Schalke ergibt sich trotz großartiger Fan-Unterstützung
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Gelsenkirchen. . Das 0:4 gegen die Bayern ist die bisher höchste Niederlage, die eine Schalker Mannschaft in zwölf Jahren in der Arena kassierte. Doch nicht das Ergebnis allein ist enttäuschend, sondern vor allem der Auftritt der Profis nach dem 0:2-Rückstand.
Schalke-Chef Clemens Tönnies verließ seinen Platz mit einem Kraftausdruck, und damit war tatsächlich alles gesagt: über die Gefühlslage aller Blau-Weißen, über die eklatante Differenz zwischen Wunsch und Wirklichkeit, vor allem über die Präsentation der Mannschaft. Nullvier gegen den FC Bayern, ein schmerzlicher Schalker Namenstag in der eigenen Arena, in der die Heim-Elf zuvor in mittlerweile zwölf Jahren noch nie so heftig vermöbelt worden war.
Mehr als das deutliche Ergebnis peinigte allerdings das deprimierende Erlebnis die königsblaue Seele. Die Partie verlief 70 Minuten lang erschreckend einseitig – wer bei diesen Mannschaften Gemeinsamkeiten entdecken wollte, der wird höchstens festgestellt haben, dass beide am Samstagmorgen Brötchen zum Frühstück hatten.
In den ersten 20 Minuten hatten sich die Schalker noch erkennbar angestrengt, doch dann gestatteten sie den Bayern zwei Treffer in 99 Sekunden: Zuerst köpfte Bastian Schweinsteiger nach einem Eckball das 1:0, indem er seinem von Benedikt Höwedes blockierten Bewacher Kevin-Prince Boateng entwischte und den Luftzweikampf gegen Jermaine Jones gewann, dann verharrten die Schalker in der Schockstarre.
Teilnahmslos besichtigten sie, wie die Bayern erhöhten: Jermaine Jones ließ David Alaba ungehindert flanken, Joel Matip ließ Mario Mandzukic ungehindert köpfen – und schon waren sämtliche Schalker Hoffnungen zertrümmert. „Man muss ehrlich sagen: Nach den beiden unglücklichen Gegentoren war es ein Klassenunterschied“, meinte Kapitän Benedikt Höwedes.
FC Bayern legte Schalker Defizite offen
Unglückliche Gegentore? Schlafmützigkeit war dem ersten Treffer vorausgegangen, Nachlässigkeit dem zweiten. Und danach fehlte den Schalkern außer Ideen sogar all das, was zur Grundausstattung gehört: Mut, Laufintensität, Bereitschaft zur Balleroberung. Die Blau-Weißen ergaben sich trotz großartiger Fan-Unterstützung, ab Minute 22 begannen die Bayern mit dem eigentlich erst für Sonntagfrüh vorgesehenen Auslaufen. Zu ihren weiteren Toren durch Franck Ribéry (75.) und Claudio Pizarro (84.) kamen sie ohne spürbare Gegenwehr.
„Das 0:4 ist natürlich eine Klatsche“, stellte Jens Keller desillusioniert fest, doch indem er anschließend erklärte, dass es nach den ersten beiden Gegentreffern schwer gewesen sei, „gegen die beste Mannschaft der Welt zurückzukommen“, lieferte er bei allem berechtigten Lob für die Münchener seinem eigenen Team nachträglich ein Alibi.
Es hapert im defensiven Mittelfeld, in der Innenverteidigung und hinten rechts
Dennis Aogo, einer der wenigen Schalker, die im leichtfüßigen Kombinationskreisel der Bayern in der zweiten Halbzeit nicht komplett die Orientierung verloren, versuchte sich an einer Erklärung: „Die Bayern haben ein brutal gutes Positionsspiel, sie haben immer eine Option“, sagte der Linksverteidiger und gab offen zu: „Es demotiviert, wenn man 0:2 hinten liegt und wie ein Idiot hinterherläuft.“
Dass „die Köpfe runtergegangen“ seien, bemängelte dann auch Jens Keller, und an diesem enttäuschenden Verhalten seiner Spieler wird er zu arbeiten haben. Manche ihrer Defizite aber wird der Fußballlehrer nur minimieren, aber nicht beseitigen können. Die auf höchstem Niveau harmonierende Mannschaft des zum 31. Mal nacheinander unbesiegt gebliebenen FC Bayern legte schonungslos offen, dass Schalke auf zu vielen Positionen nicht wie ein Team besetzt ist, das sich hohe Ansprüche leisten kann. Es hapert im defensiven Mittelfeld, es hapert in der Innenverteidigung, und es hapert hinten rechts. Manche Kritiker meinen: auch im Tor – Timo Hildebrand sollte allerdings zugute gehalten werden, dass er zu oft im Stich gelassen wird.
Schalke kassiert 0:4-Pleite
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Kevin-Prince Boateng, der schon zur Halbzeit mit seinem Bruder Jerome die Trikots getauscht hatte, begriff als erster Schalker, dass diese demütigende Niederlage nachwirken könnte. „Ich habe in der Kabine gesagt: Köpfe hoch, wir haben schwierige Aufgaben vor uns“, berichtete er. Wo er Schalke momentan sieht? „Heute in Gelsenkirchen und am Mittwoch in Darmstadt“, entgegnete er schlagfertig. Darmstadt heißt DFB-Pokal, Dritte Liga gegen Erste Liga (Mittwoch, 20.30 Uhr, live in unserem Ticker). Blamagepotenzial inbegriffen.
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