Gelsenkirchen. . Huub Stevens hatte seinen Rauswurf auf Schalke kommen sehen. Dem Klub fehlte nach der Pleite gegen Freiburg das Vertrauen zu seinem Jahrhunderttrainer. Die Beförderung von B-Jugend-Trainer Jens Keller war der Plan von Manager Horst Heldt.

Huub Stevens war am Sonntag schon sehr früh am Morgen auf Schalke, schon mehr als zwei Stunden vor dem für zehn Uhr angesetzten Training. Er hatte sich beizeiten in Stellung gebracht und war vorbereitet auf das, was kommen sollte. „Als ich morgens um viertel vor Acht von Horst Heldt angerufen wurde, um in sein Büro zu kommen, wusste ich, was die Stunde geschlagen hatte“, erzählte Stevens später und fügte sogar ein wenig keck an: „Denn so früh ist er normalerweise nie da.“ An diesem Morgen aber hatte sich Schalkes Vorstand schon um halb Acht gemeinsam mit Aufsichtsrats-Chef Clemens Tönnies zur Sitzung getroffen und das beschlossen, was sich bereits am Samstagabend nach der bitteren 1:3-Heimniederlage gegen den SC Freiburg abgezeichnet hatte: das Ende der zweiten Amtszeit von Huub Stevens.

Jetzt ist der Jahrhunderttrainer auf Schalke wirklich Geschichte. Für ihn übernimmt einer, der am selben Ort noch ein Nobody ist: B-Jugend-Trainer Jens Keller (42).

Stevens traute sich die Wende auf Schalke noch zu

Stevens wurde, wie jedem anderen Trainer auch, die sportliche Talfahrt mit nur einem Sieg aus den vergangenen acht Bundesliga-Spielen zum Verhängnis – nach dem Spiel gegen Freiburg sah sich Schalke zum eiligen Handeln gezwungen, weil bereits am Dienstag das wichtige DFB-Pokal-Achtelfinale gegen Mainz ansteht. „Wir hatten nicht mehr das Vertrauen, mit dieser Besetzung die Wende herbeizuführen“, erklärte Heldt am Mittag.

Dicke Ringe unter seinen Augen zeugten von einer Nacht ohne viel Schlaf – und von großen Sorgen um den Verein. In der Bundesliga ist Schalke aus den Europapokal-Rängen gestürzt, die Qualifikation zur aus finanziellen Gründen so wichtigen Champions League ist fünf Punkte entfernt. Stevens hätte es sich, wie er der niederländischen Zeitung „Voetbal International“ verriet, zugetraut, das Ruder noch einmal herumzureißen: „Es ist schade, denn ich hatte sicher noch die Vorstellung, die Spieler zu erreichen.“

Kein Votum der Schalker Profis gegen Huub Stevens 

Doch Schalke fehlte nach dem Spiel gegen Freiburg, als der Mannschaft selbst eine Führung durch Jefferson Farfan keine Sicherheit gab, der Glaube daran, es unter Stevens noch einmal schaffen zu können. Der Einbruch in der zweiten Halbzeit wurde vielmehr als erneuter Beleg dafür gewertet, dass Stevens der Mannschaft nicht mehr die nötige Hilfestellung würde geben können. Vor allem im taktischen Bereich.

Ein Votum der Mannschaft gegen Stevens habe es aber nicht gegeben, betonte Heldt. Mit den Spielern habe er sich schon in den Wochen zuvor hinreichend ausgetauscht, sagte er: „Aber sie treffen nicht die Entscheidung.“

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Mit Stevens zugleich beurlaubt wurde überraschend dessen Co-Trainer Markus Gisdol – ausgerechnet der Mann, dem eigentlich die größten Chancen als Interimstrainer eingeräumt wurden. Doch der 43-Jährige stand mit seinen eigenen Ambitionen auf einen Chef-Posten dem Plan von Heldt im Weg: Denn der Manager hatte von vornherein den bisherigen B-Jugend-Trainer Jens Keller als Stevens-Nachfolger auf dem Zettel. „Wir wollten eine klare Hierarchie haben“, sagte Heldt, „und das wäre mit Jens Keller und Markus Gisdol in einem Team nicht möglich gewesen.“

Für Schalke-Manager Heldt ist Keller keine Interimslösung

Der ehemalige Bundesliga-Profi Jens Keller ist allein eine Idee von Heldt: Beide kennen sich aus gemeinsamen Zeiten beim VfB Stuttgart. „Ich halte Jens für einen hervorragenden Trainer, der auch seine eigenen Erfahrungen als Profi gemacht hat“, betonte Heldt: „Und warum dann in die Ferne schauen, wenn wir selbst schon gute Leute vor Ort haben.“ Indes war der Name Jens Keller bis dahin nicht allen wirklich geläufig – selbst Vereinschef Clemens Tönnies nannte Keller am Sonntag in einem Fernseh-Interview einmal versehentlich „Sven Keller“. Das erinnerte ein wenig daran, wie Schalkes Ex-Manager Rudi Assauer 2004 den damals neu verpflichteten Chef-Trainer Ralf Rangnick ständig mit dem falschen Vornamen angesprochen und ihn „Rolf“ genannt hatte.

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Wie lange Keller nun der Chef auf Schalke ist, wird allein vom Erfolg abhängen. Für Heldt ist der 42-Jährige ausdrücklich kein Interimstrainer: „Jens wird bis zum Ende der Saison die Verantwortung tragen“, betonte Schalkes Manager und schloss auch ein noch längeres Engagement nicht aus: Dies müsse man dann „mal schauen“.

Mit der Beförderung von Keller hat Heldt auf jeden Fall erst einmal Zeit gewonnen: Zeit, um vielleicht auch Überzeugungsarbeit bei einem Trainer wie dem Mainzer Thomas Tuchel zu leisten. Oder um zu beobachten, wie wacker sich Mike Büskens in Fürth schlägt.