Bochum. Trainer Thomas Reis spricht im WAZ-Talk über die Erfolge des VfL Bochum. Der 47-Jährige machte aus einem Abstiegs- einen Aufstiegskandidaten.

Nicht immer finden Thomas Reis (47) und seine Spieler einen gemeinsamen Nenner. Die Musikauswahl der Profis des Fußball-Zweitligisten VfL Bochum vor den Spielen entspricht zum Beispiel nur selten den Vorstellungen des Trainers. „Ich war schon immer eher ein Heavy-Metal-Fan. Früher hätte ich Probleme gehabt, mit der Musik der Jungs aufzulaufen“, sagt Reis im digitalen Talk „WAZ Live anne Castroper“ mit einem Schmunzeln im Gesicht.

Rund 40 Minuten stellte sich der Bochumer Trainer am Mittwoch den Fragen von Moderator Christopher Kremer, WAZ-Reporter Ralf Ritter und zahlreicher VfL-Fans. Reis ist ein gefragter Gesprächspartner. Mit seiner Mannschaft führt er acht Spieltage vor dem Saisonende die Tabelle in der 2. Bundesliga an. Nach elf Jahren Zweitklassigkeit klopft der VfL Bochum an die Tür zur Bundesliga. Einen großen Anteil daran hat der Trainer.

VfL Bochum: Thomas Reis’ Vorgänger Dutt verlor die Kabine

Thomas Reis (l.) spricht mit Christopher Kremer (oben re.) und Ralf Ritter (unten re.)
Thomas Reis (l.) spricht mit Christopher Kremer (oben re.) und Ralf Ritter (unten re.) © WAZ | WAZ

Als Reis die Mannschaft am 6. September 2019 übernahm, war die Musik das geringste Problem an der Castroper Straße. Der VfL, als Aufstiegskandidat gestartet, war nach fünf Spieltagen Vorletzter. Reis fand eine Gruppe talentierter Individualisten vor, die sich nicht als Mannschaft präsentierte. Seinem Vorgänger Robin Dutt wurde vorgeworfen, die Kabine verloren zu haben. Die Spieler folgten ihm nicht mehr.

Reis wurde anfangs nicht zugetraut, den Verein aus dieser Notlage zu befreien. Bochum war seine erste Station als Cheftrainer im Profibereich. Doch der neue Mann nutzte seine Chance. „Ich konnte meinen Traum verwirklichen“, betont der in Wertheim in Baden-Württemberg geborene Ex-Profi.

Thomas Reis leitet die Wende beim VfL Bochum ein

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Bochums Sportvorstand Sebastian Schindzielorz setzte auf den blau-weißen Stallgeruch seines neuen Trainers. 17 Jahre war Reis als Spieler und Trainer für den VfL aktiv, ehe er nach drei Jahren bei der U19 des VfL Wolfsburg in seine zweite Heimat zurückkehrte. Reis zahlte das Vertrauen zurück. Die endgültige Wende wurde im Frühjahr nach der Corona-bedingten Unterbrechung eingeleitet. Bochum war die beste Mannschaft nach dem Neustart und beendete die Saison auf dem achten Platz.

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Den Schwung nahm der VfL in die neue Spielzeit mit. Nun darf der Verein vom ersten Aufstieg seit über einem Jahrzehnt träumen. Die nervenaufreibende vergangene Saison sei laut Reis ein wichtiger Lerneffekt gewesen. „Das war eine große mentale Belastung, es ging um die Existenz. Wir haben es überstanden, diese Erfahrung hat geholfen.“

Unter seiner Führung präsentiert sich der VfL als Einheit. „Stinkstiefel“ habe er nicht im Kader, findet Reis. Sein Erfolgsrezept: Viele Einzelgespräche und ein demokratischer Führungsstil. „Die Mannschaft soll viel selbst regeln“, sagt Reis. „Wir haben einen Mannschaftsrat, der das Sprachrohr der Mannschaft ist und gewisse Dinge klären soll. Wenn es mal nicht klappt, treffe ich die harten Entscheidungen.“

VfL Bochum: Zeichen bei Spielmacher Robert Zulj gesetzt

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Eine solche traf Reis in der Hinrunde vor dem Spitzenspiel gegen die Spielvereinigung Greuther Fürth. Ausgerechnet in dieser wichtigen Partie verzichtete er auf seinen überragenden Spielmacher Robert Zulj, weil dieser beim Training nicht die richtige Einstellung an den Tag legte. Bochum verlor das Spiel mit 0:2. Für den weiteren Saisonverlauf war das Zeichen, das Reis damals an die Mannschaft richtete, aber deutlich wertvoller. Selbst der wohl talentierteste Spieler muss sich stets in den Dienst des Teams stellen.

Erfolgsgarant am Seitenrand: Seitdem Thomas Reis als Cheftrainer für den VfL Bochum arbeitet, geht es mit dem Klub aufwärts.
Erfolgsgarant am Seitenrand: Seitdem Thomas Reis als Cheftrainer für den VfL Bochum arbeitet, geht es mit dem Klub aufwärts. © Getty Images | Matthias Kern

Acht Spiele trennen Reis und den VfL nach der Länderspielpause noch vom großen Ziel Bundesliga-Aufstieg. Das Selbstvertrauen ist nach dem jüngsten 3:0-Erfolg bei Fortuna Düsseldorf groß. „Wir können uns nur selbst stoppen“, unterstreicht Reis. Damit meint er auch die Herausforderungen in der Corona-Zeit. Der nächste Gegner und Aufstiegskonkurrent Holstein Kiel hatte zuletzt mehrere Fälle zu beklagen. „Wir müssen bis zum Schluss hoffen, dass die Tests negativ bleiben“, sagt er.

Lieber BVB oder Schalke als Gegner? Das sagt Thomas Reis

Mit dem Aufstieg wolle sich Reis „einen weiteren Traum verwirklichen.“ Das VfL-Urgestein weiß, wie wichtig ein solcher Erfolg für den Klub und die Stadt Bochum wäre. Auf die Frage, ob er sich in der kommenden Saison lieber Borussia Dortmund oder den designierten Zweitligisten Schalke 04 als Gegner wünschen würde, lieferte er die beste Antwort: „Den BVB in der Meisterschaft und Schalke im Pokal.“