Bochum. Kein anderer Satz traf die auf der Mitgliederversammlung des VfL Bochum am Dienstag sich breit machende Stimmungslage besser. Ein stetig wachsender Teil der Fans hat offenbar inzwischen das, was man auf den Tribünen so gerne intoniert, wenn es nicht läuft - nämlich „die Schnauze voll”.
Da können die Verantwortlichen noch so oft auf nun vier Bundesliga-Jahre in Folge hinweisen, auf die Erfolge bei der Entschuldung und auf die beschlossenen Infrastrukturmaßnahmen - hängen bleibt dieser Satz: „Unser Fußball ist so uninteressant geworden.”
Es war ein Abend, der Aufsichtsrat und Vorstand eindrücklich vor Augen geführt hat, dass sich etwas ändern muss. Objektiv betrachtet hat sich Marcel Koller in vier Jahren Bochum keinen einzigen gravierenden Misserfolg geleistet und damit gewährleistet, dass es dem Klub wirtschaftlich keineswegs schlecht geht. Aber emotional ist Koller gescheitert. Seit deutlich mehr als einem Jahr schwankt seine Mannschaft zwischen unbedingter Leistungsbereitschaft in der einen Woche, Halbherzigkeit in der nächsten und komplettem Versagen in der dritten. Drei, vier Mal in Folge mit heißem Herzen und offenem Visier zur Sache gehen haben die Anhänger ihren VfL schon lange nicht mehr. Aber genau das, hat Sportvorstand Thomas Ernst kürzlich gesagt, sei für eine Bochumer Mannschaft die unabdingbare Voraussetzung, um überhaupt erfolgreich sein zu können.
Es geht bei all' dem gelegentlich kuriosen Wortgeklingel der aufgebrachten Fans in Wahrheit gar nicht um Spielsysteme, tatsächliche oder angebliche Fehleinkäufe, auch nicht um die bekrittelte Trainingsintensität. Ursache des Missmutes auf den Rängen ist vielmehr der Missmut auf dem Platz, die auffällige Freudlosigkeit des immer grauer werdenden Arbeitsalltags. Da ist nichts von Aufbruch zu spüren, von Innovation und von dem Spaß an eben dieser Arbeit, den man als Fußballer haben muss, um gut und mutig sein zu können.
„Kann Koller nicht mit jungen Spielern umgehen?” wurde gefragt. Und Thomas Ernst antwortete mit Recht, dass der Weggang von Gündogan, Kaya und Welnicki vor allem mit Nürnbergs Trainer Michael Oenning zu tun habe und zweitens mit Geld. Was Ernst öffentlich nicht sagen kann, aber weiß, ist das: Der VfL muss sich dringend verjüngen, er muss wieder attraktiv werden für junge Spieler, nicht nur für die aus den eigenen Reihen. Und dafür benötigt man einen Mann an der Spitze, mit dessen Person nicht in erster Linie Abgeklärtheit, Ruhe und Erfahrung assoziiert wird, sondern Ideenreichtum, Angriffslust, Begeisterung. Alles hat eben seine Zeit.
Man kann Aufsichtsrats-Chef Werner Altegoer aufgrund seines fatalen Hanges zur Rechthaberei sicher einiges vorwerfen, aber selbst seine Sturheit („Wir werden unsere Entscheidungen auch künftig nach Überzeugung und nicht nach Popularität treffen”) war ja nicht so ganz erfolglos. Ihm, wie in der Versammlung geschehen, „Verantwortungslosigkeit” vorzuwerfen, ist allerdings ein - zu - starkes Stück.
Wer Altegoer loswerden will, ist gut beraten sich gründlich nach Alternativen umzuschauen, deren Halbwertzeit ein paar strahlende Monate in der Öffentlichkeit überdauert. „Wir wollen das Besondere sein, das es nebenan nicht gibt”, hat Ansgar Schwenken gesagt. Das wäre doch mal was Besonderes: Die Mitglieder nehmen nach Jahren des Desinteresses ihre Einflussmöglichkeiten wahr und stehen trotzdem hinter dem Team.