Gelsenkirchen. Die Schalke-Spieler kämpfen und punkten, die Schalke-Fans brüllen und feiern: Das 2:2 im Revierderby gegen den BVB macht Mut im Abstiegskampf.
Die Schalker Fans hatten sofort ein Gespür dafür, dass sich Unentschieden auch wie Siege anfühlen können. „Die Nummer eins, die Nummer eins…“ Es ist über die Grenzen des Ruhrgebiets hinaus bekannt, wie der Schlachtruf endet, aber zur Sicherheit noch einmal die vollständige Variante: „Die Nummer eins im Pott sind wir“, dröhnte es den königsblauen Spielern, nach dem 2:2 (0:1) im Revierderby gegen Borussia Dortmund feinsäuberlich wie mit dem Lineal gezogen vor dem eigenen Anhang versammelt, aus der Nordkurve entgegen. Für den BVB war es ein verlorener Sieg, aber das ging in diesem Moment einfach unter. In Dortmund gibt es die Gelbe Wand – in Gelsenkirchen die Blaue Wand als Pendant
2:2, jeweils ein Punkt für beide Mannschaften – aber nicht die gleiche Freude in beiden Lagern über das Unentschieden im 100. Bundesliga-Derby zwischen den Revierrivalen, dem 160. Insgesamt in der Geschichte von Schalke und Dortmund.
Für BVB Sportchef Kehl war es auf Schalke "ein verschenkter Derbysieg"
„Man kann sagen, dass wir den Derbysieg verschenkt haben“, bilanzierte BVB-Sportdirektor Sebastian Kehl konsterniert nach Spielende, nachdem der in der zweiten Halbzeit fahrlässige Jude Bellingham noch aufgebracht seine Verärgerung über die Punkteteilung mit Schlägen auf den Rasen zum Ausdruck gebracht hatte. Zweimal gingen die Borussen in Führung, zweimal glichen aufopferungsvoll kämpfende, aber in puncto Ballbesitz (37 Prozent) und gewonnene Zweikämpfe (39 Prozent) unterlegene Schalker noch aus. „Das muss man jetzt akzeptieren“, seufzte Dortmunds 1:0-Torschütze Nico Schlotterbeck.
Dessen trockener Schuss aus 25 Metern in der 38. Minute war für Schalke-Torhüter Ralf Fährmann ebenso unhaltbar wie der noch schönere Schuss in den Giebel von Raphael Guerreiro (60.). Und dennoch sagte S04-Trainer Thomas Reis hinterher sichtlich erschöpft, aber auch erleichtert: „Wir können uns bei Ralle bedanken, der uns immer wieder im Spiel gehalten hat.“ Fährmann zeigte eine Reihe von Paraden, wäre aber ein drittes Mal chancenlos gewesen, hätte Jamie Bynoe-Gittens (65.) besser gezielt.
Bülter wird für Schalke zum Derbyheld
Schalke hatte weniger gute Möglichkeiten, war aber wieder effizient vor dem Tor: Marius Bülter traf unmittelbar nach Wiederanpfiff zum 1:1 (50.) und legte dann in der 79. Minute maßgenau für Kenan Karaman auf, der zum 2:2 einköpfte und ein mittleres Beben in der Arena auslöste. Sowohl Schalkes Eder Balanta (88.) als auch Mo Dahoud (90.) hätten ihren Teams noch den Sieg bringen können. Für Schalke fühlte sich das 2:2 wenigstens so an: „Wenn man zweimal zurückliegt und so zurückkommt, dann fühlt sich das schon gut an“, sagte S04-Derbyheld Marius Bülter. „Wir haben nach den letzten Wochen auch das Selbstbewusstsein, dass wir immer zurückkommen können.“
Es bleibt dabei: Schalke und der BVB sind in der mittlerweile sieben Partien andauernden Rückrunde die einzigen noch unbesiegten Teams. „Wir sind froh, wenn du die Serie ausbauen kannst“, sagte Thomas Reis mit Blick auf vorangegangene vier Nullnummern sowie zwei Siege gegen den VfB Stuttgart (2:1) und beim VfL Bochum (2:0). „Aber wir können auch nicht zu euphorisch sein, denn wir stehen immer noch da, wo wir am Ende der Saison nicht stehen wollen.“
Schalke braucht ein Polster vor den letzten drei Spieltagen
In Zahlen: Schalke hat Platz 17 mit 20 Punkten inne. Genauso viele wie der VfB Stuttgart auf Rang 16; einen Zähler mehr als Schlusslicht TSG Hoffenheim, die am Sonntag (15.30 Uhr) beim SC Freiburg antritt; einen beziehungsweise zwei Punkte hinter dem 15. Hertha BSC und dem 14. VfL Bochum. Es bleibt nur dabei: Weil die letzten drei Spieltage Bayern München, Eintracht Frankfurt und RB Leipzig als Gegner vorsehen, müssen die Königsblauen bis dahin ein ausreichendes Punktepolster aufgebaut haben.
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Aus Dortmunder Sicht war fatal, dass sie Schalke mehrmals haben ins Spiel kommen lassen. „In der zweiten Halbzeit wurde es wild, wie es Schalke haben wollte“, klagt BVB-Coach Edin Terzic. „Dortmund war fußballerisch überlegen“, hielt Thomas Reis fest, „aber wir sind froh, dass wir weiter im Rennen sind.“ Schalke gibt nicht auf, Schalke zeigt Herz, Schalke kämpft auf dem Rasen – und das überträgt sich auf die Ränge. Man mag sich gar nicht vorstellen, dass diese Fans in der nächsten Saison unter ganz blöden Umständen ihre Mannschaft eine Liga tiefer gegen einen möglichen Aufsteiger SV Elversberg anfeuern sollen.