Gelsenkirchen. Ein Punkt der Moral für Schalke 04 im Revierderby: Der BVB führt zweimal, macht aber den Sack nicht zu. Bülter ist beim 2:2 Mann des Spiels.
Die Geschichte des Revierderbys zwischen Schalke 04 und Borussia Dortmund ist reich an Heldengeschichten, tragischen Ereignissen und manchmal sogar auch an Champagner-Momenten, wobei das edle Getränk in der Definition des Ruhrpottfußballs ja nicht wirklich seinen Platz findet. Die 100. Bundesliga-Ausgabe von Schalke gegen BVB, von Königsblau gegen Schwarz-Gelb enthielt nicht so wirklich Champagnerfußball – was am Ende aber die Spieler und Anhänger beider Mannschaften kaum gestört haben wird. 2:2 (1:0) endete das insgesamt 160. Derby seit 1925.
Nationalspieler Nico Schlotterbeck (38.) und Raphael Guerreiro (60.) trafen für den BVB, Marius Bülter dürfte aus Schalke-Sicht mit seinem Tor (51.) und der Vorlage für Kenan Karaman (79.) ein neues Kapitel der Ansammlung von Heldengeschichten hinzugefügt haben. Die Schalke-Arena-bebte also mal wieder so richtig.
Nebengeräusche beim Derby
Zumindest im Ruhrgebiet elektrisiert das Spiel noch die Mengen. Trotz der grundsätzlichen Rivalität sowie der aktuellen sportlichen Anspannung durch die Abstiegsgefahr für Schalke und das jüngst Aus des BVB in der Champions League blieb es aber weitgehend ruhig. Auf ein paar Plakaten trugen die Hausherren ihre Ablehnung des Gegners vor, in beiden Kurven wurde vor Spielbeginn ein Pyro-Feuerwerk abgefackelt. Hässlicher Vorfall allerdings deutlich vor dem Anstoß: Aus dem Dortmunder Block wurde eine Bengalische Fackel in den Innenraum geworfen – sie traf einen Fotografen, der zum Glück unverletzt blieb und nur seine dicke Jacke als Opfer dieser dummen Aktion beklagen musste.
„Ein Derby kommt immer zur richtigen Zeit“, sagte BVB-Coach Edin Terzic vor der Partie, „da freuen nicht nur wir uns drauf, sondern da freut sich die gesamte Region drauf.“ Der 40-Jährige stellte seine Mannschaft im Vergleich zum 0:2 beim FC Chelsea am Dienstag an vier Stellen um: Neben dem in London verletzten Julian Brandt (Muskelfaserriss) musste auch der erkrankte Marco Reus passen; Niklas Süle und Salih Özcan fanden sich auf der Auswechselbank wieder. Stattdessen betraten Mats Hummels, Julian Ryserson, Donyell Malen und Jamie Bynoe-Gittens den Derbyrasen. Auch Schalke-Coach Thomas Reis wechselte taktisch: Eder Balanta blieb draußen, Mehmet Can Aydin dafür rein. „Wir werden alles dafür tun, dass es ein tolles Derby wird“, versprach Reis dann noch.
Schalke und BVB zeigen eine Intensität eines typischen Revierderbys
Zunächst sah es danach aus, als sollte es der 57. BVB-Sieg werden (am Ende wurde es das 44. Unentschiede, Schalke gewann 60 Duelle). Beide Mannschaften zeichnete eine Intensität aus, wie sie für ein Revierderby erstes Gebot ist. Die Schalker, motiviert auch durch eine Serie von sechs Partien ohne Niederlage mit zuletzt zwei Siegen (2:1 gegen Stuttgart und 2:0 in Bochum) versuchten quasi durch eine Ganzfeld-Manndeckung, das Kombinationsspiel der Dortmunder zu unterbrechen. Dies gelang zumindest gut 20 Minuten lang, dann übernahm der BVB das Heft des Handelns und kam auch folgerichtig zu Chancen.
Sorgen musste sich Schalke-Torhüter Ralf Fährmann aber auch erst machen, als seine Vorderleute die bis dahin größte Chance des Spiels vergeben hatte: Schlotterbeck spielte Mats Hummels, der gegen Michael Frey vor der Pause sämtliche Zweikämpfe gewann, unglücklich an, Rodrigo Zalazar entwischte nach Hummels‘ Straucheln samt Ball und drosch selbigen aber übers Tor. Eine Parade von Georg-Kobel-Ersatz Alexander Meyer wäre schon das Mindeste gewesen, was dieser Situation hätte entspringen müssen.
Bellingham leistet sich beim BVB fatalen Ballverlust
War Fährmann zunächst noch gegen Raphael Guerreiro (18.) und Malen (30.) auf dem Posten, kam der Einschlag dann immer näher: Marius Wolf (37.) zwang den Schalke-Keeper zu Paraden mit Fuß und Bein. Nur eine Minute später dann die Dortmunder Führung: Von Guerreiro bedient, fasste sich Schlotterbeck aus 25 Metern halblinks ein Herz, sein Aufsetzer schlug unhaltbar im langen Eck des Schalke-Tores ein. Mit dem 1:0 ging es in die Kabinen.
Wer gedacht hätte, dass dies den K.o. für Schalke bedeutet hätte, der sah sich getäuscht. Bellingham leistete sich einen fatalen Ballverlust gegen Alex Kral, über Tom Krauß, Zalazar und Frey erreichte ein Querpass von rechts Marius Bülter am linken Pfosten – ungedeckt und ungestört konnte der Schalker zum Ausgleich treffen – ein Beben ging in der 50. Minute als Folge durch die Schalker Arena.
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Die Reis-Mannschaft versuchte, den Druck aufrechtzuhalten – doch der BVB hatte die passende Antwort schnell parat. Niemand störte Emre Can im Mittelfeld, der Guerreiro in der halblinken Spur bediente. Was der Portugiese dann machte, war das Eintrittsgeld dann schon wert: Sein Schuss schlug im oberen rechten Eck ein, Fährmann war beim 1:2 (60.) wieder chancenlos. Würde Schalke einen zweiten Rückstand ausgleichen können?
Kontergelegenheiten der Königsblauen versandeten zunächst auf der Strecke, der BVB hatte die Kontrolle und Chancen zu erhöhen: Bynoe-Gittens vergab das sichere dritte Dortmunder Tor (65.) – was sich rächen sollte. In der 79. Minute ließ Marius Wolf auf der linken Schalker Angriffsseite Marius Bülter zu viel Pass. Die maßgenaue Flanke köpfte Kenan Karaman zum 2:2 (79.) ein.
Mohr hatte noch den Schalker Siegtreffer auf dem Fuß
Auch Fährmann musste noch mal zittern, doch Henning Matriciani warf sich mutig in den Schuss von Dahoud zu Beginn der Verlängerung und verhinderte den dritten Rückstand.
Der eingewechselte Tobias Mohr hatte sogar noch den Siegtreffer auf dem Fuß, doch Meyer war parat. Auch gegen Eder Balanta (88.) war der BVB-Torhüter zur Stelle. 2:2 – kämpfende Schalker hatten sich den Punkt verdient.