Doha. Dieses 0:5 der Schalker gegen die Bayern in Doha hat gesessen. S04-Manager Horst Heldt spricht im Interview über die Klatsche gegen den Rekordmeister und Trainer Jens Keller. Außerdem verrät Heldt, was Aufsichtsrats-Chef Clemens Tönnies seiner Frau voraus hat.
Die Bayern sind abgereist, und Schalke sitzt jetzt allein mit seinem Salat hier in der Wüste. Für Manager Horst Heldt war es eine unruhige Nacht, nachdem seine Mannschaft im Testspiel vom Tabellenführer mit 0:5 verprügelt worden war. Ein Gespräch über das Desaster, über den jungen Trainer Jens Keller und über Schalkes fieberhafte Suche nach Verstärkung.
Herr Heldt, ruft nach einem solchen Debakel auch Ihr Aufsichtsrats-Chef Clemens Tönnies an und fragt: Was war da los?
Horst Heldt: Ja, der meldet sich schneller als meine Frau. Natürlich will er das erklärt bekommen. Aber das habe ich lieber, als wenn ich wochenlang nichts von ihm hören würde. Es ist ein sehr intensiver Austausch zwischen uns beiden.
Und wie erklären Sie dann so ein Ergebnis, das eigentlich nicht zu erklären ist?
Heldt: Wir werden das Ergebnis nicht schön reden können. Es ist klar, dass wir jetzt zerrissen werden, aber das muss man aushalten. Es war ein Testspiel, und in einem Testspiel probiert man einiges aus – da spielt man nicht ergebnisorientiert, sondern testet für die Rückrunde. Und glauben Sie mir: Die Erkenntnisse, die wir dabei bekommen haben, bringen uns mehr, als wenn wir gegen eine Schlag-mich-Truppe aus Katar mit 3:0 gewonnen hätten.
Ist die Erkenntnis die, dass Sie jetzt wissen, wie es nicht geht?
Heldt: Unser Plan gegen Bayern war, mit Pressing zu beginnen, weil wir das in der Bundesliga brauchen. Wir müssen in der Rückrunde doch selbst agieren und das Heft in die Hand nehmen, weil wir viel aufzuholen haben. Insofern haben wir etwas ausprobiert, das wir in 16 Bundesliga-Spielen anwenden wollen – wenn es gegen die Bayern um Punkte geht, werden wir sicher anders ausgerichtet sein. Hier im Testspiel wollten wir uns auch nach einiger Zeit zurückziehen und tiefer stehen. Das hat ein Teil der Mannschaft nicht gemacht, und das war sehr, sehr ärgerlich.
So ein Tiefschlag fällt automatisch auch auf Trainer Jens Keller zurück, der noch keine große Reputation besitzt. Keller zum Cheftrainer zu befördern, war Ihre Entscheidung. Ein Wagnis?
Heldt: Es geht doch darum, das bestmögliche für den Verein zu machen, und da haben wir eine langfristige Ausrichtung, bei der man leider immer wieder kurzfristig von anderen Dingen eingeholt wird – so wie auch bei den Verletzungen von Ibi Afellay und Christoph Moritz. Wenn es mir um persönliche Absicherung gegangen wäre, hätte ich es mir vielleicht leichter machen können, indem ich einen Trainer mit großem Namen verpflichtet hätte, doch darum geht es nicht. Ich beurteile die Arbeit von Jens Keller daran, wie er sich bei der Mannschaft präsentiert: Und da kann man einfach nicht außer Acht lassen, dass er das gut macht und den Spielern einen Plan mitgibt. Ich bin überzeugt, dass seine Arbeit fruchten wird.
Hat Jens Keller denn als ehemaliger Jugend-Trainer die Akzeptanz bei den Profis?
Heldt: Ganz klar ja. Mit seiner Arbeit lässt er überhaupt keinen Raum dafür, dass irgendjemand auf den Gedanken kommen könnte, die Spieler würden ihm auf der Nase herumtanzen. Das Feedback, das ich aus der Mannschaft bekomme, ist durchweg positiv.
Wie verarbeiteten Sie persönlich eigentlich so eine Niederlage und ihre Folgen?
Heldt: Ich habe in der vergangenen Nacht wenig geschlafen, aber die Verletzungen von Afellay und Moritz bereiten mir mehr Kopfzerbrechen als die Niederlage. Wir arbeiten mit Hochdruck daran, dass wir für die Rückrunde im Kader noch etwas tun wollen.
Schalke-Manager Heldt hält an Zielsetzung "Champions League" fest
Müssen Sie bei der Suche nach Verstärkungen jetzt mehr Geld als geplant in die Hand nehmen?
Heldt: Ja. Aber in erster Linie als Reaktion auf die beiden Verletzungen. Wobei das Ergebnis gegen Bayern auch eine Rolle spielt.
Ist Wesley Sneijder doch ein Thema?
Heldt: Das ist nicht machbar. Unsere Kriegskasse ist zwar ein Stück gefüllt, aber nicht unendlich. So einen Spieler leiht man ja nicht für ein halbes Jahr aus, da müsste man einen langfristigen Vertrag machen, und der wäre eine enorme finanzielle Belastung für die Zukunft. Wir wissen ja nicht, wo wir am Ende der Saison landen werden.
Den Brasilianer Raffael, der früher bei Hertha BSC gespielt hat, könnten Sie wohl für ein halbes Jahr von Dynamo Kiew ausleihen…
Heldt: (schmunzelt): Ein interessanter Spieler…
Wie kurzfristig ist mit Verstärkungen zu rechnen?
Heldt: Ins Trainingslager wird wohl keiner mehr kommen, das wäre schon wegen der Visa-Problematik schwierig. Der Transfermarkt ist im Winter nicht einfach, weil die meisten Spieler unter Vertrag stehen. Das heißt aber nicht, dass man nicht auch im Winter Qualität bekommen kann. Es muss jemand sein, der uns sofort weiterhelfen kann. Perspektivspieler haben wir selbst. Max Meyer aus unserer A-Jugend hat hier zum Beispiel sehr positiv auf sich aufmerksam gemacht. Ich gehe davon aus, dass wir ihn schon für die Rückrunde bei uns im Profi-Kader behalten werden.
Eigentlich wollte Schalke in der Wüste Selbstvertrauen für die zweite Serie tanken. Jetzt scheint die Aufbruchstimmung schon wieder weg zu sein.
Heldt: Wir sind nicht bereit, unser Ziel Champions League nach einem 0:5 gegen Bayern aufzugeben. Wir werden daran festhalten. Hier gehen doch nicht die Lichter aus.
Und wo soll die Zuversicht für die zweite Serie herkommen?
Heldt: Wir haben ja noch ein Testspiel am Montag in Paderborn. Auch da können die Spieler Selbstvertrauen tanken.