Miami. Er bestritt drei Länderspiele für den DFB, am Sonntag spielt er mit den USA gegen Deutschland: Im Interview erläutert Mittelfeldspieler Jermaine Jones vom FC Schalke 04, wieso er einst das Nationalteam gewechselt hat. Außerdem warnt er das deutsche Team vor einem “Hexenkessel“: “Die 90 Minuten werden nicht einfach für Deutschland.“
Vorsicht, Klinsmann: Als er hörte, dass Jürgen Klinsmann sein Nationaltrainer wird, reagierte Jermaine Jones zunächst verhalten - wegen dessen Nähe zu Joachim Löw. "Am Anfang war ich ehrlich gesagt ein bisschen skeptisch. Ich hatte nicht direkt Angst, aber schon ein mulmiges Gefühl", berichtet der US-Fußballnationalspieler im SID-Interview: "Ich wusste ja, dass er sich mit Jogi Löw austauscht."
Löw, früher Assistent und 2006 Nachfolger von Klinsmann beim DFB-Team, hatte den Schalker Mittelfeldspieler 2008 zwar zum Nationalspieler gemacht. Doch nach drei Einsätzen hatte er keine große Verwendung mehr für ihn. Man munkelt, Jones sei mit seiner aggressiven Spielweise für Löw ein zu großes "Freistoß-Risiko" in Strafraumnähe gewesen.
"Wenn ich zu viel Foul spiele, dann hätte Torsten Frings auch nicht so viele Spiele machen dürfen", sagt Jones schmunzelnd: "Aber im Ernst: Wenn er den Eindruck gehabt hätte, dass ich zu viel foule, hätte er mir das sagen können. Dann hätte ich versucht, mein Spiel umzustellen."
US-Nationalspieler Jones: "Bei Europameisterschaften bin ich auch immer Deutschland-Fan
Ob seine Spielweise wirklich der Grund war, aus dem Löw ihn 2008 noch aus dem vorläufigen EM-Kader strich, weiß Jones selbst nicht. Aus Realismus ("Ich gehörte in Deutschland nicht nur ersten Elf") wechselte er das Nationalteam und ist somit am Sonntag (20.30 Uhr MESZ/ZDF oder live in unserem Ticker) in Washington Gegner der deutschen Elf.
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Groll gegen Löw oder andere hegt er sowieso nicht. "Für mich ist das Thema komplett abgehakt. Ich hake nicht nach", versichert der Sohn einer Deutschen und eines Amerikaners: "Bei Europameisterschaften bin ich auch immer Deutschland-Fan."
Es sei für ihn "auch eine Herzensangelegenheit" gewesen, das DFB-Trikot zu tragen, auf seine drei Einsätze sei er sehr stolz. "Aber ich bin heute froh, dass ich diese Entscheidung getroffen habe. Denn ich genieße jedes Länderspiel." 28 waren es bis jetzt.
Schon frühzeitig hatte er sich nach eigener Auskunft über die Möglichkeit informiert, für die US-Auswahl zu spielen. "Das wurde damals abgelehnt, weil ich schon U-Spiele für Deutschland bestritten hatte. Nach der EM 2008 griff eine neue Regel, nach der man noch wechseln darf, wenn man kein Pflichtspiel für die A-Mannschaft bestritten hat", erzählt Jones. Dies war der Fall, und der US-Verband bemühte sich sehr. Der damalige Nationaltrainer Bob Bradley reiste schließlich eigens in Jones' Wohnort Düsseldorf und überzeugte ihn.
Jones Befürchtungen in Bezug auf Klinsmann trafen nicht ein
Im Team des Weltranglisten-29. fühlt sich der Vater von fünf Kindern inzwischen pudelwohl. Auch wegen Klinsmann. Denn Jones' Befürchtungen traten nicht ein. "Im Endeffekt war alles positiv", sagt er: "Klinsmann hat sofort das Gespräch mit mir gesucht. Mittlerweile bin ich einer der gestandenen Spieler im Team. Er sagt mir immer wieder, dass er auf mich setzt. Wir telefonieren regelmäßig. Unser Verhältnis ist top." Überhaupt stünden in der Mannschaft "alle zu Klinsmann und sind sehr zufrieden mit seiner Arbeit".
Auch Jones wird in den USA sehr geschätzt. In Deutschland werde er sein Image als Bad Boy nicht mehr los, erklärt er. "Dort ist das anders. Da werde ich absolut als Führungspersönlichkeit gesehen." Auch mit seinen zahlreichen Tätowierungen haben in den USA die wenigsten Menschen Probleme. "Ich habe Basketballer und Football-Spieler kennengelernt", erzählt Jones: "Wenn man sich die ansieht, bin ich dagegen wenig tätowiert."
Jones kündigt Hexenkessel für Deutschland an
Auf das Spiel gegen Deutschland freut er sich. Ob es gegen die B-Elf des Weltranglisten-Zweiten zu einem Sieg reicht, will er nicht vorhersagen. "Aber die Mannschaft hat unter Klinsmann noch mal einen Schritt nach vorne gemacht. Die 90 Minuten werden nicht einfach für Deutschland", sagt er und kündigt einen Hexenkessel in Washington an: "Gegen die Brasilianer war das Stadion rappelvoll, und diesmal wird es genauso sein. Ich prophezeie mal: Von der Kulisse werden die Deutschen überrascht sein."