Gelsenkirchen. . Schalke 04 ist stolz auf sich: Weil es gelungen ist, den 2:1-Sieg gegen Werder Bremen durch Kampf zu erzwingen. Und einer freut sich ganz besonders: Roman Neustädter, der an diesem Montag erstmals zum Kreis der Nationalmannschaft gehört.

Am Sonntag hatte Roman Neustädter frei. Diesen Ruhetag brauchte Schalkes Mittelfeldspieler dringend. Wegen der Schwerarbeit, die er beim mühevoll erkämpften 2:1-Sieg gegen Werder Bremen zu verrichten hatte, aber auch wegen der medialen Nachspielzeit, die für ihn bis Mitternacht dauerte, weil er auch noch im ZDF-Sportstudio zu Gast war. „Ich bin froh, dass diese 90 Minuten um sind“, sagte der nicht zufällig ins Scheinwerferlicht geratene 24-Jährige: Auch gegen Bremen rechtfertigte er mit einer Klasseleistung, die er mit dem Ausgleichstor zum 1:1 krönte, seine erstmalige Nominierung zur Nationalmannschaft für das Länderspiel am Mittwoch gegen die Niederlande in Amsterdam.

Gewöhnlich ist Roman Neustädter ein Mensch, der sich nicht einmal vom Anblick Außerirdischer aus der Ruhe bringen lassen würde, in diesen Tagen aber wirkt er emotional aufgewühlt wie nie. Nach seinem Tor schnappte er sich die Eckfahne, riss sie aus der Halterung und trompetete ausgelassen durch das Kunststoffrohr. Später verriet er, er habe „ein bisschen unter Schock gestanden und geschwitzt“, als er von der Berufung in die DFB-Auswahl erfahren habe. Horst Heldt hatte ihn noch vor Bundestrainer Joachim Löw informiert, Schalkes Manager hatte Roman Neustädter aber nicht sofort erreicht. „Ich sah seine Nummer auf dem Display und dachte: Was hast du bloß angestellt?“, erzählte Neustädter lachend.

Bremen war lange die stärkere Mannschaft

Er wirkte sehr erleichtert nach diesem Sieg des Tabellenzweiten gegen die tapferen Bremer, die durch Aaron Hunt in der 16. Minute verdient in Führung gegangen waren und bis zum Ausgleich durch Roman Neustädters Kopfball in der 59. Minute die stärkere Mannschaft waren: Sie hatten auch noch Pech bei zwei Lattentreffern von Sokratis und Kevin de Bruyne. Aber die oft wegen einer falschen Grundhaltung gerügten Schalker scheinen etwas Bedeutendes gelernt zu haben: Wenn es spielerisch nicht läuft, können die Königsblauen auch auf Kampf umschalten.

Ihr Jüngster, der zur Pause für den enttäuschenden Ibrahim Afellay eingewechselte Julian Draxler, sorgte in der 69. Minute entschlossen für den Siegtreffer. „Wir sind eine Mannschaft, die nie aufgibt“, betonte der nach seinem verheilten Unterarmbruch wieder erfrischend aufspielende 19-Jährige und atmete durch: „In der letzten Minute hätten wir ja doch noch den Ausgleich kassieren können.“

Großes Glück in der Nachspielzeit

Diese vierte Minute der Nachspielzeit hatte es in sich: Den Eckball von Aaron Hunt verlängerte Theodor Gebre Selassie mit der Hacke in Richtung langes Eck, doch Lewis Holtby köpfte die Kugel von der Linie. „Ich habe nur gehofft: Bitte sei nicht drin!“, erzählte der Retter, den der prompte Abpfiff von Schiedsrichter Florian Meyer erlöste.

Diesen Sieg hatte die Mannschaft ihrer Moral zu verdanken. Die Offensivmaschine lief längst nicht so geschmiert wie üblich. Klaas-Jan Huntelaar scheiterte mit einem Hackentrick nach 35 Sekunden an Werder-Torwart Sebastian Mielitz – danach fand der Torjäger nicht mehr ins Spiel. Huub Stevens ersetzte seinen niederländischen Landsmann in der 63. Minute durch Ciprian Marica.

Huub Stevens lobt

Der Trainer fand es „nicht selbstverständlich“, dass sein Team nach vielen anstrengenden Spielen ohne Erholungszeit gegen gut organisierte Bremer das Spiel drehen konnte. Er sprach ein „großes Lob“ aus und bekräftigte: „Der ganze Kader hat einen guten Charakter.“

In der allgemeinen Freude hing plötzlich das Bild schief, das Benedikt Höwedes malte: „Wir sind heute über ganz viele tote Punkte gegangen“, meinte der Kapitän. Aber wir haben verstanden: Schalke lebt.