Belek. .
Christoph Metzelder hat eine turbulente Hinrunde mit Schalke 04 hinter sich. Im Interview spricht der Ex-Dortmunder über seine Zeit als Neuling in Schalke und über große Ziele.
Zwei Trainingseinheiten pro Tag, dazwischen Mittagessen und Mittagsschlaf – Christoph Metzelder ist froh darüber, beim Trainingslager des FC Schalke 04 im türkischen Belek wieder voll im Rhythmus zu sein. Der 30-jährige Innenverteidiger hat andere Zeiten erlebt, in denen er ewig lange verletzt war. Sein Wechsel zu Saisonbeginn von Real Madrid zu Schalke 04 wurde von Widerständen begleitet – kaum verwunderlich bei der langjährigen Dortmunder Vergangenheit des 47-maligen Nationalspielers.
Passt das Schalke-Trikot mittlerweile, oder zwickt es noch?
Christoph Metzelder: Ich denke schon, dass es passt. Das erste Halbjahr war sehr aufregend für mich und lief anfangs anders als gewünscht. Aber meine Karriere ist nie geradlinig verlaufen, es gab immer schwere Prüfungen.
War dies die bisher schwerste, als früherer Dortmunder in Schalke ausgepfiffen zu werden?
Metzelder: Wenn man, wie ich es erlebt habe, zwei Jahre lang ausfällt und um die Fortsetzung seiner Karriere bangt, ist das ein noch schwererer Kampf, zumal man ihn allein führt.
Die Reaktionen auf Ihren Wechsel nach Schalke und auf Ihre anfangs unbefriedigenden Leistungen arteten teilweise in Hysterie aus. Wie haben Sie das ausgehalten?
Metzelder: Hysterie ist der richtige Ausdruck. Aber im Profifußball funktionieren manche Mechanismen eben auch schnell in die andere Richtung. Ich habe eine gewisse Mitte, aber ich gebe zu, dass das keine leichten Wochen waren. Durch harte Arbeit habe ich den entscheidenden Punkt übersprungen.
Sie haben mit der Wahl dieses Klubs das Risiko gesucht.
Metzelder: Ja, ich hatte andere Optionen, aber Schalke war für mich die größtmögliche Herausforderung.
Hat sich das Verhältnis zu den Fans entspannt?
Metzelder: Für mich ist es wichtig, dass der Großteil der Fans sagt: Ob ich ihn nun mag oder nicht - er ist ein Spieler, der alles dafür gibt, dass diese Mannschaft Erfolg hat. Im täglichen Kontakt zu den Fans spüre ich auch Anerkennung.
Sie haben sehr früh in dieser Saison gefordert, die Mannschaft müsse den Abstiegskampf annehmen.
Metzelder: Ich gehe immer zuerst hart und ehrlich mit mir selbst ins Gericht. Und ich wusste, dass es in dieser Phase wichtig war, andere Tugenden an den Tag zu legen als spielerische, um aus der Abwärtsspirale herauszukommen. Defensiv starke Spieler müssen dann Zeichen setzen.
Sie haben schon viele Trainer erlebt: Wie ordnen Sie Felix Magath ein?
Metzelder: Ein Kriterium für meine Entscheidung, zum FC Schalke 04 zu gehen, war das Gespräch mit ihm. Seine Einstellung zu mir, zum Fußball, zur Trainingsarbeit – das passte. Ich hatte mir erhofft, körperlich mehr Stabilität zu bekommen, und dieser Plan ist aufgegangen. Für mich ist es wichtig, einen Trainer zu haben, der den absoluten Erfolg will. Ich habe ein WM- und ein EM-Finale verloren, ich will auch mal ein Endspiel gewinnen.
Von welchem reden wir da gerade?
Metzelder: Wir sind ja noch in zwei K.o.-Wettbewerben vertreten...
Ein Schalker Champions-League-Sieg erscheint utopisch, aber es war schon erstaunlich, wie die Mannschaft ins Achtelfinale eingezogen ist – trotz der Instabilität in der Bundesliga.
Metzelder: Ja, das war überraschend, und es hat uns Optimismus gegeben. Die Schwankungen haben uns geärgert, aber wir haben gesehen, was möglich ist.
Wohin führt die Schalker Reise in der Bundesliga-Rückrunde?
Metzelder: Wir wollen die Mannschaften, die vor uns stehen, jetzt jagen. Dem Start am Samstag gegen Hamburg kommt dabei eine besondere Bedeutung zu.
Träumen Sie davon, eines Tages auch wieder das Nationaltrikot tragen zu dürfen?
Metzelder: Als Sportler muss man sich immer Ziele setzen. Aber ich bin natürlich auch Realist. Die Nationalmannschaft hat einen großen Umbruch hinter sich, die jungen Spieler sind sehr gut ausgebildet. Das Thema ist für mich also weit weg.
Trotzdem muss die Aussage von Joachim Löw, dass er in seinem Team keine Zukunft mehr für Sie sieht, doch geschmerzt haben?
Metzelder: Ich habe seit fast zwei Jahren keinen Kontakt mehr zu ihm, und es gab Zeiten, in denen das enttäuschender war. Jetzt habe ich eine gewisse Distanz dazu. Das ändert aber nichts an meinem Ehrgeiz.
Sie haben drei Jahre für Real Madrid gespielt und Ihre sportliche Bilanz dort unbefriedigend genannt.
Metzelder: Auch das war eine Entscheidung fürs Risiko, wie ich sie schon als 19-Jähriger getroffen habe, als ich von Preußen Münster zu Borussia Dortmund ging. Es wäre bequemer gewesen, in Dortmund zu bleiben. Aber es entspricht meinem Wesen, sich täglich mit den Besten messen zu wollen. Deshalb überwiegt bei mir im Rückblick die Freude über eine enorme Erfahrung, auch wenn sich das in der Anzahl der Spiele nicht ausgedrückt hat.
Sie haben Raul von Madrid nach Schalke gelockt. Sind Sie heute stolz darauf?
Metzelder: Ich wusste, dass er für diesen Verein und die gesamte Bundesliga eine herausragende Persönlichkeit sein würde, und dass er zu Schalke passen würde. Er ist nämlich trotz seiner Erfolge immer noch hungrig.
Wird Borussia Dortmund Deutscher Meister?
Metzelder: Was da im ersten Halbjahr passiert ist, muss man voller Respekt anerkennen. Die Dortmunder stehen mit Recht da oben. Der Vorsprung ist schon sehr groß.
Würden Sie den Borussen den Titel gönnen?
Metzelder: Aus meiner Zeit sind ja nur noch Dede, Roman Weidenfeller, Sebastian Kehl und Florian Kringe da. Aber es gibt dort auch noch viele Menschen, die für den Klub und im Umfeld arbeiten, die mir ans Herz gewachsen sind. Für die und für Roman würde es mich freuen, obwohl mein persönlicher Abstand zu Borussia Dortmund natürlich größer geworden ist.