Gelsenkirchen. Schalke 04 hat mit einem 4:0-Sieg gegen Hertha BSC Berlin das Ticket für die Champions League gelöst. Die Knappen profitierten dabei vom 0:0 der Gladbacher gegen den FC Augsburg. Für die Königsblauen trafen Huntelaar, Holby und Raúl, dessen Abschied gebührend gefeiert wurde.
Es war lange Zeit kein schönes Spiel, das Schalke 04 zum Abschied von Raúl in der Arena aufzog. Aber wen störte das hinterher schon noch? Am Ende war es doch noch wunderbar, am Ende fielen die Tore, am Ende wurde ganz groß gefeiert. Mit einem 4:0 gegen Hertha BSC zogen die Königsblauen direkt in die Champions League ein. Denn der FC Augsburg holte auch in Mönchengladbach mit dem 0:0 einen Punkt. Mit vier Punkten Vorsprung sind die Schalker nun vor dem letzten Spieltag nicht mehr von Platz drei zu verdrängen. Die Berliner dürfen trotz der Packung immer noch auf den Klassenerhalt hoffen, denn Konkurrent Köln ging in Freiburg mit 1:4 ebenfalls unter.
Schalke-Keeper Unnerstall musste auf die Zähne beißen
Die wichtigste Frage vor dem Anpfiff auf Schalke war: Wer steht im Tor der Blau-Weißen? Es war, wie erhofft und auch erwartet, Lars Unnerstall, der vermutlich pausiert hätte, wenn Timo Hildebrand oder Ralf Fährmann fit gewesen wären. Doch so musste Unnerstall die Rückenbeschwerden ignorieren und sich durchbeißen. Passen mussten hingegen die verletzten Julian Draxler, Kyriakos Papadopoulos und Christoph Metzelder sowie der erkrankte Christoph Moritz. Kurz vor dem Anpfiff verlängerte auch noch Chinedu Obasi die Liste der nicht einsatzfähigen Schalker Profis: Der Nigerianer stand auf dem Aufstellungsbogen, verletzte sich beim Aufwärmen und musste von Jose Manuel Jurado vertreten werden.
Schalke begann verhalten, die erste Chance gehörte den Berlinern: Ronny wagte in der vierten Minute einen Fernschuss, den Unnerstall zur Ecke ablenkte. Das Schalker Spiel war zunächst lange Zeit von Unsicherheit und Unkonzentration geprägt. Fehlpässe von Lewis Holtby, Jose Manuel Jurado und auch Raúl luden die Berliner zum Kontern ein. Man konnte aber nicht behaupten, dass die Schalker nicht wollten: Sie jagten nach Ballverlusten hinterher, um die Kugel zurückzuerobern, der Wille war da. Aber das Spiel nach vorne hakte gewaltig, Schalke tat sich enorm schwer. Die Mannschaft wirkte verkrampft und ideenlos. Sie fand keinen Weg durch den doppelten Abwehrriegel vor dem Sechzehner der Berliner.
Huntelaar antwortet auf Pfiffe mit dem 1:0
Nach einer halben Stunde gab es erste Pfiffe, als sich Holtby bei der Annahme des Balles zu viel Zeit nahm und ihn prompt erneut verlor. Eine Minute später aber ergab sich die erste ordentliche Schalker Chance: Flanke von Atsuto Uchida, Kopfball von Klaas-Jan Huntelaar - Hertha-Torwart Thomas Kraft tauchte ab und bekam noch die Finger an den Ball. Eine weitere Minute danach war für den Berliner Schlussmann nichts mehr zu machen: Joel Matip setzte sich durch, passte klug auf Klaas-Jan Huntelaar, der im Angesicht des Torwarts gewohnt cool blieb und seinen Job als Torjäger vom Dienst perfekt erledigte: Der Niederländer schob sicher zum 1:0 ein, es war bereits sein 26. Treffer in dieser Bundesliga-Saison.
Zwei Minuten nach dem Wechsel hatte Jose Manuel Jurado die große Chance, auf 2:0 zu erhöhen. Nach einem Berliner Fehlpass jagte er von links aufs Tor zu, schob den Ball aber am zweiten Pfosten vorbei. Es war nicht klar, ob das ein verunglückter Torschuss oder eine ungenaue Vorlage für den mitgelaufenen Klaas-Jan Huntelaar sein sollte.
Schalker Spiel hakte trotz guter Möglichkeiten
Zwei Minute später aber war die Chance noch größer, diesmal geschah etwas Unerwartetes und deshalb Unfassbares: Jose Manuel Jurado kickte den Ball klasse mit der Hacke in den Lauf von Lewis Holtby, der legte den Ball perfekt in die Mitte, wo der frei stehende Klaas-Jan Huntelaar nur noch den Fuß hinhalten musste – gewöhnlich eine lockere Pflichtaufgabe für den „Hunter“, doch diesmal kullerte der Ball am Tor vorbei. Huntelaar konnte das selbst nicht glauben und schüttelte mehrmals den Kopf.
Trotz dieser prächtigen Gelegenheiten: Nach wie vor hakte es auch im zweiten Spielabschnitt im gesamten Schalker Spiel. Nach einer Stunde hätten alle Probleme gelöst sein können. Jefferson Farfan steuerte einen Freistoß auf den am langen Pfosten lauernden Klaas-Jan Huntelaar, der brachte den Ball per Kopf in die Mitte, wo ihn Raúl ebenfalls per Kopf Richtung Tor beförderte. Der Ball flog knapp vorbei. Hätte er den erwünschten Weg ins Netz gefunden – es wäre schon vorzeitig der dramaturgische Höhepunkt für das Drehbuch dieses Tages gewesen.
Holtby sorgte mit zweitem Treffer für die Erlösung
Bei all diesen vergebenen Chancen und bei aller optischer Überlegenheit blieb für die Fans das ungute Gefühl, dass ein einziger gelungener Angriff der insgesamt harmlosen Berliner reichen könnte, um den Feiertag zu verderben. Noch einmal bekam Raúl die Möglichkeit: In der 72. Minute bediente ihn Jermaine Jones mit einem wunderbaren Lupfer, doch es gelang dem Spanier nicht, Thomas Kraft im Berliner Tor zu überwinden.
Für die Erlösung sorgte dann in der 73. Minute Lewis Holtby: Er nahm den Ball mit, den Klaas-Jan Huntelaar von der Brust abtropfen ließ, zog zielstrebig aufs Tor zu und schoss entschlossen ein. Das war ganz wichtig, um in der Schlussphase nicht noch zittern zu müssen.
Raúl trifft im letzten Heimspiel für Schalke
Und dann passierte es doch noch: Eine Ecke von Lewis Holtby kam in der 84. Minute am zweiten Pfosten runter, und dort stand er: Raúl wühlte sich durch und brachte den Ball dann über die Linie. Die Krönung des Tages. Raúl sank auf die Knie und hob die Arme nach oben. Dann war er nicht mehr zu sehen. Denn über ihm lagen seine Mannschaftskameraden.
Für die Zugabe sorgte Klaas-Jan Huntelaar. In der 88. Minute schoss er das 4:0, sein zweites Tor in diesem Spiel, sein 27. in dieser Saison – und doch er wird er nicht enttäuscht darüber gewesen sein, an diesem Samstag nicht im Mittelpunkt gestanden zu haben.
Huub Stevens wusste, was bei all dem Rummel um Raúl zu tun war: Für die letzte Minute wechselte er den Torwart aus. Er gab auch noch Mathias Schober die Gelegenheit zu einem traumhaft schönen Abschied. Auch er hatte ihn verdient. Und ganz Schalke genoss den Feiertag.