Mittelfeld noch aktiv werden wollen. Aber wir schauen uns auf allen Positionen genau um.
In der Bundesliga wird ein defensiverer Ansatz gefordert sein
Mit Patrick Osterhage vom BVB II und Christopher Antwi-Adjei vom SC Paderborn hat der VfL bisher zwei Neuzugänge verpflichtet. Was müssen weitere Kandidaten mitbringen – Tempo und noch mehr Tempo?
Schindzielorz: Wir haben für jede Position ein klares Profil. Tempo ist für unsere Spielidee wichtig. Wir haben Danny Blum, Christopher Antwi-Adjei oder Gerrit Holtmann nicht zufällig im Team. Wir haben mit Gerrit Holtmann, Maxim Leitsch, Cristian Gamboa, Silvere Ganvoula, Christopher Antwi-Adjei fünf Spieler, die mit ihrer Geschwindigkeit zu den Top 20 in der vergangenen Zweitliga-Saison zählten. Holtmann war ligaübergreifend sogar der schnellste Spieler mit 36,43 km/h. Und Simon Zoller hat die meisten Sprints aller Zweitliga-Spieler hingelegt. In der Bundesliga müssen wir unsere Spielidee sicher auch der hohen Qualität der Gegner anpassen, ohne unsere Prinzipien komplett über Bord zu werfen. In der 2. Liga haben wir 21 Siege geholt, das Spiel oft dominiert, viele Tore erzielt. Wir wollen weiter attraktiven Fußball spielen. Aber wir werden in viele Spiele als Underdog gehen. In der Bundesliga wird auch ein defensiver Ansatz gefordert sein. Um erfolgreich zu sein, brauchen wir zum einen Stabilität und ein gutes Positionsspiel, zum anderen Dynamik, Tiefe, Geschwindigkeit. Weitere Neuzugänge bringen zudem idealerweise Bundesliga-Erfahrung mit und müssen zwingend den Willen haben, sich weiterzuentwickeln.
Auch Abgänge dürfte es noch geben. Zum Teil gewollt, um Luft im Kader zu schaffen. Zum Teil vielleicht auch nicht. Gibt es denn konkrete Anfragen für das so genannte Tafelsilber, etwa für die jungen Armel Bella Kotchap und Maxim Leitsch?
Schindzielorz: Derzeit gibt es nichts, was wir kurzfristig entscheiden müssten. Bei Maxim läuft der Vertrag in einem Jahr aus. Natürlich wollen wir gerne, dass er länger bei uns bleibt. Wir sind ständig in Gesprächen, aber nicht nur mit Maxim. Er ist ein Paradebeispiel für die gute Entwicklung, die die Jungs in unserem Talentwerk nehmen können, auch Armel stammt ja aus unserer Jugend. Sie waren in der Vorsaison in der 2. Liga ein herausragendes Duo in der Innenverteidigung. Jetzt können sie bei uns den nächsten Schritt gehen und sich in der Bundesliga beweisen. Wir planen in der kommenden Saison mit Armel und Maxim.
Schindzielorz appelliert an die Gemeinschaft auch nach Rückschlägen
Wie will der VfL das Ziel Klassenerhalt erreichen?
Schindzielorz: Jedem, ob Spieler, Mitarbeiter, Sponsoren, Fans, ist klar, was auf uns zukommt. Wir wollen mit einem gewissen Stolz, mit Mut bestehen und länger in der 1. Liga bleiben als nur ein Jahr. Unser Ansatz ist die Gemeinschaft, und die Herausforderung Bundesliga ist die absolute Nagelprobe dafür. Es wird entscheidend sein, dass wir alle zusammenhalten, nicht nur die Spieler auf dem Platz. Auch wenn es Rückschläge gibt, mit denen man rechnen muss. Auch wenn die Ergebnisse mal nicht so stimmen. Wenn wir dann auch eine Einheit bleiben, haben wir eine gute Chance. Ich bin optimistisch, dass wir es gemeinsam schaffen.
Worauf freuen Sie sich besonders in der Bundesliga?
Schindzielorz: Jeder träumt davon, auf dem höchsten Niveau arbeiten zu dürfen. Dieses Ziel haben wir erreicht. Ich freue mich auf jedes einzelne Spiel – hoffentlich vor vielen Fans, hoffentlich in einem oft ausverkauften Vonovia Ruhrstadion.