Gelsenkirchen. Nach dem 3:0-Erfolg über den VfL Wolfsburg feierten die Fans des FC Schalke 04 den umstrittenen Torwart Lars Unnerstall. Dass der aber im Derby in Dortmund in zwei Wochen auch im Tor steht, ist noch nicht sicher. Denn Timo Hildebrand ist wieder fit.
Kaum ein Verein in Deutschland steht so sehr auf pathetische Momente wie der FC Schalke 04. Und davon, oh ja, gab es beim 3:0 über den VfL Wolfsburg viele. Schalke verprügelte nicht irgendeinen Gegner, sondern den ungeliebten Ex-Trainer Felix Magath. „Nie meeeehr Felix Magath“, brüllten gefühlt 60 000 Schalker in der Arena. Noch mehr Pathos? Ibrahim Afellay, bisher Sensationszugang außer Dienst, traf sehenswert zum 2:0, bekam Ovationen bei der Auswechslung.
Und dann wäre da noch die Geschichte des Lars Unnerstall (22). Nur Sekunden nachdem Schiedsrichter Peter Sippel das ungleiche Bundesligaduell beendet hatte, stimmte die Nordkurve im Stakkato an: „Un-ner-stall! Un-ner-stall!“ Es war die Versöhnung des Publikums mit dem Torwart nach zwei schweren Wochen.
„Das war eine gute und wichtige Aktion, dass die Nordkurve verstanden hat, den Torwart zu stärken. Solche Spiele tun Lars gut“, sagte Kapitän Benedikt Höwedes. Und auch Unnerstall, der sonst so ruhige Koloss aus dem Münsterland, sagte: „Das gibt einen Schub, wenn die Fans deinen Namen rufen.“
Beschimpfungen auf Unnerstalls Facebook-Seite
Doch nicht alle Fans stehen auf der Seite des Keepers. Schon beim Schalker 3:0 über Mainz 05 gab es Pfiffe, als Unnerstall nach Meinung einiger Fans den Ball zu lange hielt. Das wiederholte sich am Mittwoch beim 2:2 in der Champions League gegen Montpellier. Nach diesem Spiel ging es auf der offiziellen Facebook-Seite des Schalker Torhüters rund.
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Von einigen Fans wurde er zwar in keinster Weise bedroht - nach dem "Fall Pezzoni" erwähnenswert - aber teilweise wüst beschimpft. So wüst, dass andere Schalker den Keeper in Schutz nehmen mussten. „Ich hab’s nicht gelesen“, sagte Unnerstall, „aber ich denke, das gibt es immer. Da muss man sich mit abfinden. Ich nehme nicht so ernst, was auf meiner Facebook-Seite steht. Ich weiß nicht, welche Leute dahinterstecken. Ist ja nicht so, dass das konstruktive Kritik wäre. Eher im Gegenteil.“
Unnerstall ließ sich nichts anmerken. Seine schönsten Paraden zeigte er, als es schon 3:0 stand. Zunächst fischte er einen Freistoß von Diego aus dem Torwinkel (83.), dann parierte er mit dem Fuß einen Schuss des freistehenden Srdjan Lakic (87.). Von DerWesten gab es trotz einiger Wackler in der ersten Hälfte die Note 2,5. „Es war ein schöneres Spiel für einen Torhüter als zum Beispiel gegen Montpellier. Da kriegt man zwei Schüsse aufs Tor und beide sind drin. Jetzt hat man zwei, drei Situationen in der ersten, zwei, drei in der zweiten. Da konnte ich mich auszeichnen. Das tut einem Keeper gut. Nach so einem Spiel sind die anderen vergessen.“
Hildebrand hält im Test bei RWO am 11. Oktober
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Doch ob Trainer Huub Stevens diese Spiele auch vergessen hat? Denn dass Unnerstall unübersehbare Defizite mit dem Ball am Fuß hat, weiß inzwischen die ganze Bundesliga. Am Samstag wäre ihm beinahe ein tückischer Rückpass von Ibrahim Afellay unter den Schuhen durchgerutscht (16.). Außerdem dürfte Stevens noch wissen, dass er vor der Saison eigentlich den erfahrenen Timo Hildebrand (32) zur Nummer 1 gemacht hatte – aus guten Gründen.
Der ehemalige Nationalkeeper hütete im Pokalspiel in Saarbrücken (5:0) und im ersten Spiel in Hannover (2:2) das königsblaue Tor, zog sich dann aber einen Bänderriss zu. Seit einer Woche trainiert Hildebrand nun wieder mit Torwarttrainer Holger Gehrke auf dem Rasen, im Testspiel beim Regionalligisten Rot-Weiß Oberhausen (Donnerstag, 11. Oktober) soll er Spielpraxis sammeln. Pünktlich zum Derby in Dortmund (Samstag, 20. Oktober, 15.30 Uhr, live im DerWesten-Ticker) ist Hildebrand wieder fit. Dass der am Samstag gefeierte Unnerstall Schalkes Derby-Keeper ist, steht keinesfalls fest. „Ich weiß nicht, was der Trainer vorhat. Ich hoffe natürlich, dass ich drinbleibe und werde alles dafür geben“, sagt Unnerstall.
Am Samstagabend genoss er aber erst einmal die Sprechchöre. Für pathetische Momente ist auch ein sonst ruhiger Münsterländer zu haben.