Mönchengladbach. Schalke bereitet sich auf einen Trainerwechsel in der Winterpause vor. Jens Keller soll die Mannschaft aber am Mittwoch im Champions-League-Spiel gegen Basel betreuen, da ihm die Niederlage in Mönchengladbach nicht angelastet werden kann. Dafür gab es andere Gründe.
Als charmanter Geschichten-Erzähler ist Lucien Favre in der Fußball-Bundesliga bisher noch nicht oft in Erscheinung getreten, aber am Samstag machte der Trainer von Borussia Mönchengladbach eine Ausnahme. Alle hatten das Spiel schon abgehakt, als Favre noch einmal die Aufmerksamkeit auf die dritte Minute der Nachspielzeit lenkte, in der Schalkes Kevin-Prince Boateng einen Kopfball in Richtung des Gladbacher Tores wuchtete. „Ich dachte: Oh scheiße, 2:2“, bekannte Favre ungewöhnlich offenherzig. Die Parade seines Torwarts Marc-Andre ter Stegen, der mit einem großartigen Hechtsprung den 2:1-Sieg von Borussia Mönchengladbach gegen Schalke 04 sicherte, hielt der Trainer beinahe für unwirklich: „Ich war überrascht“.
Schalke fühlt sich „klar benachteiligt“
Diese Szene stand freilich nur für einen Teil der Verzweiflung, die sich im Borussia-Park auf der anderen Seite bei den Gästen aus Gelsenkirchen breit gemacht hatte. Noch mehr haderten die Schalker mit Schiedsrichter Felix Zwayer, von dem sie sich „klar benachteiligt“ fühlten, wie es Manager Horst Heldt empört an jeder Ecke erzählte. Die Schalker konnten es nicht verstehen, dass Zwayer nur Benedikt Höwedes in der 45. Minute wegen Handspiels die Gelb-Rote Karte zeigte, während er beim Klammergriff von Gladbachs Julian Korb gegen Boateng den Roten Karton in der Tasche stecken ließ (17.). „Das“, protestierte Trainer Jens Keller, „hätte eine andere Karte geben müssen.“
Von Andreas Ernst, aufgezeichnet in der Mixed Zone
Die Schalker waren sehr aufgebracht, was natürlich auch mit ihrer sportlichen Situation zu tun hat. Deutlich entspannter sprach Favre über die auch aus seiner Sicht „zu harte“ Gelb-Rote Karte für Höwedes. Nur die Forderung der Gäste nach einem Platzverweis für den Gladbacher Korb, die gehöre nicht zum Fußball, sagte Favre. Er wirkte dabei sehr souverän. Als Sieger fällt einem dies leichter. Bei Schalke weiß Keller, dass sein Stuhl mit jeder Niederlage wackeliger wird – auch wenn ihm für das Spiel in Mönchengladbach kein Vorwurf zu machen war.
Ein Gedankenaustausch mit Thomas Schaaf ist naheliegend
Die Umstände lenkten sogar von der Trainer-Diskussion ab – die Mannschaft hatte sich diesmal auch in Unterzahl nicht hängen lassen, so dass ein Trainerwechsel vor dem entscheidenden Champions-League-Spiel am Mittwoch gegen den FC Basel (20.45 Uhr, live in unserem Ticker) nur zusätzliche Unruhe bringen würde. „Wir haben nun weitere sehr wichtige Spiele vor uns. Die Trainerfrage stellt sich jetzt nicht“, versicherte Vereins-Chef Clemens Tönnies, wobei man schon sehr genau das Wörtchen „jetzt“ beachten muss. Schalke bereitet sich offenbar auf einen Trainerwechsel in der Winterpause vor und knüpft entsprechende Kontakte. Naheliegend ist dabei zumindest ein Gedankenaustausch mit dem früheren Bremer Thomas Schaaf. Aber es ist auch möglich, dass Schalke den Versuch startet, einen jüngeren Trainer aus seinem Vertrag herauszukaufen. Von dem Augsburger Markus Weinzierl hat Manager Heldt zum Beispiel eine sehr hohe Meinung.
Verhindern kann den Trainerwechsel wohl nur eine Erfolgsserie mit drei Siegen in den drei Spielen vor Weihnachten – denn dann würde die Bilanz, die der Manager ja erst nach dem letzten Spiel ziehen will, entsprechend aufgehübscht. Durch die Niederlage im Borussia-Park hat Schalke nun bereits sieben Punkte Rückstand auf die Gladbacher, die den auch von den Königsblauen angestrebten vierten Tabellenplatz belegen. Was das zu bedeuten hat? „Nix“, behauptet Horst Heldt, und Jens Keller verweist darauf, dass man einen solchen Rückstand in der vergangenen Saison ja auch noch aufgeholt habe.
Damals hatte Schalke das mit dem Wechsel von Huub Stevens zu Keller eingeleitet, doch diesen Faden wollte Benedikt Höwedes gar nicht erst fortspinnen, als er nun darauf angesprochen wurde: „Darüber brauchen wir nicht zu sprechen“, sagte er knapp: „Die Mannschaft war heute gut eingestellt.“
Zumindest hatte sie sich nicht gegen den Trainer gespielt.
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