Gelsenkirchen. Mit der Hand bugsierte Schalke-Kapitän Benedikt Höwedes im Spiel gegen den FC Bayern München den Ball zum 1:1-Endstand über die Torlinie. “Das war ein reguläres Tor“, betonten sowohl Höwedes als auch Trainer Jens Keller. Ein ehemaliger Schalker im Bayern-Trikot sah das aber anders.
62 Minuten waren gespielt, als Schalke-Kapitän Benedikt Höwedes seine überragende Vorstellung im Spiel gegen den FC Bayern München krönte und das Tor zum 1:1 (0:1)-Endstand erzielte. Nach einer Freistoßflanke von Sidney Sam ging es im Fünfmeterraum der Münchener drunter und drüber. Neuzugang Xabi Alonso wollte den Ball mit einem Befreiungsschlag aus der Gefahrenzone befördern - doch Höwedes stand im Weg und bugsierte den Ball ins Tor.
Doch mit welchem Körperteil?
"Im ersten Moment", sagte Höwedes nach dem Spiel, "hätte ich gar nicht gesagt, dass ich den Ball überhaupt mit der Hand berührt habe. Wenn mir einer aus 30 Zentimetern Entfernung den Ball gegen die Hand schießt, kann mir keiner erzählen, dass es ein absichtliches Handspiel ist. Ich versuche einfach nur, Richtung Torlinie zu laufen und den Ball über die Linie zu drücken." Die Bayern sahen das anders - vor allem Torwart Manuel Neuer protestierte laut: "Der Xabi Alonso schießt ihm den Ball klar an die Hand. Und wenn der Ball ins Tor geht, ist das ein klares Handspiel. Wenn ein Defensivspieler auf der Torlinie steht und den Ball an die Hand bekommt, gibt es ja auch Elfmeter." Eine seltsame Argumentation...
Höwedes will mit Neuer am Mittwoch die strittige Szene diskutieren, wenn sich beide bei der Nationalmannschaft sehen. Schalke-Trainer Jens Keller wollte gar nicht so lange über das Ausgleichstor reden: "Das war ein absolut reguläres Tor. Zu solchen Szenen gab es sogar extra eine Regelschulung." Wir haben nach dem Spiel die Stimmen gesammelt.
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Jens Keller (Trainer FC Schalke 04): "In den ersten 25 Minuten sind wir nicht ins Spiel gekommen. Die Ergebnisse gegen Bayern in den letzten Jahren und die letzten Wochen haben nicht dafür gesprochen, dass wir mit Selbstvertrauen ins Spiel gehen. Aber wie die Mannschaft dann ins Spiel zurückgekommen ist, wie sie gefightet hat gegen den Ball, wie sie gelaufen ist, wie kompakt sie stand: Aufgrund der zweiten Halbzeit ist der Punkt hochverdient. Wir hatten sogar die besseren Möglichkeiten. Wenn wir so eine Leistung im DFB-Pokal gegen Dynamo Dresden abgerufen hätten, wäre uns das nicht passiert. Es ist nicht die erste schwierige Situation gewesen, die wir zu überstehen hatten. Wir stehen ganz, ganz eng zusammen."
Horst Heldt (Manager FC Schalke 04): "Das war eine verdammt gute Leistung, die wir gegen den Meister abgerufen haben. Das Publikum hat die Mannschaft nach vorne gepeitscht, einen sensationellen Job gemacht. Nur am Anfang hatten wir unheimliche Probleme. Die Bayern bringen ihre Leute gut in Position, wir dagegen sind überhaupt nicht in die Zweikämpfe gekommen. Nach vier Minuten können wir schon zwei Tore bekommen, da hat Ralf Fährmann zweimal gut agiert. Nach 25 Minuten haben wir das aber in den Griff bekommen. Aufgrund der zweiten Halbzeit und der kämpferischen Leistung haben wir verdient das Tor zum 1:1 gemacht. Am Ende hatte Bayern auch nicht mehr viel zuzusetzen. Das war genau die Reaktion, die wir uns nach den beiden Niederlagen erhofft haben. Es ist schön, nach so einer langen Durststrecke einen Punkt mitgenommen zu haben gegen die Bayern. Das ist wichtig für die Moral, für die eigenen Stärken."
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Benedikt Höwedes (Kapitän FC Schalke 04): "Wir haben ein bisschen gebraucht, um ins Spiel zu finden. Ab der 20. Minute haben wir die Zweikämpfe angenommen, haben dem Gegner auch mal wehgetan und damit signalisiert, dass es nicht so einfach ist, heute bei uns drei Punkte zu holen. Wir sind weite Wege gegangen und wurden mit dem 1:1 belohnt. Wir haben klasse gekämpft, es ist keine Selbstverständlichkeit, dass man sich so zurück ins Spiel kämpft. Da haben alle Spieler ihren Anteil beigetragen, auch die, die draußen gesessen haben. Das Unentschieden geht in Ordnung."
Höwedes über die Stimmung: "Wir kriegen alle zu spüren, dass wieder eine negative Grundhaltung uns gegenüber herrscht. Es ist normal, dass wir nach einer Niederlage gegen Dresden keine Lobhudeleien erwarten dürfen. Aber ich glaube, dass zu viel schlecht geredet wurde auf Schalke, dass die Mannschaft kaputtgeredet werden sollte. Aber wir sind eine starke Truppe, das haben wir heute bewiesen. Das war ein gutes Zeichen für die nächsten Spiele, ein gutes Zeichen dafür, was alles in der Truppe steckt."
Höwedes über die linke Abwehrseite: "Ich weiß, dass ich die Position spielen kann. Der Trainer hat gesagt, dass er ein kleines Problem hat und überlegt, mich dort einzusetzen. Dann habe ich gesagt: Klar, mache ich. Ich würde lieber als Innenverteidiger auflaufen, habe aber kein Problem, wenn ich mal links oder rechts aushelfen muss."
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Julian Draxler (FC Schalke 04): "Es war ein guter erster Schritt, ber auch nur ein Unentschieden. Wir wollen jetzt in Mönchengladbach den ersten Dreier folgen lassen. So ein Spiel hat Hochs und Tiefs. Am Anfang haben wir zu ängstlich gespielt und sind erst mit dem Gegentor wachgeworden. Mit dem Punkt sind wir sehr, sehr zufrieden. Die Zuschauer hatten ein gutes Gespür dafür, dass wir auf dem Platz alles gegeben haben."
Draxler über den Schiedsrichter: "Ich möchte nichts über den Schiedsrichter sagen, weil er mich hätte gut und gerne vom Platz hätte stellen können."
Eric Maxim Choupo-Moting (FC Schalke 04): "Wenn die Bayern einmal ins Rollen kommen, wird es schwer. Aber wir haben nach dem Gegentor eine sehr gute Reaktion gegen die zurzeit beste Mannschaft gezeigt."
Marco Höger (FC Schalke 04): "Es ist ein gutes Gefühl, nach einem Rückstand gegen den FC Bayern noch einen Punkt zu holen. Leider sind wir etwas schläfrig ins Spiel gekommen. Wenn man aber gegen den FC Bayern in die Zweikämpfe kommt und das Publikum hinter sich hat, dann wird es schwer, auf Schalke zu gewinnen."
Max Meyer (FC Schalke 04): "Wenn man als Team zusammenarbeitet, sieht man, was möglich ist. Dann kann man auch einem Gegner wie dem FC Bayern einen Punkt abnehmen. Da wir zuletzt fünf Stück bekommen haben gegen die Bayern, ist es ein Punktgewinn."
So analysieren die Bayern das 1:1 auf Schalke
Pep Guardiola (Trainer FC Bayern): "Wir müssen die Weltmeisterschaft vergessen. Der WM-Sieg war schön, die Leute haben sich gefreut. Da wir in Deutschland arbeiten, kann ich mich mitfreuen. Die Realität ist aber: Wir haben wenig trainiert. Philipp Lahm, Manuel Neuer, Thomas Müller, Jerome Boateng - sie alle haben in der Vorbereitung gefehlt. Trotzdem war die erste halbe Stunde die beste, die wir in den vergangenen fünf, sechs Monaten gespielt haben. Wenn wir aber den Ball nicht unter Kontrolle haben, kann jedes Team gegen uns gewinnen. Nach 25 oder 30 Minuten haben wir die Kontrolle verloren und sind in Konter gelaufen. Dann war es schwierig für uns."
Guardiola über Xabi Alonsos Debüt und die spanischen Spieler: "Ich bin sehr zufrieden mit Xabi Alonso und bin dem FC Bayern sehr dankbar, dass wir ihn holen konnten. Wir sind 40 Leute in der Umkleidekabine, alle wollen das Beste für den FC Bayern. Wir haben 27 Spieler, davon sind fünf Spanier. Eins spielt die entscheidende Rolle: Was ist das Beste für diesen fantastischen Klub?"
Mario Götze (FC Bayern): "Wir haben es die ersten Minuten sehr, sehr gut gemacht. Wir hätten das zweite Tor machen müssen, haben dann irgendwie den Faden verloren. Das müssen wir uns ankreiden."
Xabi Alonso (FC Bayern): "Vor allem die ersten 20 Minuten waren sehr ordentlich, wir hätten mehr Tore machen müssen. Die zweite Halbzeit hat gezeigt, dass wir noch einiges verbessern müssen. Die Bundesliga verfolge ich seit Jahren. Sie ist eine sehr große Herausforderung für mich. Ich war fünf Jahre bei Real Madrid und ich hatte das Gefühl, dass jetzt der richtige Zeitpunkt ist, um mich zu verabschieden."