Es war eine bizarre Szenerie am Montagabend beim Abschlusstraining im Bloomfield-Stadion von Tel Aviv. Die Schalker Spieler sahen zerknittert aus, auch Felix Magath wirkte mit Sorgen beladen, als er im Mittelkreis die Übungen verfolgte. Schalke hat den Abstiegskampf der Bundesliga mit nach Tel Aviv genommen. An diesem Dienstag (20.45 Uhr MEZ) kann Schalke beim israelischen Meister Hapoel Tel Aviv mit einem Sieg den vielleicht vorentscheidenden Schritt in Richtung Achtelfinale der Champions League machen, doch das war vor dem Spiel zweitrangig. Denn auf Schalke geht seit der 0:1-Heimpleite am Samstag in der Bundesliga gegen Bayer Leverkusen die Angst um.
Auch Felix Magath hatte unmittelbar nach dem Absturz auf den 17. Tabellenplatz der Bundesliga die Prioritäten neu geordnet. Nachdem der Trainer bisher den Auftritten in der Königsklasse einen hohen Stellenwert eingeräumt hatte, sagte er nun: „Die Aufgabe am Freitag in der Bundesliga ist jetzt deutlich wichtiger als das Champions-League-Spiel.“
Am Freitagabend kommt der FC St. Pauli in die Arena. Das allein riecht schon nach Abstiegskampf. Wochenlang war man von Spiel zu Spiel davon ausgegangen, dass irgendwann schon der Knoten platzen wird und die Aufholjagd beginnt. Ein Trugschluss - jetzt verliert Schalke sogar schon den direkten Kontakt zum Mittelfeld. Nur ein Sieg in zehn Bundesliga-Spielen, aber schon sechs Niederlagen. Nur sechs von 30 möglichen Punkten auf dem Konto. Nur das Torverhältnis trennt Schalke noch von der Roten Laterne des Tabellenletzten. „Wir haben November, und langsam weiß ich auch keinen Rat mehr“, sagte Christoph Metzelder bedrückt.
Spiel gegen Bayer lief an Schalkes Raúl vorbei
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Der Abwehrspieler war vor Wochen der Erste, der angemahnt hatte, dass Schalke den Fehlstart zu Beginn der Saison nicht unterschätzen dürfte. Nun, nach diesem 0:1 gegen Leverkusen, realisierten alle: Schalke steckt im Abstiegskampf. Auch Magath, der zwar noch nicht von einem drohenden Abstieg reden wollte, konstatierte mit Blick auf die Bundesliga: „Wir hängen da unten fest, und das noch länger.“
Doch die Frage ist: Hat Schalke überhaupt eine Mannschaft, die mit dem Abstiegskampf klarkommt? Spieler wie Raúl, Huntelaar, Farfán oder Jurado haben eine solche Lage noch nie erlebt. Sie haben ihre ganze Karriere lang immer um die Tabellenspitze gespielt – niemals gegen den Abstieg gekämpft. Unten im dunklen Keller sind andere Tugenden gefragt als oben im schönen Licht der Tabellenspitze. „Wir müssen jetzt jeden Punkt mit Zähnen und Klauen irgendwie festhalten“, fordert Metzelder.
Gegen Leverkusen gewann Schalke nur 40 Prozent der Zweikämpfe am Ball – das ist desaströs. „Es gibt Mannschaften, die wissen vorher, dass sie nur mit Laufen und Rennen überleben können. Und so eine Mannschaft haben wir nicht“, sagte Metzelder. Und auch Magath rätselt, ob einige Spieler „mit dieser ungewohnten Situation“ in der Liga nicht zurechtkommen würden.
Aber auch der alte Fuchs Magath zeigte ungewohnte Schwächen, indem er Ivan Rakitic gegen Leverkusen in der zweiten Halbzeit auf die Position des linken Außenverteidigers stellte - dessen Gegenspieler Sidney Sam erzielte prompt das entscheidende Tor. In Tel Aviv wird nun wahrscheinlich der Spanier Sergio Escudero eine unverhoffte Chance als linker Verteidiger erhalten, denn Lukas Schmitz fällt verletzt aus und Hans Sarpei wurde von Magath gar nicht erst für die Reise nach Israel nominiert.
„Bisher haben wir in der Champions League überzeugt, dann aber das Selbstvertrauen in der Bundesliga nie genutzt“, sagte Magath am Montag vor dem Abschlusstraining. Ansonsten schottete er Schalke mehr als sonst üblich ab. Nach der Ankunft auf dem Ben-Gurion-Airport in Tel Aviv gab es deswegen sogar lange Gesichter: Die israelischen Fans warteten vergeblich mit ihren Kameras am Haupteingang des Flughafens auf die Schalker Spieler, die direkt vom Rollfeld abgeholt und ins Hotel gebracht wurden. Alles ganz komfortabel. Schalke benimmt sich wie ein Champions-League-Sieger – spielt in der Bundesliga aber wie ein Absteiger.
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