Gelsenkirchen. .
Die Fans des FC Schalke 04 feiern das 2:2 gegen Borussia Mönchengladbach wie einen Sieg. Tatsächlich treten beide Teams aber auf der Stelle.
Der FC Schalke 04 gilt als phänomenaler Verein. In diesen Tagen treibt das Phänomen Schalke so bunte Blüten, dass ein Mann wie Klaas-Jan Huntelaar, der die Verhältnisse gerade erst kennen lernt, zwangsläufig ins Staunen geraten muss. „Seltsam“, sagte Huntelaar nach dem 2:2 gegen Borussia Mönchengladbach. Seltsam sei doch, dass die Fans die Mannschaft wie nach einem großen Sieg umjubelt hätten. Dabei habe man doch nur Unentschieden gespielt. Aber so ist das auf Schalke: Eine Krise, die sich durch ein 2:2 nicht sonderlich entschärft hat, wird einfach weggejubelt.
Dahinter stecken offenbar größere Leidensfähigkeit und Geduld beim Publikum, als man gemeinhin glaubt. Nach wie vor ist die Mannschaft auf dem Platz weit entfernt von den hohen Ambitionen, die sich mit dem Komplett-Umbau und Namen wie Raúl, Huntelaar oder Metzelder verbinden. Nach sechs Spielen in der Liga ist das Team allenfalls dabei, Glanz und Elend in die Waage zu bringen.
Das ist immerhin ein Fortschritt gegenüber den ersten vier vermurksten Partien, die vier Niederlagen brachten. Aber auch beim 2:2 gegen Mönchengladbach zeigte sich, wie dicht Potenzial und Probleme beieinander liegen. Schalke brachte kurz vor der Pause und in der zweiten Halbzeit Aktionen aufs Feld, in denen Moral, Wille, spielerische Ansätze und als Konsequenz Torchancen zu sehen waren. Und trotzdem hatte man auch während der besseren Phasen das Gefühl, dass die Borussen mit etwas mehr Glück und etwas größerer Cleverness beim Kontern alles hätten zum Einsturz bringen können.
Ein paar Namen stehen dabei beispielhaft für Schalkes Chancen und Sorgen. Benny Höwedes: Weil er am Mittwoch in der Champions League gesperrt ist, versuchte es Schalke dieses Mal mit der Innenverteidigung Christoph Metzelder/Nicolas Plestan. Die Generalprobe endete beim Halbzeitstand von 0:2, vornehmlich, weil Höwedes als rechter Verteidiger einer der großen Schwachpunkte war und Trainer Felix Magath umstellen musste. Unter dem Strich bleibt die Erkenntnis: Hinten ist man weit davon entfernt, höchsten Ansprüchen zu genügen.
Jurado: ein exzellenter Fußballer, aber noch nicht der Mann, der ein Spiel an sich ziehen kann, ihm Rhythmus und Ideen gibt. Das wäre nicht schlimm, wenn Schalke Zeit genug hätte, sich zu finden. Aber die Zeit ist nicht da.
Raúl: Sein Treffer zum 2:2 kurz vor Schluss ließ alte Klasse erkennen, bis dahin wirkte der Mann, um den sich das Schalker Spiel drehen soll, wie ein Fremdkörper. Was nicht nur an ihm liegen muss, bislang hat die Elf nicht die Mittel gefunden, ihr Spiel auf ihn auszurichten. Felix Magath stellt Raúl nach wie vor über alles: Nicht eine Sekunde, erzählte Magath, habe er darüber nachgedacht, den Angreifer auszuwechseln. Raúl, so war es vor dem Spiel vereinbart worden, darf selber entscheiden, ob er raus möchte oder nicht.
Und schließlich Klaas-Jan Huntelaar: Der Niederländer ist ein Pfund, mit dem Schalke noch kräftig wuchern kann. Krise? Nicht bei ihm. Wenn Huntelaar im Sechzehner am Ball ist, brennt’s. Das dritte Tor im dritten Spiel – Hut ab.
In der Summe aber überwiegen die Problemzonen, deshalb musste sich Königsblau auch mit dem 2:2 gegen Gladbacher begnügen, die nach drei Niederlagen in Folge nun wahrlich nicht mit breiter Brust angereist waren. Für die Borussen war der späte Ausgleich unglücklich, nach der Pause fehlte zweimal nur ein bisschen Glück, um das Match zu entscheiden. Aber Gladbach schaffte es zumindest, sich zu stabilisieren und einen leidenschaftlichen Auftritt auf den Rasen zu bringen. „Wenn das die Lehre aus dem 0:7 in Stuttgart war, dann hat das ja sein Gutes gehabt“, sagte Trainer Michael Frontzeck.
So gesehen trennt Gladbach derzeit nicht viel von Schalke: Man hofft, dass ein kleiner Fortschritt einen großen Effekt bringt.