Genugtuung der Schalke-Verantwortlichen ist nachvollziehbar
•
Lesezeit: 2 Minuten
Gelsenkirchen. Beim Hamburger SV droht der Trainerwechsel gerade zum Rohrkrepierer zu werden. Umso größer die Genugtuung bei den Schalker Verantwortlich über ihr Festhalten an Jens Keller. „Abwarten“ ist aber auch hier nicht die schlechteste Variante. Ein Kommentar.
Der Blick nach Hamburg, dem aktuell meist diskutierten Brennpunkt der Bundesliga, lohnt auch aus Schalker Sicht. Als der HSV im September seinen Trainer Thorsten Fink nach nur vier Punkten aus den ersten fünf Saisonspielen entließ, standen bei Königsblau ganze drei Zähler mehr auf der Habenseite. Und der Boulevard machte gerade bei Jens Keller das „Gesicht der Schalker Krise“ aus. Bis zum letzten Vorrundenspieltag war der S04-Coach ein Wackelkandidat, aber letztlich blieb die wegen ihres Aktionismus oft und mit Recht gescholtene Klubführung diesmal standhaft.
Zumal der frühe Trainerwechsel in Hamburg bislang eine, vorsichtig formuliert, suboptimale Wirkung zeigt, ist die Genugtuung der S04-Verantwortlichen nach dem erfolgreichen Start in die Rückrunde nachvollziehbar. Dass heute aber von manchen Schalkern so getan wird, als hätten wieder einmal allein die Medien die Unruhe bei Königsblau zu verantworten, ist allenfalls die halbe Wahrheit.
Richtig ist, dass nach etlichen Partien, bei denen im Schalker Spiel weder Struktur noch Leidenschaft zu erkennen gewesen waren, auch an dieser Stelle Zweifel an der Kompetenz und den Führungsqualitäten von Jens Keller geäußert wurden. Falsch ist, dass es im Verein selbst keine Vorbehalte gegen den überwiegend als blass wahrgenommenen Trainer gegeben hätte.
Schalke-Trainer Jens Keller zeigt Nehmerqualitäten
Nicht nur, aber besonders im Sport bestimmt das Ergebnis die Analyse und pflegt in der Regel – eine angenehme Nebenwirkung – die Erinnerung an falsche Vorhersagen zu löschen. Deshalb ist spätestens nach dem 2:1 gegen die mit viel Vorschusslorbeer und dem teuersten Wintertransfer (Kevin de Bruyne) in die Rückrunde gestarteten VfL Wolfsburg auf Schalke kaum noch jemand zu finden, der je ein schlechtes Wort über den Coach verloren hat.
Nun dürfte Jens Keller über Nacht kaum ein Taktik-Genie wie Ernst Happel oder ein Motivator vom Schlage eines Jürgen Klopp geworden sein. Aber dafür hat der 43-Jährige Eigenschaften bewiesen, die in dieser Branche nicht gering zu schätzen sind: Nehmerqualitäten und Besonnenheit. Es müssen nicht immer Superlative sein. Auch wenn „solide Arbeit“ heutzutage fast schon einen diskriminierenden Beigeschmack hat.
So oder so: Für halbwegs verlässliche Aussagen über die Qualität des Trainers Keller und die Lernfähigkeit der Schalker Verantwortlichen sollten sich alle – Fans wie Medien – bis zum Saisonende Zeit lassen. Was im Übrigen immer empfehlenswert ist. Siehe Nürnberg: Dort schien - wie in Hamburg - der Trainerwechsel schon ein Schuss in den Ofen zu sein, und nach Jens Keller sieht urplötzlich auch Gertjan Verbeek wie ein Erfolgstrainer aus.
Sie haben vermutlich einen Ad-Blocker aktiviert. Aus diesem Grund können die Funktionen des Podcast-Players eingeschränkt sein. Bitte deaktivieren Sie den Ad-Blocker,
um den Podcast hören zu können.