Mainz. Der FC Schalke bot beim Gastspiel in Mainz zwei Halbzeiten, wie sie unterschiedlicher nicht sein können. Die Königsblauen sahen wie die sicheren Verlierer aus - und schlugen dann eindrucksvoll zurück. Ein Erlebnis, das Hoffnung für Helsinki macht.

Jefferson Farfan machte sich langsam auf den Weg zu den geknickten Mainzern, er wollte ihnen Trost spenden. Dann sah er, dass diesen Wohltäterjob bereits sein Teamkollege Lewis Holtby, der ehemalige Mainzer, intensiv übernommen hatte. Farfan brach sein Vorhaben ab, er hatte ohnehin genug getan an diesem Nachmittag der Gegensätze.

In einer ersten Halbzeit ohne den Peruaner, der wochenlang wegen einer Muskelverletzung ausgefallen war, knüpfte Schalke nahtlos an die 0:2-Blamage vom Donnerstag in der Europa-League-Qualifikation in Helsinki an, peinlicher ging es kaum noch. Doch nach dem Wechsel, mit dem famosen Farfan auf dem rechten und dem starken 17-jährigen Julian Draxler auf dem linken Flügel, präsentierte sich plötzlich ein anderes Team. Spektakulär drehte Schalke die Partie, viermal klingelte es im Kasten des FSV Mainz 05.

„In der ersten Halbzeit sah es so aus, als wären wir direkt aus dem Flieger von Helsinki gekommen“, kommentierte Trainer Ralf Rangnick, der den Spielern, die auf die besondere Wirkung seiner Halbzeitansprache verwiesen hatten, vehement widersprach: „Das hieße ja im Umkehrschluss, dass wir vorher nicht die richtigen Worte gefunden hätten. Das war aber durchaus der Fall, sie kamen nur nicht bei allen an.“

Schon nach zwölf Minuten 0:2 zurück

Schon nach zwölf Minuten lagen die schläfrigen Schalker 0:2 zurück. Christian Fuchs und Kyriakos Papadopoulos hielten beim ersten Treffer von Andreas Ivanschitz reichlich Abstand, und beim zweiten Tor durch Elkin Soto half Torwart Ralf Fährmann mit, der den Ball nach einem Fernschuss von Sami Allagui genau in den Lauf des Torschützen boxte.

Reaktionen? Keine. Von Ralf Rangnicks Idealvorstellungen war Schalkes Fußball in der ersten Hälfte so weit entfernt wie ein Kirmeskarussellpony vom Gewinn eines Springturniers. Kein Tempo, kein Pressing, keine Konter, keine Torgefahr, kein Zweikampfverhalten. Die insgesamt furchterregende Teamleistung krönte Jose Manuel Jurado, der die neue Gelegenheit zur Eigenwerbung hartnäckig ignorierte. Mit dem Abspiel wartet der teure Spanier so lange, bis das Trikot aus der Mode gekommen ist. Jurado wäre auf einem Trimmpfad sicher besser aufgehoben – oder beim Eiskunstlauf, da würden seine Kringel nämlich positiv bewertet.

Diese Mannschaft schien nicht mehr zu retten zu sein. Ralf Rangnick gab zu, dass es zur Pause „gefühlt 0:4 oder 0:5 stand“. Aber faktisch waren eben doch nur zwei Treffer aufzuholen, auch Kapitän Benedikt Höwedes erkannte darin die letzte Chance. „Wir haben uns geschworen, als Mannschaft rauszugehen und richtig zu fighten“, erzählte er. „Dann haben wir eine absolut großartige Moral gezeigt und bewiesen, dass wir’s drauf haben.“

Beim Anschlusstreffer in der 57. Minute brauchte Klaas-Jan Huntelaar nach trefflicher Vorbereitung von Lewis Holtby und Raul nur noch den Fuß hinzuhalten. Sieben Minuten später zirkelte Jefferson Farfan einen Eckball perfekt auf den Kopf von Benedikt Höwedes –2:2. Am Ende spielte Schalke dann sogar noch auf Sieg. Wieder brachte Farfan in der 82. Minute eine Ecke toll vor das Tor, Joel Matip drückte ihn per Kopf über die Linie. Der Freistoßtreffer des ehemaligen Mainzers Christian Fuchs, der von den FSV-Fans permanent ausgepfiffen und per Spruchband der Gier nach Geld und Ruhm bezichtigt wurde, war in der 90. Minute nur noch eine Zugabe.

Der Österreicher blickte bereits optimistisch voraus. „Dieser Sieg wird uns neues Selbstbewusstsein geben“, prophezeite Fuchs. „Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass sich im Rückspiel am Donnerstag gegen Helsinki das 0:2 noch drehen lässt.“