Düsseldorf. Am Montagabend treffen zwei Ex-Vereine von Friedhelm Funkel aufeinander: Fortuna Düsseldorf und der VfL Bochum. Warum der VfL gute Chancen hat.
Friedhelm Funkel ist unterwegs. Natürlich. Der 67-Jährige ist zwar offiziell im Trainer-Ruhestand. Aber aufgrund seiner Erfahrung im deutschen Fußball ist er ein gefragter Gesprächspartner. Ganz besonders, wenn zwei seiner Ex-Klubs aufeinandertreffen. An diesem Montag (20.30 Uhr/Sky) empfängt Fortuna Düsseldorf den VfL Bochum. Für die Düsseldorfer wohl die letzte Chance, im Aufstiegsrennen der Zweiten Liga mitzumischen, für die Bochumer die nächste, dem Sprung ins Oberhaus näher zu kommen. Im Interview spricht Friedhelm Funkel über die besondere Qualität des VfL und die Machtverhältnisse im Revier.
Herr Funkel, Sie wissen so gut wie sonst niemand, wie man in die Erste Liga aufsteigt. Sechsmal ist Ihnen das als Trainer gelungen, zuletzt mit Fortuna Düsseldorf. Was braucht man für den Aufstieg?
Friedhelm Funkel: Genau das, was der VfL im Moment verkörpert: Ruhe in den Gremien, einen guten und doch temperamentvollen Trainer, ein gutes Trainerteam. Peter Greiber kenne ich ja noch, er ist einer der besten Torwarttrainer, die ich gehabt habe, auch als Mensch. Und eine gute Mischung innerhalb der Mannschaft aus erfahrenen und jungen Spielern. Genau das brauchst du, um aufzusteigen.
Sie kratzten mit Bochum 2011 am Wiederaufstieg, scheiterten in der Relegation an Gladbach. Erkennen Sie Parallelen zur aktuellen Mannschaft?
Die Beständigkeit. Ab dem siebten oder achten Spieltag haben wir damals die Beständigkeit gezeigt, die man braucht, um unter die ersten Drei zu kommen. Wir sind nicht gut gestartet, wir hatten eine Mannschaft, die nach dem Abstieg in sich zerstritten war. Wir hatten erfahrene Leute mit Christoph Dabrowski, Anthar Yahia, Marcel Maltritz, Paul Freier, und wir hatten auch ein paar junge Spieler dabei. Auch da stimmte damals die Mischung. Das kann man vergleichen: Der VfL hat Robert Tesche, Anthony Losilla, Manuel Riemann im Tor und dazu junge Spieler. Das stimmt mich sehr optimistisch.
Friedhelm Funkel: "Dann wäre der VfL Bochum noch effektiver"
Nach einem Fehlstart in der darauffolgenden Saison endete ihr Engagement. Nach Ihnen ist unter anderem Thomas Reis Co-Trainer geworden.
Ich habe ihn kennengelernt, aber nicht mehr als Trainer. Thomas ist ein impulsiver Trainer, der Leidenschaft zeigt, der mitgeht. Das hat man jetzt gerade nach dem Hamburg-Spiel gesehen bei der Aktion mit Danilo Soares. Trotzdem strahlt er Ruhe aus. Er macht das gut – ich hoffe, dass er dafür belohnt wird, wie der gesamte VfL.
Die Ruhe in Bochum ist auffällig. Aufgrund der Corona-Pandemie sind keine Fans im Stadion. Kann das damit zusammenhängen?
Ruhe im Umfeld tut immer gut. Aber ich glaube, dass man auf den Zuschauerrängen gerne mehr Lautstärke hätte. Dann wäre der VfL noch effektiver. Das Publikum in Bochum hat immer geholfen, Spiele zu gewinnen. Mit den Zuschauern hätten sie das eine oder andere Heimspiel mehr gewonnen. Sie können eine Mannschaft pushen, gerade in dem kleinen, schönen Stadion macht das schon was aus.
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Sie haben die Beständigkeit angesprochen. Fortuna Düsseldorf scheint in dieser Saison das Gegenteil zu verkörpern. Die Spieler glauben noch an den Aufstieg. Trauen Sie das der Mannschaft zu?
Natürlich. Voraussetzung ist, sie gewinnen gegen Bochum. Dann kann die Fortuna noch mal oben heranrücken. Für Düsseldorf spricht die Heimstärke, sie haben erst ein Spiel zu Hause verloren. Die Qualität ist sehr gut, aber sie haben sie nicht dauerhaft auf den Platz bringen können wie der VfL. Das ist schade, weil ich zur Fortuna immer noch eine besondere Beziehung habe.
War es ein Fehler, den Wiederaufstieg als Ziel auszugeben?
Nein, das war absolut richtig. Düsseldorf hat eine Mannschaft, die eigentlich aufsteigen muss. Sie haben so viele erfahrene Spieler dabei, die auch schon in der Bundesliga gespielt haben. Mit einigen bin ich noch aufgestiegen, sie kennen das. Deswegen ist es schade, dass sie nicht die Konstanz an den Tag gelegt haben.
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Im Revier deuten sich große Verschiebungen an: Schalke droht der Abstieg, ihr Ex-Verein MSV Duisburg kämpft um den Klassenerhalt in der Dritten Liga, während Rot-Weiss Essen vom Aufstieg träumt. Erwarten Sie, dass sich die Machtverhältnisse verschieben?
Das kann ich mir nicht vorstellen. Borussia Dortmund ist unumstritten. Der VfL ist ein toller Verein, ich glaube nicht, dass er kurzfristig Schalke 04 überflügeln wird. Schalke wird absteigen, da braucht man nicht drumherum zu reden. Dann kommt es darauf an, wie schnell sie wieder aufsteigen. Aber der VfL tut gut daran, bescheiden zu bleiben und sich nicht mit Schalke zu vergleichen. Der VfL ist groß genug, er hat seine Nische immer gefunden, und er wird sie immer finden. Der MSV Duisburg muss sich erstmal stabilisieren, und Rot-Weiss Essen ist weit davon entfernt, an Machtverhältnissen zu rütteln.
Sie haben gerade gesagt, der VfL habe seine Nische gefunden. Wie meinen Sie das?
Schalke und Dortmund sind nicht so weit weg. Trotzdem: Sich so stabil zu entwickeln, ist schon eine tolle Leistung der Vereinsführung. Das ist nicht einfach, wenn du Stadien in der Nähe hast, die bis zu 80.000 Zuschauer fassen, und du immer noch das kleine schmucke Stadion hast. Der VfL hat was, und das muss er sich bewahren.
Abschließend: Ihr Tipp für das Montagabendspiel?
Aufgrund der Heimstärke wird die Fortuna dieses Spiel 2:1 gewinnen.
Das wäre dann schon der zweite Rückschlag für die Bochumer.
Aber sie haben ja danach noch acht Spiele. Sie haben dann immer noch eine sehr gute Ausgangssituation und werden sie nutzen.