Hamburg. .
Die Fans formulieren bei der Schalker 1:2-Niederlage in Hamburg ihren Protest. Und in der Mannschaft hakt es an allen Ecken und Enden.
Wahrscheinlich wussten die Schalker Spieler gar nicht, was sie da angezogen hatten, welche Symbolik die T-Shirts hatten. Auf jeden Fall griffen einige Spieler beherzt zu, als die mitgereisten Fans ihnen nach dem Abpfiff weiße T-Shirts zuwarfen. Jermaine Jones, Ivan Rakitic und noch ein paar andere zogen sich eines dieser Hemdchen über, auf denen in blauer Schrift geschrieben stand: „Kleine Gruppe“. Wenn die Spieler gewusst hätten, welche Bedeutung dieser Ausdruck in diesen Tagen auf Schalke hat, dann wäre es fast ein Affront gegen Felix Magath gewesen.
Denn als „kleine Gruppe“ hatte Magath den Anteil der Fans bezeichnet, der seinem Kurs skeptisch gegenüber stehen würde: Er wollte damit zum Ausdruck bringen, dass er mit der Mehrheit der Anhänger kein Problem hat. Die Fans nahmen diesen Begriff mit Ironie auf: Sie bezeichnen sich nun selbst als „kleine Gruppe“. Und um die Größe zu veranschaulichen, trugen sie beim Spiel in Hamburg weiße T-Shirts. Sie machten den königsblauen Block so zu einer weißen Wand. Felix Magath war wenig erbaut: „Ich halte es für übertrieben, so eine Aktion zu starten.“
Auch interessant
Als einige Spieler nach dem Abpfiff mit diesen Shirts in die Interview-Zone kamen, wies Magaths Kommunikations-Chef Rolf Dittrich sie an, die Hemden auf links zu drehen, damit man die Aufschrift nicht lesen konnte: Es sollte nicht noch mehr Öl ins Feuer gegossen werden. Denn die Stimmung ist, nun ja, wohl auf der Kippe im Moment. Und das erste Saisonspiel, die 1:2-Niederlage beim Hamburger SV, trug nicht eben zur Beruhigung der Gemüter bei. Denn bei Magaths neuformierter Mannschaft hakte es noch an allen Ecken und Enden.
Eine gewisse Symbolik hatte eine Szene aus der 38. Minute, als Magaths Fixpunkt Raúl im Mittelfeld um den Ball kämpfte, dabei zu Boden ging, und der Hamburger Ze Roberto leichtfüßig davonzog. Es gibt Bilder, die hängen bleiben, und bei Raúls Debüt sagte dieses Bild des am Boden kämpfenden Superstars mehr aus als dessen Auswechslung nach 63 Minuten. Denn die erfolgte, um den Schaden nach der Gelb-Roten Karte gegen Benedikt Höwedes zu begrenzen.
Magath fand, dass Raúls Leistung eigentlich „nicht zu bewerten“ sei, und das sagte viel aus über das Schalker Spiel. Denn Magath hatte angesichts der sich bereits im Vorfeld abzeichnenden Abwehr-Probleme einen mächtigen Beton anzurühren versucht. Und weil Raúl alles andere als ein Konterspieler ist, kam er kaum zur Geltung. Dennoch erhielt der Spanier nachher jede Menge Zuspruch – sogar von Hamburgs Trainer Armin Veh. Über Raúl brauche man doch gar nicht viel zu sagen, beruhigte Veh: „Der hat über viele Jahre immer seine Klasse bewiesen und wird mit Sicherheit auch in der Bundesliga seine Tore machen.“
Aber Veh hatte auch leicht reden: Denn sein ehemaliger Real-Star Ruud van Nistelrooy entschied die Partie mit zwei Toren in der 46. und 83. Minute auf eine Art, die man sich eines Tages auch von Raúl in Schalke erhofft. Dass Schalke zwischendurch durch Jefferson Farfan (80.) sogar zum 1:1-Ausgleich gekommen war, zeigte zwar, dass Schalke in Unterzahl Moral hatte. Durfte aber nicht über den verdienten HSV-Sieg hinwegtäuschen.
Womit wir beim eigentlichen Problem des missglückten Starts sind: Der Abwehr. Die Außenverteidiger Joel Matip (rechts) und Junmin Hao (links) waren auf ungewohnten Positionen schlicht überfordert, und auch im Zentrum um Christoph Metzelder herrschte Alarm. Während Metzelder sich selbst am meisten in die Pflicht nahm („Ich bin der Älteste in dem Haufen und deswegen in der Verantwortung, den Laden zusammenzuhalten“), wollte Magath dem Neuzugang nicht alle Schuld anlasten: „Wir mussten auf den Außenpositionen experimentieren. Das hat uns in Schwierigkeiten gebracht, und darüber haben wir das Spiel verloren.“
Auf jeden Fall wird es höchste Eisenbahn, die angekündigten Verstärkungen unter Dach und Fach zu bringen. Und vielleicht wird Magath nach diesem Spiel auch überlegen, ob nicht noch Geld übrig ist, um neben zwei Offensivspielern noch einen erfahrenen Außenverteidiger zu holen.
Denn der Erfolgsdruck wird in dieser Gemengelage nicht geringer. „Man muss immer Erfolg haben – nicht nur auf Schalke“, sagte Magath zwar. Aber auf Schalke im Moment ganz besonders.