Essen. . Die Schalke-Fans sind über die Kartenpolitik des Vereins verärgert. Teilweise sind die Tickets rund 50 Prozent teurer als 2006. Finanzvorstand Peter Peters findet das fair. Auch eine Dortmunder Initiative kämpft seit 2010 gegen die hohen Eintrittspreise in Deutschlands Stadien.

Pfiffe auf Schalke. Im Bundesliga-Spiel gegen Mainz führen die Königsblauen mit 1:0. Doch Verunsicherung ist nach der Niederlage gegen Bayern zu spüren. Während Mainz besser in die Partie kommt, spielen die Schalker immer wieder Rückpässe auf Torwart Lars Unnerstall. Da platzt einigen Zuschauern der Kragen. Der dürftigen Show auf dem Rasen folgt ein Pfeifkonzert. Ähnliches Szenario beim Champions-League-Spiel gegen Montpellier. Wieder ertönen die Pfiffe.

Verantwortliche und Fans im Konflikt

Das verärgert Verantwortliche und Spieler. „Das verunsichert die Mannschaft, und davon wird das Spiel nicht besser“, sagte Klaas Jan Huntelaar. Beim Spiel gegen Wolfsburg meldeten die Fans von den Stehplätzen Kritik an. Transparente mit den Aufschriften: „Pfiffe von den teuren Plätzen: Die Quittung für eure Kartenpolitik“ oder „Wurzeln und Leitbild achten – Wir fordern faire Kartenpreise“ waren zu sehen. Damit distanzierten sich die Schalker aus der Nordkurve von den pfeifenden Zuschauern. Und gleichermaßen von der Vereinspolitik.

Die "wahren" Fans warten zu Hause auf die Sportschau, indessen einige Eventzuschauer in der Arena pfeifen, so der Vorwurf der Fans. Die Empörung resultiert aus der Entwicklung der Ticketpreise. Während der günstigste Sitzplatz in der Saison 2006/07 noch 15 Euro kostete, zahlt der Fan heutzutage 31 Euro. Die Preise der Stehplatz-Tageskarten wurden binnen sechs Jahren von neun auf 15, die der Stehplatz-Dauerkarten von 126 auf 190,50 Euro angezogen.

Zum Vergleich: In Dortmund bezahlt der Kunde 15,30 Euro für die Tageskarte und 187 Euro für eine Dauerkarte auf der Südtribüne; Bei Bayern München kostet der Stehplatz pro Spiel 15 Euro und seit 2005 für eine Saison 120 Euro.

Peters: "Günstiger bedeutet nicht unbedingt fairer"

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Die Schalker Ticketpreise zählen zu den höchsten der Liga, sind jedoch im Vergleich zu den anderen Top-Teams der Liga – abgesehen von Branchenprimus Bayern München - nur unwesentlich teurer. Die Fans verärgert wohl ohnehin viel mehr die rasante Entwicklung der Kartenpreise als der Preis an sich.

Warum werden die Karten eigentlich immer teurer? "Der Verein hat auf der Jahreshauptversammlung erläutert, dass er zwecks Rückzahlung seiner Verbindlichkeiten sowie steigender Fixkosten die Eintrittspreise erhöht hat", sagte Finanzvorstand Peter Peters im Gespräch mit DerWesten. Trotz beträchtlicher Einnahmen durch TV- und Werbegelder müssen also auch die Fans für Schuldentilgung und laufende Kosten der Arena aufkommen.

Dass die Eintrittspreise überteuert - oder gar unfair - sind, findet Peters nicht: "Wir haben bisher noch keine vernünftige und anerkannte Definition erhalten, was ein fairer Preis ist. Günstiger bedeutet nicht unbedingt fairer. Stehplätze deutlich unter 20 Euro sind aus unserer Sicht ebenso fair wie das teuerste Sitzplatzticket gegen Bayern München für 62 Euro."

„Fußball muss bezahlbar sein“ 

Nicht nur die Schalke-Anhänger protestieren gegen hohe Ticketpreise. Aufgrund der hohen Tarife rief die von BVB-Fans gegründete Initiative „Kein Zwanni" unter dem Motto „Fußball muss bezahlbar sein“ bereits im September 2010 zum Boykott des Revierderbys auf. Seinerzeit hatten die Schalker die Ticketpreise im Vergleich zum Vorjahr um bis zu 50 Prozent erhöht. Für einen Stehplatz sollten die Gäste-Fans 20 Euro, für einen Sitzplatz sogar bis zu 50 Euro zahlen - ohne Versand und Vorverkaufsgebühr.

Zuletzt verließen Dortmund-Fans beim Spiel in Hamburg zu Beginn der Partie den Gästeblock. BVB-Trainer Jürgen Klopp urteilte vor dem Spiel: „Das wäre eine Aktion mit Donnerhall. Aber es gäbe keine Gewinner.“ Während der BVB in Hamburg verlor, lachte sich der HSV doppelt ins Fäustchen. Die Hansestädter durften sich einerseits darüber freuen, dass die schwarz-gelbe Fangemeinde ihre Mannschaft nicht unterstützen konnte und andererseits über die Ticketeinnahmen. Trotzdem kann Christian Schöler, Mitgründer der Dortmunder Initiative, der Aktion viel Positives abgewinnen: „Klopp hat seine Aussage einen Tag später revidiert. Er hat großen Respekt vor unserer Aktion. Wir haben ja auch Kontakt zur Mannschaft, die unsere Initiative ebenfalls unterstützt.“ Sinn und Zweck des Boykotts wurden erfüllt: „Von unseren Fans ging kaum Stimmung aus. Mit dieser Aktion wollten wir zeigen, was die Vereine verlieren, wenn die Fans nicht ins Stadion kommen. Gerade die jungen Fans sind hauptverantwortlich für die gute Stimmung. Und genau diese Leute können sich überteuerte Tickets auf Dauer nicht leisten. Wir wollten öffentlich Präsenz zeigen. Das ist uns gelungen.“

"Fußball muss als Volkssport erhalten bleiben"

„Football is nothing without Fans.“ Fußball ohne Fans ist nichts. Ein Zitat des ehemaligen Celtic- und Schottlandcoachs Jock Stein. Im Mutterland des Fußballs geht die Fankultur - auch aufgrund der teuren Ticketpreise - immer mehr zu Grunde. „Wenn wir in Deutschland so weitermachen, habe ich Angst, dass Fußball – ähnlich wie in England - eine Touristenattraktion wird. Da müssen wir aufpassen. Wenn sich die Jugendlichen die Tickets nicht mehr leisten können, ist das ein Problem. Wir müssen darauf hinarbeiten, dass Fußball als Volkssport erhalten bleibt“, meint Schöler.

Damit das möglich ist, bekämpfen Schalker und Dortmunder Fans dasselbe Problem. Auch etliche weitere Bundesligisten unterstützen die "Kein Zwanni"-Initiative - und hoffen, dass die Vereine früher oder später - ihre „Kartenpolitik“ überdenken. Läuft das Spiel der eigenen Mannschaft allerdings nicht optimal, wie zuletzt auf Schalke, werden die Pfiffe unzufriedener Fans auch bei günstigeren Ticketpreisen nicht verstummen.