Doha. Während die Schalker im Trainingslager in Katar im Turm “The Torch“ wohnen, logieren die Bayern ebenerdig. Schalke blickt auf die Bayern herab - vom Dach des Mannschaftshotels. Auf eine Kampfansage für die Bundesliga-Rückrunde ließen sich die Schalker nicht ein.
Nach dem Training bekam Schalke hohen Besuch. Freundlich begrüßte Chef-Trainer Huub Stevens den offenbar ungemein wichtigen Mann im weißen Gewand, und auch Superstar Raúl wusste, was sich für einen höflichen Gast gehört: Er stellte sich mit dem Herrn sogleich zum Foto auf. Denn Khalid Al-Hail, so hieß der Mann im weißen Gewand, sah aus wie ein wichtiger Scheich – vielleicht einer, der irgendwo am Golf die Ölquellen sprudeln lässt.
Doch von der Vorstellung, in Katar an jeder Ecke einen Scheich zu treffen, muss man sich wohl oder übel verabschieden: Scheich dürfen sich hier nämlich nur die Mitglieder der Al-Thani-Familie nennen, die das Land anführt. Viele andere sehen mit ihrem weißen Gewand („Dish Dasha“) zwar so aus, wie sich unsereins einen Scheich vorstellt – sie sind es aber nicht. Khalid Al-Hail zum Beispiel arbeitet bei einer Bank – und gehört irgendwie auch zu den wichtigen Männern des Hotels, in dem die Schalker hier residieren.
Schalke bewohnt drei Etagen im "The Torch"
Hotel? Ach was – Hotel kann man das eigentlich nicht so einfach nur nennen. Das „The Torch“ scheint so groß, als könne man von der Aussichtsterrasse ganz oben den Himmel berühren. Mit 300 Metern ist es das höchste Gebäude in Doha – und das will in diesem Land der Wolkenkratzer schon was heißen. Oben auf dem Hotel kann man eine riesige Flamme entzünden – daher auch der Name „The Torch“ (die Flamme). Insgesamt hat dieser Turm 47 Etagen – Schalke bewohnt den vierten, fünften und sechsten Stock. Nur Manager Horst Heldt logiert in einer Suite in der 16. Etage.
Die meisten Schalker haben ein so hohes Gebäude bisher noch nie gesehen – auch Christian Fuchs nicht, der mit Lewis Holtby am ersten Tag schon mal ganz nach oben gefahren ist: „Diese Aussicht“, schwärmt Fuchs, „ist der Wahnsinn. Man kann auf ganz Doha sehen.“ Und, wenn man denn will, auch auf die Spieler des FC Bayern, die nur vielleicht 300 Meter entfernt wohnen. Allerdings ganz ebenerdig. Auch nicht schlecht, das „Grand Heritage“ der Bayern, aber eben ein vergleichsweise flacher Bau.
Tja, man könnte ins Träumen geraten in diesem Land, in dem es scheinbar nur aufwärts geht: Schalke blickt von oben auf die Bayern herab – aber ganz so ist es dann doch nicht. Die Reporter, die mit dem Rekordmeister aus München in Doha sind und am ersten Schalker Tag bei den Königsblauen vorbei schauten, mussten weitgehend unverrichteter Dinge wieder abziehen. Auch auf die von den Bayern-Berichterstattern erhoffte Kampfansage für die Bundesliga-Rückrunde ließ sich Horst Heldt nicht ein: „Wer da mit wem um die Meisterschaft spielt, interessiert uns nicht. Wir schauen auf uns und wollen unseren Platz festigen.“ Die Bayern sollen ihr Ding machen – Schalke behält die Bodenhaftung.
Neues Ziel wird verklausuliert ausgedrückt
In Doha geht es darum, die Voraussetzungen zu schaffen, damit die zweite Serie ähnlich erfolgreich verläuft wie die erste. Christian Fuchs verdeutlicht: „So eine Hinrunde hilft am Ende nichts, wenn man in der Rückrunde nicht die gleiche Leistung bringt. Es wäre schade, wenn man sich darauf ausruht.“ Denn den tollen dritten Tabellenplatz möchten sie natürlich jetzt schon verteidigen und damit wieder in die Champions League einziehen. Das ist das neue Ziel für die Rückrunde, auch wenn das eher verklausuliert ausgedrückt wird. „Unser kleines Polster nach hinten wollen wir behalten“, sagt der Manager.
Und was den Hotel-Nachbarn aus München betrifft, da wird man ohnehin sehen, ob der sich in der Rückrunde den Meistertitel abholt. „Einen Haken dranmachen würde ich noch nicht“, sagt Benedikt Höwedes. Und Christian Fuchs grinst: „Wer will die Bayern nicht ärgern? Es ist noch viel möglich in dieser Saison, aber ein gewisses Wort wollen wir nicht in den Mund nehmen.“
Hoch hinaus geht’s für Schalke ja auch so. Zumindest hier in Katar.