Berlin. „Wir sind einen Spieltag vor Ende der Hinrunde auf einem sehr, sehr guten Weg“, sagte Horst Heldt nach dem 2:1-Sieg bei Hertha BSC Berlin.. Der Manager des FC Schalke 04 verriet das Erfolgsrezept von Trainer Huub Stevens: „Er gibt jedem Spieler das Gefühl, wichtig zu sein. Aber er gibt den Takt vor.“

Es ist die gute alte Rudi-Assauer-Rechnung: im Schnitt zwei Punkte pro Spiel, und die Champions League ist erreicht. Nach dem 2:1-Sieg bei Hertha BSC Berlin ist Trainer Huub Stevens schon ganz nah dran: Seit seiner Rückkehr zum FC Schalke 04 hat er aus neun Partien 19 Zähler geholt, so dass jetzt nach 16 Spielen 31 Punkte stehen. Der 58-Jährige steuert mit seinem Team also Kurs, aber es ist auch am späten Freitagabend nicht so, dass er forsch auftritt. „Wir wissen, dass wir da am Ende oben nicht mitmischen werden. Dafür fehlt uns die Stabilität“, sagt er seinen doch etwas überraschten Zuhörern.

Okay: Vielleicht mag es (noch) nicht reichen, um Deutscher Meister zu werden. Erstmals wieder nach 54 Jahren. Aber die direkte Champions-League-Qualifikation darf und kann es doch werden. Oder? „Die Tabelle lügt nicht“, sagt dann auch Huub Stevens. „Aber das ist nur eine Momentaufnahme. Ich finde das nicht wichtig.“ Obwohl der Trainer des Verlierers, der davon spricht, dass ihm seine Jungs nach diesem 1:2 leid täten, die Königsblauen lobt wie ein Top-Team der Bundesliga. „Das ist die Qualität der Schalker Mannschaft“, sagt Markus Babbel, „dass sie nicht viele Chancen braucht, um zwei Tore zu erzielen.“

Apropos: Zu diesen beiden Treffern hatte auch Huub Stevens etwas zu sagen. Das 1:0 durch Klaas-Jan Huntelaars 14. Treffer im 15. Bundesliga-Saisonspiel „war eine glückliche Führung“ und das 2:1 „ist aus dem Nichts gefallen“. Und, man höre genau hin: „Wir können zufrieden sein: Mund abputzen und drei Punkte mitnehmen.“

Pukki traf mit Schuss der Extra-Klasse

Es waren aber auch zwei Tore des Systems, der offensiveren Variante mit eben diesen beiden Stürmern, die auch trafen – der Niederländer Klaas-Jan Huntelaar ganz cool und der Finne Teemu Pukki mit einem Schuss der Extra-Klasse, mit einem Traumtor. „Das macht uns unberechenbarer“, sagt Horst Heldt, nachdem er den zehnten Saisonsieg zum 42. Geburtstag geschenkt bekommen hat.

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Spricht denn der Manager von der Meisterschaft oder zumindest konkret von der Champions League? Erst einmal schmunzelt er. „Wir können das schon richtig einordnen“, erzählt er dann. „Das haben wir doch heute wieder gesehen, dass es, wenn wir nicht alles geben, schwierig ist, was mitzunehmen. Wir kommen auch an unsere Grenzen, das haben wir vor zwei Wochen erlebt.“ Bei der 0:2-Pleite im Revierderby bei Borussia Dortmund.

Es ist aber nicht so, dass Horst Heldt den zweiten Platz wie am Freitagabend nicht ein bisschen genießt, an seinem Geburtstag eben. „Es ist doch klar“, sagt er sogar, „dass wir uns da wohl fühlen. Wir sind einen Spieltag vor Ende der Hinrunde auf einem sehr, sehr guten Weg. Aber wir dürfen nicht vergessen, wo wir herkommen.“ Woher denn? „Wir waren in der vergangenen Saison 14.“ Was viele schon vergessen haben.

Perfektes Hinrunden-Ende in Bremen möglich

Die aktuelle (kleine) Schalker Erfolgsgeschichte, die am kommenden Samstag gegen den SV Werder Bremen (18.30 Uhr/live im DerWesten-Ticker) in der Veltins-Arena ein nahezu perfektes Hinrunden-Ende finden könnte, ist ganz eng mit Huub Stevens verbunden. Mit einem Trainer also, dem viele nach dessen Rückkehr sehr skeptisch begegnet waren, so dass sich Manager Horst Heldt sogar vorwerfen lassen musste, sich für eine Notlösung entschieden zu haben. Weil zum Beispiel Thorsten Fink, einer der so genannten jungen und dynamischen Trainer, der inzwischen beim Hamburger SV gelandet ist, nicht zu haben war.

Eine Frage gibt es übrigens noch auf der Pressekonferenz, ein Berliner Journalist will unbedingt wissen, wie das denn nun damit sei, „Herr Stevens, dass die Null stehen muss“. Ojemine! Im Saal in den Tiefen des Olympia-Stadions sitzen auf einmal ganz viele Kichererbsen. Huub Stevens sieht sie alle und bricht selbst fast in ein schallendes Gelächter aus. Die Antwort ist auch völlig uninteressant, viel wichtiger ist dieser Unterschied zur ersten Zeit des Trainers bei den Schalkern. „Er ist gelassener geworden“, sagt Horst Heldt und erzählt, dass die Qualität und die Klasse Huub Stevens' eh unbestritten seien. „Er gibt jedem Spieler das Gefühl, wichtig zu sein. Aber er gibt den Takt vor“, beschreibt der Manager ein Erfolgsrezept des Trainers – und lässt eine Liebeserklärung folgen: „Ich bin froh, dass er da ist.“

Genau an dies, nämlich den unerwarteten Trainer-Wechsel wegen des Burn-out-Syndroms Ralf Rangnicks, mit dem der Vertrag auch inzwischen aufgelöst worden ist, und kurz darauf den Torwart-Wechsel nach der schweren Knie-Verletzung Ralf Fährmanns, erinnert Horst Heldt auch. „Das waren ja Begleiterscheinungen, die alles andere als positiv waren“, sagt er. „Da gab es Phasen, in denen es nicht einfach war. Aber das hat die Mannschaft gut hinbekommen. Das finde ich bemerkenswert.“ Wohl auch deshalb, weil es nicht schlechter geworden ist.

Der 21-jährige Lars Unnerstall spielt zwischen den Schalker Pfosten so konstant und ruhig, dass der eine oder andere wegen dessen Herkunft aus dem Münsterland schon vom Trecker im Tor spricht. Timo Hildebrand, der elf Jahre ältere siebenmalige Nationalkeeper, ist nur im Regionalliga-Team gesetzt, und Ralf Fährmann wird, wenn er zurückkehrt, kräftig ackern müssen. Und Huub Stevens? Er scheint seinen Fußballern das zu geben und zu bieten, was immens wichtig ist: Spaß an und bei der Arbeit.