Bochum. Der VfL Bochum hat bei der Mitgliederversammlung ein gutes Bild abgegeben - und zwar die Mitglieder ebenso wie die Vereinsführung.
Kein Getrampel, kein Getöse, kaum Polemik, stattdessen sachliche Kritik: Bei der gut dreistündigen Versammlung des VfL Bochum am Mittwochabend im Ruhrcongress gab der Zweitligist ein gutes Bild ab - und zwar sowohl die 1027 erschienenen Mitglieder als auch die Führung des Klubs.
Sebastian Schindzielorz, der für den Kader verantwortliche Sport-Geschäftsführer, stand bei der nur rund 45-minütigen Aussprache im Fokus. Ein begnadeter Redner ist der 40-Jährige sicherlich nicht, mit seinem eher unkonkreten Bericht zur sportlichen Lage konnte Schindzielorz niemand mitreißen. Doch der Manager zeigte, ebenso wie Präsident Villis, Souveränität, als er ins Kreuzfeuer der Kritik genommen wurde.
Das erste Zugeständnis: Die Mannschaft muss bleiben
Los ging es ja mit der mit Applaus bedachten Ansage eines Mitglieds, die Profimannschaft solle doch bleiben und sich gefälligst anhören, was die Basis zu sagen hat. Schindzielorz reagierte: Das Team musste bei der Aussprache im Saal bleiben, ein bisher einmaliger Vorgang. Mit diesem Zugeständnis ging der Geschäftsführer einer sich womöglich zuspitzenden Konfrontation gleich aus dem Weg, was angesichts von Platz 17 an diesem Abend eine kluge Taktik war.
50 Jahre Mitglied: Hermann Gerland feiert Jubiläum
Er konnte nicht anwesend sein, gewürdigt aber wurde er trotzdem: Hermann Gerland, der „Bochumer Junge“, Ex-Spieler und -Trainer des VfL, ist seit 50 Jahren Mitglied im Verein. Ebenfalls seit 50 Jahren Mitglied sind Heinz Bäcker und Horst Baginsky. Für 40 Jahre geehrt wurden Ingrid Deibert und Ulrich Sechting. Seit 60 Jahren hält Peter Beckmann dem Klub die Treue. Zudem wurden Jörg Blaschke, Heinz Bruns, Markus Fahrenholz, Stefan Hoscheidt, Wolfgang Jablonski, Oliver Jacobs, Steffen Kärcher, Michael Lenze, Ulrike Müller, Rolf Paulin, Karl-Heinz Plugge, Dr. Rolf Ringelband, Volker Rothenhäusler, Christian Schnaubelt, Burkhard Seidel, Gerhard Skowasch, Michael Sürig, Gisela Trautmann, Jens Trautmann, Markus Trautmann und Michael Wohlgemuth für 25 Jahre geehrt
Auch bei den gut vorbereiteten Redebeiträgen der Mitglieder, die sich nie persönlich gegen die ja anwesenden einzelnen Spieler richteten, zeigte Schindzielorz viel Demut, ohne sich zu verbiegen. Er räumte Fehler ein, zum Beispiel, dass die Saisonvorbereitung zu spät losging. Ein wesentlicher Kritikpunkt war die sportliche Ausbootung und der Umgang mit den langjährigen Bochumern Tim Hoogland und Stefano Celozzi. Mehrmals erklärte Schindzielorz diese Entscheidung mit der schwachen Rückrunde der Vorsaison und dem Ziel, durch einen Umbruch auch eine neue Hierarchie zu befördern.
„Sportliche Sackgasse“: Kritik am Scouting beim VfL
„Wir sind in einer sportlichen Sackgasse“, erklärte ein langjähriges Mitglied in seinem fundierten Beitrag und meinte damit nicht nur den Status quo, sondern die Entwicklung in den vergangenen Jahren. Auch, weil ihm, ebenso wie anderen Mitgliedern, „das Scouting Sorgen bereitet“. Die Transferbilanz in diesem Sommer schließlich ist bisher negativ, sowohl wirtschaftlich als auch sportlich. Schindzielorz räumte ein, das Problem erkannt zu haben. Um die Abteilung aber auszubauen, fehle derzeit schlicht das Geld.
Geld, das letztlich auch über einen oder mehrere Investoren generiert werden soll, konkrete Neuigkeiten allerdings konnten Hans-Peter Villis und der kaufmännische Geschäftsführer Ilja Kaenzig, der im Gegensatz zu seinem im Saal anwesenden Vorgänger Wilken Engelbracht auch kein mitreißender Rhetoriker ist, nicht verkünden. Auch einen exakten Zeitplan gab es nicht. Dass die Suche nach Partnern nun ausgedehnt werden soll über das regionale Umfeld hinaus, spricht trotz laufender Gespräche mit Interessenten eher dafür, dass es noch dauern wird bis zur Präsentation eines Investors.
Villis: Mittelfristig nach oben orientieren
Letztlich wurde das Präsidium entlastet und kam, ähnlich wie im Vorjahr, bei grob geschätzt 100 Gegenstimmen mit einem blauen Auge davon. Und die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt, bei Fans wie Vereinsführung. „Wir spielen im zehnten Jahr in der zweiten Liga“, sagte Hans-Peter Villis, der seit 2012 den Verein führt. „Mein Anspruch war und ist ein anderer. Kurzfristig muss unser Ziel heißen, aus dem Tabellenkeller herauszukommen, mittelfristig wollen wir uns wieder nach oben orientieren.“