Gelsenkirchen. Kapitän Benedikt Höwedes ist beim FC Schalke 04 nur noch zweite Wahl. Beim 3:1 gegen Augsburg saß er 90 Minuten auf der Bank und verließ grummelnd die Arena. “Ich erwarte vom Kapitän, dass er die Situation annimmt“, sagte Schalke-Manager Horst Heldt.

Einmal durfte Benedikt Höwedes an diesem Tag doch den Kapitän des FC Schalke 04 geben. Vor dem Anpfiff, als es darum ging, das offizielle DFB-Statement gegen Rassismus und Pyrotechnik zu verlesen, nahm er das Mikrofon in die Hand, sprach laut, deutlich und schaute zwischendurch in die Kamera. Nach dem letzten Wort gab er das Mikrofon wieder ab - und fortan standen andere im Mittelpunkt. Die Binde trug Klaas-Jan Huntelaar, Höwedes setzte sich wieder auf die Bank. Er ist wirklich nur noch Ersatzspieler. Und unzufrieden dazu.

Die Diagnosen: Jochbeinbruch, Muskelfaserriss, Hüftprellung

Denn das Jahr 2012 wird in der Karriere des 24-jährigen Nationalspielers ein "Seuchenjahr" bleiben. Im ersten Pflichtspiel des Jahres gegen Stuttgart (3:1) zog er sich am 21. Januar 2012 einen Jochbeinbruch zu. Sechs Wochen später, am 4. März 2012, humpelte er beim 1:2 in Freiburg verletzt vom Feld. Diagnose: Muskelfaserriss. Bundestrainer Joachim Löw nominierte den Abwehrspieler trotzdem für die Europameisterschaft.

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Doch in Polen und der Ukraine gab's den nächsten Rückschlag: Höwedes blieb in den fünf EM-Spielen ohne Einsatz. Er bekam immerhin einen verlängerten Sommerurlaub - den nutzte derweil Trainer Huub Stevens, um Höwedes' Rolle als Kapitän zu hinterfragen. Doch das war nicht der letzte Tiefschlag: Im Pokalspiel in Saarbrücken verletzte sich Höwedes am Hüftknochen und musste zur Pause ausgewechselt werden. Seitdem hockt er nur auf der Bank. In der Innenverteidigung ist er hinter Kyriakos Papadopoulos und Joel Matip die Nummer drei - und auf der rechten Seite kommt er an Atsuto Uchida nicht vorbei.

Deshalb brodelt Höwedes. Das weiß Manager Horst Heldt: "Es ist kein Geheimnis, dass ihn das ärgert. Das würde mich auch ärgern. Aber es ist klar, dass wir mehr als gut besetzt sind. Ich erwarte vom Kapitän, dass er die Situation annimmt. Er muss versuchen, es in positive Energie umzuwandeln." Heldt will unbedingt Unruhe bei den Schalkern vermeiden - und das betont er ungewöhnlich offen: "Ich erwarte von jedem, dass er akzeptiert, dass es ein harter Kampf um die Plätze ist. Ich habe mal Jens Lehmann zu so einer Problematik gefragt, als er noch bei Arsenal London gewesen ist: ,Wie macht ihr das da mit 20 guten Spielern?' Da sagte er: ,Wenn einer was sagt, wird er rausgeschmissen.' Es ist eine andere Denke bei Topvereinen. Das muss in die Köpfe der Spieler."

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Darf bei Schalke keiner mehr etwas sagen?

"Jeder darf immer was sagen. Ich weiß aber, dass es nur einen Weg gibt: Sich selbst in den Vordergrund zu trainieren und zu akzeptieren, dass man viele gute Spieler hat." Einer dieser guten Spieler ist Christian Fuchs. Auch dem Linksverteidiger ist Höwedes' Laune nicht entgangen. "Ist doch ganz klar, dass der Bene damit nicht zufrieden ist. Welcher Spieler wäre das schon?", sagte Fuchs zu waz.de.

Am Montag geht's zur Nationalmannschaft

Der Kapitän selbst grummelt. Als erster Spieler verließ er die Kabine, eilte schnellen Schrittes durch die Mixed Zone und schüttelte im Vorbeigehen den Kopf. "Heute nicht", sagte er. Am Montag geht's zur Nationalmannschaft, Löw hat den Abwehrspieler für die EM-Qualifikationsspiele gegen die Färöer-Inseln (Freitag, 7. September) und in Österreich (Dienstag, 11. September) nominiert. Danach beginnen für die Schalker zahlreiche englische Wochen. Ist dann auch wieder Platz für Höwedes in der Startelf?

Fuchs glaubt daran. "Wenn er gefragt ist - was diese Saison oft vorkommen wird - wird er seinen Mann stehen und alles für die Mannschaft machen", sagt der Österreicher. Und auch Horst Heldt meint: "Wir haben in den nächsten Wochen sehr, sehr viele Spiele im Drei-Tages-Rhythmus, da werden wir viele frische Leute brauchen." Tröstende Worte für den schmollenden Kapitän - auch wenn der das Jahr 2012 möglichst schnell vergessen will. Egal was noch passiert.