Gelsenkirchen. Ibrahima Cissé war bei Schalke 04 lange außen vor, gegen Hansa Rostock meldete er sich eindrucksvoll zurück. Bleibt er bei S04?

Fast zwei Jahre lang musste Ibrahima Cissé bis zu seinem ersten Auftritt in der Veltins-Arena warten. In der U23 des KAA Gent hatte der damalige Chefscout André Hechelmann den 1,96 Meter großen Innenverteidiger entdeckt und zum FC Schalke 04 gelockt. Wenn er auf dem Platz stand, dann bekam jeder Zuschauer das Gefühl, dass da ein Talent spielt, dass Cissé Qualitäten hat, die nur noch gehoben werden müssen. Und doch gelang das nicht. Am vorletzten Spieltag der Saison 2023/2024 half er dabei, Hansa Rostock mit 2:1 niederzuringen. „Ich bin sehr glücklich, mein Debüt in der Veltins-Arena gehabt zu haben“, sagte Cissé nach dem Spiel exklusiv gegenüber dieser Redaktion.

Schalke: Große Emotionen – aber jetzt wird es ernst für Manga | 19:04-Talk nach Rostock

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    Cissés Schalke-Geschichte ist voll von Pech und Missverständnissen. In der Bundesligasaison 2022/2023 schaffte er den Anschluss nicht, es gab Sprachprobleme, zudem von Oktober bis Dezember 2022 eine Verletzung, die ihn lange zurückwarf. Und schon im ersten Jahr hieß es immer wieder, Cissé würde die profihafte Einstellung fehlen. Zum Beispiel im Januar 2023, als Trainer Thomas Reis Cissé zur U23 schickte: „ Bei Ibrahima hatte ich zuletzt das Gefühl, dass der Fokus nicht so gegeben ist, um uns in unserer aktuellen Situation zu helfen. Ich bin der Überzeugung, dass er sich aktuell besser in der U23 beweisen kann“ Er kam in der Saison 22/23 nur in der U23 in der Regionalliga zum Einsatz - die Bilanz: 16 Spiele, 5 Tore, 1 Vorlage.

    Schalkes Kenan Karaman (r.) jubelt mit Ibrahima Cissé über sein Tor zum 1:0 gegen Hansa Rostock.
    Schalkes Kenan Karaman (r.) jubelt mit Ibrahima Cissé über sein Tor zum 1:0 gegen Hansa Rostock. © dpa | Bernd Thissen

    Nach dem Abstieg, viele hatten Cissé schon abgeschrieben, machte er im Juni 2023 beim U23-Afrika-Cup auf sich aufmerksam. Er verteidigte für Mali, sein Team wurde Dritter, nach fünf guten Leistungen wurde Cissé in die „Elf des Turniers“ gewählt. Thomas Reis verglich Cissé mit Armel Bella-Kotchap, dem er beim VfL Bochum auch immer wieder dessen Schlendrian-Einstellung vorhielt, der aber schließlich in die Premier League wechselte und Nationalspieler wurde. Reis berief den schnellen und auch in der Offensive kopfballstarken Cissé nach guter Vorbereitung in die Startformation im ersten Spiel beim Hamburger SV. Das ging schief, Cissé sah Gelb-Rot, Schalke verlor mit 3:5. Es blieb bis zum vorletzten Spieltag Cissés letzter Zweitliga-Einsatz.

    Schalke: Geraerts empfahl Cissé im Januar 2024 einen Winter-Wechsel

    Denn wieder begannen die Missverständnisse: Nach dem Trainerwechsel setzte Reis-Nachfolger Karel Geraerts im DFB-Pokalspiel beim FC St. Pauli auf Cissé. Der verteidigte zwar ordentlich, wollte aber wegen konditioneller Mängel schon früh ausgewechselt. Nach 61 Minuten ging Cissé raus - ein No-Go für Geraerts, der seinerzeit schimpfte: „Er hat so viel Potenzial und als ich kam, habe ich etwas in ihm gesehen. Im Pokal bei St. Pauli habe ich ihm dann eine Chance gegeben, aber nach einer Stunde war er komplett kaputt, physisch tot.“ Der 22-Jährige sei unter seinen Möglichkeiten geblieben sei, weil Talent alleine nicht immer ausreicht. Schnell empfahl Geraerts Cissé einen Wechsel, das Trainingslager im Januar 2024 in Portugal machte der Abwehr-Turm nicht mit. „Im Endeffekt hat es zwischen Schalke und Ibra einfach nicht gepasst“, sagte Geraerts im Januar. „Jetzt ist es wohl das Beste für Ibra, den Verein zu verlassen. Ich kann mir gut vorstellen, dass Ibra irgendwo anders den nächsten Schritt geht – und wir uns dann alle fragen, warum er sein Potenzial auf Schalke nicht abgerufen hat. Er hat wirklich Talent, aber hier einfach zu wenig daraus gemacht.“

    Ein Wechsel kam aber nicht zustande, Geraerts und der neue Sportdirektor Marc Wilmots gaben Cissé eine neue Chance. Im Training ging er häufig durch eine harte Schule, bekam auch mal Ansagen, zum Beispiel von Torwart Marius Müller. Nachdem er gegen Osnabrück in Hamburg eingewechselt worden war, folgte nun der Startelf-Einsatz. Die Zahlen: gut. Schnellster Schalker (32,93 km/h), 87 Prozent Passquote, 71 Prozent Zweikampfquote. Nach 72 Minuten war diesmal Schluss. „Er ist ein junger Spieler. Aber in dieser Liga musst du das Niveau über 90 Minuten halten. Es war eine sehr gute Leistung, aber wir brauchen das noch 30 Minuten länger“, sagte Geraerts.

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    Und wie beurteilte Cissé seine Leistung? „Es war ein gutes Spiel. Ich habe seit dem Afrika-Cup im letzten Sommer fast nicht mehr gespielt. Aber ich hatte ein gutes Gefühl auf dem Platz.“ Mit zunehmender Spieldauer sei es jedoch für ihn schwerer geworden, die Intensität und das Tempo zu halten. „Zum Schluss habe ich ein bisschen Krämpfe bekommen. Aber ich denke das ist normal, weil ich lange Zeit nicht gespielt habe“, erklärte Cissé. „Ich brauche mehr Einsatzminuten, um bereit zu sein, jedes Spiel 90 Minuten zu spielen.“

    Schalke: Cissé-Vertrag gilt bis Juni 2026

    Sein Vertrag gilt noch bis Juni 2026 - war lange eine Leihe im Sommer wahrscheinlich, könnte seine Zukunft nun wieder bei den Königsblauen liegen. „Wir werden sehen. Ich habe bereits mit dem Verein gesprochen. Ich habe ja noch zwei Jahre Vertrag hier“, sagte Cissé. Er hofft darauf, dass der Durchbruch doch noch klappt. Bleibt Geraerts Trainer und setzt auf das bevorzugte 3-5-2-System, benötigt Schalke Innenverteidiger: Tomas Kalas ist als Stütze gesetzt, Marcin Kaminski wegen fehlender Geschwindigkeit umstritten, Leo Greiml war zuletzt dauerverletzt. Timo Baumgartl kann gehen. Happy End zwischen Schalke und Cissé? Alles scheint möglich.

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