Gelsenkirchen. U21-Kapitän Lewis Holtby rettet dem FC Schalke 04 in letzter Sekunde den 2:1-Sieg über Werder Bremen und bittet danach um Zeit für seine persönliche Zukunfts-Entscheidung. Die Entscheidung über eine Vertragsverlängerung könnte sich bis zum Winter hinziehen.
Wie nah im Fußball doch alles beieinander liegt: Zwei Minuten waren in der Arena noch zu spielen, bei einigen Schalkern war schon längst die Zeit des Reserve-Kanisters angebrochen, was manche nicht zu verbergen mochten. Selbst Jermaine Jones lag mit Krämpfen auf dem Rasen.
Und dann hätte Lewis Holtby alles klar machen müssen, zwei Minuten vor Schluss. Roman Neustädter hatte herrlich in die Mitte gepasst. Und was macht der kleine quirlige Schalker? Tritt im Anflug einer Konzentrationsschwäche einfach über den Ball. Das hätte es sein können, das befreiende 3:1. Warum wechselt ihn Huub Stevens nicht aus, fragten sich viele auf den Rängen, die sahen, dass auch der U21-Kapitän am Ende seiner Kräfte war. Nun, weil noch die 90. Minute zu überstehen war: Mit der Hacke bringt Bremens Theodor Gebre Selassie die Kugel an Torhüter Lars Unnerstall vorbei, doch Holtby köpft den Ball auf der Torlinie aus dem Kasten. Sekunden später pfeift Schiedsrichter Florian Meyer diese Partie mit den zwei völlig unterschiedlichen Halbzeiten ab und tütet den Schalker 2:1-Sieg damit ein.
Und alle herzen Lewis Holtby. Schön, dass er bis zum Abpfiff auf dem Platz stand. So ist Fußball. „Bitte sei nicht drin, hab ich gehofft. Danach habe ich nur zum Schiedsrichter geschaut, der hat dann abgepfiffen. Gott sei Dank“, schildert Holtby die letzten Spielsekunden. Nun wechselt Schalkes Mittelfeld-Dauerläufer wieder das blau-weiße gegen das schwarz-weiße Trikot, im Dress der U-21-Nationalmannschaft.
Die Vertragsverlängerung ist noch immer eine Hängepartie
Es ist auch ein bisschen Ablenkung von seiner persönlichen Entscheidung, wie es im Vereinsleben weitergeht. Denn seine Vertragsverlängerung auf Schalke ist noch immer eine Hängepartie. „Es sind Möglichkeiten da, die mein Berater zur Zeit abarbeitet. Der kümmert sich um die ganzen Klauseln. Aber am Ende wird es eine Entscheidung des Herzens, und da warte ich auf meine innere Stimme“, gibt der 22-Jährige einen gewohnt offenen Einblick in seine Gefühlswelt. Und, das möchte er noch betonen: „Ich spiele nicht mit dem Verein.“
Es sei halt schwierig, wenn man in dem Alter einige Optionen habe, da bittet er einfach auch die Fans um ihre Geduld: „Ich kann alle nur um die Zeit bitten für einen jungen Spieler, diese schwere Entscheidung treffen zu müssen“, hofft er. Gut möglich, dass er erst in der Winterpause die Zeit fände, um zu einem klaren Bekenntnis zu kommen.
Julian Draxler sorgte für frischen Wind
Zum Glück ist Schalke nicht vom jugendlichen Elan eines Lewis Holtby abhängig, schließlich gibt es ja noch einen Julian Draxler. Er kam nach dem Wechsel für den indiskutablen Ibrahim Afellay ins Spiel, und es war so, als hätte einer das Fenster in der Arena aufgemacht und ein wenig Frischluft hereingelassen. Trocken und flach, aber mit aller Entschlossenheit verwandelte er nach 69 Minuten zum 2:1-Siegtreffer. Nach einer kleinen Jubelrunde an der Eckfahne ging es schnurstracks zur Schalker Trainerbank. Aber nicht zum Bazillen-Mutterschiff Huub Stevens, sondern zu Co-Trainer Markus Gisdol, dem er in die Arme sprang.
Aufklärung: „Er hat mir vor dem Spiel und in der Pause sehr viel Mut gemacht und gesagt, dass ich nach meiner Verletzung wieder zeigen soll, was ich drauf habe.“ Gesagt, getan. Fast hätte er noch das 3:1 folgen lassen, aber sieben Minuten vor Schluss klärte Mielitz aus ähnlicher Position per Fußabwehr. „Da war ich etwas unpräzise, aber morgen fragt keiner mehr danach“, meinte Draxler unbekümmert.. Und: „Wir haben eine Mannschaft, die nie aufgibt.“ Schon gar nicht, wenn man einen Julian Draxler noch einwechseln kann.