Hannover. Die Unkenrufe waren laut auf Schalke nach dem Abgang von Raúl und auch in der Vorbereitung stockte das Offensivspiel der Königsblauen. Doch zum Saisonstart bei Hannover 96 funktionierte die Offensive - dafür mussten sich die Schalker über zwei Gegentore und damit den Punktverlust ärgern.
Mirko Slomka ist zwar schon lange kein Schalker Trainer mehr, aber seinen Blick für die Blauen hat er sich behalten. Und so saß der 44-Jährige am Sonntagabend an seinem Platz im Hannoveraner Stadion und schwärmte fast mehr von der Schalker Mannschaft als von seiner eigenen. Von der „Offensiv-Power“ der Gäste-Truppe, von ihrer „Wucht bei den Standards“ und der „feinen Technik“. Mirko Slomka war heilfroh, dass seine 96er da einen Punkt „gewonnen“ hatten.
Die Gäste dagegen waren nach diesem 2:2 zwischen Hannover und Schalke zwiespältig gestimmt. „Auf der einen Seite haben wir ein sehr gutes Spiel gemacht“, sagte Manager Horst Heldt, „aber auf der anderen Seite ärgert man sich, wenn man dann nicht gewonnen hat.“ Ein spätes Ausgleichstor des kurz zuvor eingewechselten Hannoveraners Adrian Nikci in der 80. Minute brachte Schalke um den möglichen und verdienten Sieg zum Saisonstart.
Holtbys Treffer war ein typisches Raúl-Tor
Dass die Hannoveraner und allen voran ihr Trainer Slomka so viel Gefallen am Schalker Offensivspiel hatten, lag vor allem an Lewis Holtby. Der 21-Jährige drückte dem Schalker Spiel seinen Stempel auf und überzeugte als Regisseur und als Torschütze. Nachdem Klaas-Jan Huntelaar in der 52. Minute mit einem satten Linksschuss die überraschende Hannoveraner Führung durch den brasilianischen Neuzugang Felipe (43.) ausgeglichen hatte, gelang Holtby ein kleines Kunststückchen: Der nur 1,76 Meter große Mittelfeldspieler erzielte mit einem Kopfball das Tor zum 2:1 für Schalke.
„Ein Kopfballtor habe ich bei Lewis noch nie gesehen“, lachte Huntelaar, und Manager Heldt fügte mit Hintersinn hinzu: „Da hat man gesehen, dass sich Lewis in der vergangenen Saison viel von Raúl abgeschaut hat.“ Denn, Hand aufs Herz: Holtbys Treffer war eigentlich ein typisches Raúl-Tor: In den Strafraum schleichen und zur Stelle sein, wenn keiner damit rechnet.
Huntelaar ärgert sich über zwei verlorene Punkte von Schalke
Die erste Bewährungsprobe in der neuen Rolle des großen Spaniers hatte Holtby also bestanden. Und der Blondschopf fiel beileibe nicht nur wegen seines Tores so positiv auf, er war auch sonst der Fixpunkt im Schalker Offensivspiel, das im 4-4-2-System mit Ciprian Marica als zweiter Sturmspitze anstelle des verletzten Rechtsaußen Jefferson Farfan so schwungvoll auf Touren gekommen war. „Es war vieles gut, aber noch nicht alles perfekt“, urteilte Heldt und fügte eine kleine Spitze gegen die Kritiker an, die Schalke eine schwere Zeit ohne Raúl prophezeit hatten: „Viele haben ja nach der Vorbereitung gesagt, dass wir Probleme in der Offensive bekommen werden, aber heute haben wir viele Chancen kreiert.“ Und die meisten wurden von Holtby inszeniert, der das aber nicht überbewerten wollte: „Ich möchte mich ja jetzt nicht selbst in den Himmel loben.“
Immer schön den Bodenkontakt halten – zumal es ja durchaus Ansatzpunkte zur Kritik gab. Punkt eins: Zur Pause lag Schalke nach einer groben Unachtsamkeit in der Abwehr mit 0:1 durch Felipe zurück – „dabei haben wir bis dahin ein super Spiel gemacht“ (Huub Stevens). Kritikpunkt zwei: „Nach der Führung hätten ein wir bisschen konsequenter auf das dritte Tor spielen sollen, aber da haben wir angefangen zu verwalten“ (Horst Heldt). Und so ergab sich Kritikpunkt drei, den Klaas-Jan Huntelaar formulierte: „Eigentlich müssen wir hier gewinnen – wir haben zwei Punkte verloren.“
Zenit St. Petersburg zeigt Interesse an Papadopoulos
So fuhr Schalke mit nur einem Zähler gen Heimat, und an Bord des Busses war, allen Unkenrufen zum Trotz, auch Kyriakos Papadopoulos. Denn für den griechischen Abwehrspieler hat Zenit St. Petersburg ein offizielles Angebot abgegeben, das sich angeblich im Bereich von 15 Millionen Euro bewegen soll. Schalke aber will Papadopoulos nicht verkaufen, das hat Manager Heldt im Interview mit der WAZ Mediengruppe bereits mehr als deutlich gemacht.
Es würde schon wundern, wenn sich diese Meinung noch ändern würde, obwohl es sich Schalke wohl leisten könnte: Denn in der Innenverteidigung ist Schalke glänzend besetzt – in Hannover saß sogar Kapitän Benedikt Höwedes nur auf der Bank, weil er wegen einer leichten Verletzung unter der Woche nicht komplett trainieren konnte.