Gelsenkirchen. . „Mir fehlen die Worte, um mich angemessen zu bedanken“, sagte der Weltstar Raúl nach seinem letzten Heimspiel für den FC Schalke 04. Und er versichert, dass er es vermissen wird, in der Arena zu spielen. Nach dem 4:0 gegen Hertha BSC gab es Bilder für das königsblaue Geschichtsbuch.
Es wird laut, als er aus dem Spielertunnel kommt, sehr laut. Raúl hat seine Kinder mitgebracht, vier Söhne und eine kleine Tochter, sie alle tragen das Trikot mit der passenden Nummer: Raúl und die Sieben-Zwerge. Auf dem Videowürfel unter dem Dach der Schalker Arena läuft das große Gefühlskino: Gezeigt werden viele erinnerungswürdige Szenen, die Raúl diesem Verein geschenkt hat. Christoph Metzelder wird eingeblendet, der mit dem Weltstar schon bei Real Madrid zusammenspielte und ihm dann einen Wechsel nach Schalke schmackhaft gemacht hat. „Raúl, mein Freund, du hast für die Menschen hier im Ruhrgebiet Träume verwirklicht“, sagt der Abwehr-Routinier, rund 60 000 Schalker Seelen sind gerührt. Raúl ist es ebenfalls, solch eine Zeremonie erlebt auch ein Königskind des Fußballs nur selten.
Das letzte Heimtor für Schalke
Man mag sich gar nicht vorstellen, welche dramatische Wende zur Trauerfeier diese Veranstaltung genommen hätte, wenn die Mannschaft zuvor ihre sportliche Aufgabe versemmelt hätte. Aber nach diesem 4:0 gegen die erbärmlich schwache Berliner Hertha und dem zeitgleichen 0:0 von Borussia Mönchengladbach gegen den FC Augsburg stimmt für die Blau-Weißen an diesem Tag einfach alles: Sie haben vorzeitig die Champions League erreicht, sie müssen am letzten Spieltag in Bremen nicht mehr zittern, sie können nicht mehr um den verdienten Lohn für viele bewundernswerte Leistungen in einer höchst anstrengenden Saison gebracht werden. Und dass Raúl beim 3:0 auch noch sein Abschiedstor geschossen hat, das ist die Edelkirsche auf der Sahnetorte.
Jetzt reiht er seine Kinder vor der Nordkurve auf, Familie Raúl macht mit den Fans die Welle. Ein weiteres Bild für das königsblaue Geschichtsbuch – ewig währt am längsten. Die Sechs mit der Sieben auf dem Rücken spazieren zu spanischer Musik durch das Spalier, das sämtliche Schalker Spieler gebildet haben und durch das zuvor auch schon die ebenfalls verabschiedeten Mathias Schober, Hans Sarpei und Levan Kenia gegangen sind. Auf einer großen Bühne am Mittelkreis werden sie vom Vorstand empfangen, und dann singt das ganze Stadion: „Blau und Weiß ein Leben lang.“ Kitschig, das Ganze? Der Meinung kann man sein. Aber nur, wenn man die Fußballliebe im Revier nicht verstehen will oder es im Kühlhaus gemütlicher findet.
Grundsätzlich ist Raúl gar nicht der Typ für solchen Rummel. Auch an diesem Tag tönt er nicht laut, lieber umarmt er die Fans mit seinem Lächeln. Es ist erkennbar, dass ihn jeder Moment bewegt. „Er hat es als Geschenk empfunden, hier auf Schalke spielen zu dürfen“, erklärt Christoph Metzelder, der es wissen muss.
Der eigene Weg
Auch interessant
Als die Feierstunde vorbei ist, kommt Raúl am frühen Abend als Letzter aus der Kabine. Die anderen Schalker Spieler sind längst verschwunden, sie wollen noch ein paar Bierchen trinken und gemeinsam auf den Einzug in die Champions League anstoßen. Das ist nicht sein Ding, in seiner Freizeit ist er immer lieber seinen eigenen Weg gegangen. Auch diesen Abend will er mit Familie und Freunden verbringen. Aber er verlässt das Stadion nicht durch die Hintertür, er geht noch zu den wartenden Reportern und sagt: „Mir fehlen die Worte, um mich angemessen bei den Fans zu bedanken.“ Was er künftig am meisten vermissen wird? Da muss er nicht lange überlegen: „In dieser Arena auf Schalke spielen zu können.“ In etwa zwei Wochen will der 34-Jährige verkünden, wohin es ihn nun zieht. Sollte es Katar sein, wäre niemand überrascht.
Raúl sagt, er habe in der gesamten Zeit auf Schalke kein „Aber“ finden können. Und so wird er den Fans sicher auch diesen einen kleinen Lapsus verzeihen, diesen einen Buchstaben zu viel auf dem so lieb gemeinten Plakat. „Gracias Senior Raúl“ stand darauf.