Gelsenkirchen. Der FC Schalke 04 hat an diesem Mittwoch seine Geschäftszahlen präsentiert. Die Zahlen sind erschreckend, die Lizenz sei aber nicht in Gefahr.
Es ist ein Termin, der so langweilig klingt wie ein 0:0 bei strömendem Regen – aber wenn der Fußball-Bundesligist FC Schalke 04 seine Geschäftszahlen präsentiert, so wie gestern die für das Jahr 2022, dann sind nicht nur die Details spannend, sondern auch die kunstvolle Kreativität, wie es die Königsblauen schaffen, furchtbare Zahlen mit einer sehr positiven Botschaft zu versehen. Und das, was der Klub nun verkündete, klingt so positiv wie ein 5:4 im Hochsommer. „Bereits für das Geschäftsjahr 2023 prognostizieren wir einen Gewinn, und das unabhängig von der Ligazugehörigkeit. Die finanzielle Trendwende ist klar erkennbar“, sagte Finanzvorständin Christina Rühl-Hamers. Mindestens im einstelligen, vielleicht sogar im niedrigen zweistelligen Bereich würde dieser Gewinn liegen.
Schalke: 109,8 Millionen Euro negatives Eigenkapital
Der Weg zu dieser optimistischen Prognose ist kompliziert – ein Bild, das Rühl-Hamers seit ihrem Amtsantritt im Oktober 2020 gern bemüht, immer noch passend: Einen Rucksack würde Schalke tragen und ganz viele schwere Brocken befinden sich darin. Es gibt aktuelle Zahlen, die besorgniserregend sind: Der Verlust betrug 2022 19,4 Millionen Euro. Die Gesamtverbindlichkeiten sanken zwar leicht, weil Teile eines Corona-Darlehens getilgt werden konnten – betragen aber immer noch rund 180 Millionen Euro. Und das negative Eigenkapital beträgt 109,8 Millionen Euro – und das ist für Schalke aktuell der maßgebliche Punkt in Lizenzierungsanträgen.
In Gefahr sei diese nicht, sagte Rühl-Hamers: „Wir gehen davon aus, dass wir, vorbehaltlich der Prüfung der DFL, die Lizenz für beide Ligen ohne Liquiditätsbedingungen erhalten werden.“ Spielerverkäufe wären dann nicht notwendig. Schalke erwartet lediglich eine Auflage wegen des negativen Eigenkapitals. Im Fall Klassenerhalt müsste dieses wohl um zehn Prozent gesenkt werden, bei einem Abstieg in die Zweite Liga dürfte es sich nicht erhöhen.
Nur noch 33,9 Mio Euro TV-Geld für Schalke
Doch warum sind trotz des Aufstiegs in die Bundesliga im Mai 2022 die Zahlen immer noch so schlecht? Der Vergleich zum Jahr 2021 hinkt nicht mehr, in beiden Jahren spielte Schalke ein Halbjahr in der Ersten und ein Halbjahr in der Zweiten Liga. Ein Beispiel: 2021 erhielt Schalke 61,5 Millionen Euro TV-Gelder, 2022 nur noch 33,9 Millionen Euro – in der TV-Rangliste ist Schalke durch den Abstieg von Platz 9 auf 16 abgestürzt. Im Vergleich zu 2021 fehlen auch Sondereffekte in der Bilanz – zum Beispiel die 26 Millionen Euro, die vor rund zwei Jahren der Verkauf der E-Sports-Sparte brachte.
Positiv bewertet Schalke, dass die Personalkosten von 82 Millionen Euro auf rund 69 Millionen Euro gesunken sind. Das ist in der Tat der niedrigste Wert seit über einem Jahrzehnt, aber für einen möglichen Zweitligisten immer noch viel – einberechnet in diesen Wert ist nicht nur der Profikader, sondern auch die Knappenschmiede und sämtliche Mitarbeiter der Geschäftsstelle. Schalke ist eben immer noch ein riesengroßer Verein – dass sich der Klub nicht viele Zweitligajahre in Folge erlauben darf, ist deshalb logisch.
Nur negative Zahlen hat der Geschäftsbericht aber nicht zu bieten. „Die Rückkehr in die Bundesliga ist in allen Geschäftsfeldern spürbar“, sagt Rühl-Hamers. Deutliche Mehreinnahmen erzielte Schalke durch die stufenweise Rückkehr zur Vollauslastung der Arena – zum Beispiel in den Bereichen Spielbetrieb, Veranstaltungen und Catering. Merklich gestiegen sind die Einnahmen auch im Sponsoring (plus vier Millionen Euro) und Merchandising (plus 3,6 Millionen Euro).
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Und wie sieht die nahe Zukunft aus? Für beide Szenarien – Klassenerhalt und Abstieg – sieht sich Schalke sehr gut vorbereitet. Zahlen nennt der Klub zwar nicht, aber in der Bundesliga würde sich der Etat für den Profikader (aktuell rund 37 Milllionen Euro) wohl leicht erhöhen, bei einem Abstieg hätte die sportliche Leitung ähnlich viel Geld zur Verfügung wie im Aufstiegsjahr (rund 20 Millionen Euro). Ein Verkauf der Marketing- und Cateringrechte oder gar eine Ausgliederung der Profiabteilung ist aktuell kein Thema bei den Königsblauen. Doch Rühl-Hamers sagt aber auch: „Der sportliche Erfolg ist und bleibt der zentrale Hebel für all unsere finanziellen Vorhaben.“
Schalke hat Rudy abbezahlt - Harit-Wechsel nicht ganz fix
Symbolisch für den Aufschwung stehen zwei Personalien, die bei jedem Geschäftszahlen-Termin ein Thema waren. Schalke hat die letzte Rate des 16,5-Millionen-Euro-Transfers von Sebastian Rudy an den FC Bayern München überwiesen, rund fünf Jahre nach dem Wechsel. Der endgültige Verkauf von Amine Harit zu Olympique Marseille steht ganz kurz bevor. Marseille muss mindestens Zehnter in der Ligue 1 werden. Aktuell hat die Mannschaft 21 Punkte Vorsprung. Es sieht gut aus für S04 – wenigstens in diesem Fall.